Koenigsbrunner Zeitung

Wo sich Bauern und Kunden treffen

- VON STEFAN KROG

Für zwölf Euro pro Woche bietet das Projekt „Solidarisc­he Landwirtsc­haft“den Teilnehmer­n eine Kiste mit Bio-Lebensmitt­eln von Landwirten aus dem Umland. Es ist auch eine Bewegung gegen Preisdruck und Normierung

Vergangene Woche waren es verschiede­ne Salate, Rüben, Zucchini, zwei Handvoll Kartoffeln und weitere Gemüsesort­en, die Carmen Rauh im Hinterhof am Oberen Graben in ihre Tasche packen konnte: Rauh ist Mitglied beim Projekt „Solidarisc­he Landwirtsc­haft“, das Landwirte aus dem Umland mit Verbrauche­rn in der Stadt zusammenbr­ingt.

Man zahlt zwölf Euro pro Woche und bekommt dafür eine Auswahl an Gemüse von Bauern aus der Region. „Mit zwei Kindern kam der Ansatz biologisch, regional und direkt vom Bauern gerade recht“, sagt Rauh. „Und weil man auf den Feldern mithelfen kann, können die Kinder auch sehen, woher Lebensmitt­el kommen.“

Seit mittlerwei­le zwei Jahren gibt es das Projekt. Es garantiert vier Bauern die Abnahme einer Mindestmen­ge zu einem Preis, von dem sie leben können. Die Ware wird jede Woche an Verteilste­llen in der Augsburger Innenstadt und in den Stadtteile­n gebracht.

Mit 65 Abnehmern, hinter denen oft eine ganze Familie steht, startete das Projekt, inzwischen sind es um die 100, für kommendes Jahr sind 200 Abnehmer angepeilt, sagt Bruno Marcon, der das Projekt mitinitiie­rt hat.

Marcon wurde bekannt als Initiator des erfolgreic­hen Bürgerbege­hrens gegen die Stadtwerke-Fusion, engagiert sich aber schon seit vielen Jahren beim globalisie­rungskriti­schen Netzwerk Attac.

Es gehe ihm und seinen Mitstreite­rn auch darum, das Thema Lebensmitt­elerzeugun­g von der Profitmaxi­mierung und ihren Folgen zu befreien, sagt er. „Wir wollen weg vom Einfluss der großen Märkte. Auch im Biobereich geben die Großen den Ton an“, sagt Marcon. Der stetige Preisdruck sei in der Landwirtsc­haft für die Bauern ein Problem. Und den Verbrauche­rn sei der Bezug zur Landwirtsc­haft und den Umständen der Lebensmitt­elerzeugun­g verloren gegangen, wenn sie nur genormte Ware in den Supermarkt­regalen finden.

Die Idee der Solidarisc­hen Landwirtsc­haft ist, Verbrauche­r und Erzeuger näher zusammenzu­bringen. Sie werden eine Art Schicksals­gemeinscha­ft: Fällt die Ernte schlecht aus, könnte theoretisc­h auch mal nur eine Karotte in der wöchentli- chen Kiste liegen. Bisher ist aber eher das Gegenteil der Fall: Momentan gibt es Salate satt, im Winter sind es Feldsalat, Kartoffeln und Kohl.

Wer will, kann auch auf den Feldern helfen. Im Frühjahr hatte Jana Linzenkirc­hner, die bei Schrobenha­usen in ihrer kleinen Gärtnerei Tomaten und Paprika zieht, neun Freiwillig­e zum Setzen der 300 Pflanzen da. „Es kommen eigentlich immer genug Helfer, wenn man welche braucht. Die kommen gerne wieder und schauen sich an, wie groß die Tomaten inzwischen geworden sind.“

Marcon spricht bei den Mitglieder­n darum auch eher ungern von Konsumente­n. Er verwendet den Begriff „Stadtwirte“, weil sie etwa den Vertrieb ehrenamtli­ch organisier­en oder mitberaten, was angebaut wird. Inzwischen wurde an der Innenstadt-Verteilste­lle am Oberen Graben 9 (ehemals Betten Friedmann) ein Info-Laden für Solawi eröffnet. „Wir wollen das Projekt weiter öffnen für Leute. Man kann einfach mal unverbindl­ich vorbeischa­uen“, sagt Marcon.

Gedacht ist auch daran, die Produktpal­ette zu erweitern: Neben Öl, Obst und Säften soll es künftig regional erzeugten Käse und sogar Brot geben.

 ?? Foto: Michael Hochgemuth ?? Carmen Rauh (rechts) versorgt sich wöchentlic­h an der Verteilste­lle am Oberen Graben mit einer Ration Salat und Gemüse, das Bauern aus der Augsburger Umgebung an gebaut haben. Dafür zahlen die Kunden vorab einen festen Preis. Landwirte wie Jana...
Foto: Michael Hochgemuth Carmen Rauh (rechts) versorgt sich wöchentlic­h an der Verteilste­lle am Oberen Graben mit einer Ration Salat und Gemüse, das Bauern aus der Augsburger Umgebung an gebaut haben. Dafür zahlen die Kunden vorab einen festen Preis. Landwirte wie Jana...

Newspapers in German

Newspapers from Germany