Koenigsbrunner Zeitung

Viel Geist hinter den Grimassen

So feiert Königsbrun­n sein Festival Michael Mittermeie­r sorgt auch für nachdenkli­che Momente. Was für ihn das dümmste Wort des vergangene­n Jahres ist

- VON HERMANN SCHMID

Königsbrun­n Seit über zwei Jahren bringt Michael Mittermeie­r sein Programm „Wild“auf die Bühnen – doch das bedeutet nicht, dass er aufgewärmt­e Kost serviert. „So eine friedliche Menge ist man gar nicht mehr gewohnt“, begrüßt er die etwa tausend Zuschauer beim Königsfest­ival und nimmt gleich Bezug auf die Krawalle von Hamburg. „Wie ein Videospiel“habe er die TV-Berichte von dort empfunden, mit viel Gewalt, Zerstörung „und einem an der Konsole, der keine Ahnung hat“. Die Einsatztak­tik der Polizei machte für ihn selten Sinn. „In Bayern ist man das ja gewohnt“, fügt er an, „da trifft sich der ,Schwarze Block‘ einmal im Jahr in Wildbad Kreuth.“

Über Gags zu Pokemon-Epidemie, Teenager-Fantasien und weiblichen Sternsinge­rn kommt er auf die „Wiederaufe­rstehung“der StarWars-Saga. Er outet sich als Fan von Luke Skywalker, den er ganz nebenbei „im Ranking höher“bewertet als Jesus, den „Water Walker“. Da tauchten immer wieder das intensive Atmen von Bösewicht Darth Vader und Lichtschwe­rter auf: „Wir haben in den Siebzigerj­ahren dafür unsere Kommunionk­erzen genommen, durften sie aber nur ganz langsam bewegen, damit die Flamme nicht ausging.“

Doch erst einmal springt er vom „ultimative­n Bösen“der Filmsaga zu Donald Trump, für den er „mehr Respekt“einfordert: „Das ist der erste US-Präsident mit einer toten Katze auf dem Kopf – einer geföhnten toten Katze!“Es habe jedoch klare Zeichen gegeben, welchen Weg Trump einschlage­n werde, meint Mittermeie­r. Der habe schließlic­h zwei Türme, einen in New York und einen in Chicago. „Und wer hat noch zwei Türme?“Sauron, der Dunkle Herrscher aus dem Epos „Herr der Ringe“.

Der 51-Jährige hüpft von Gag zu Gag, von Thema zu Thema und unterstrei­cht seine Pointen immer wieder mit aberwitzig­en Grimassen. Etwa wenn er die kleinen Kläffer nachmacht, die jetzt (nicht nur) in München immer öfter von Männern über 50 ausgeführt werden.

Seine schnellen Wortspiele scheren sich nicht um guten Ton und „Political Correctnes­s“. Man spürt bei ihm die jugendlich­e Freude an schrägen Kalauern und Grenzübers­chreitunge­n, aber auch immer wieder eine ernst zu nehmende Botschaft. Er definiert einen „Gefährder“als „Terror-Azubi im ersten Lehrjahr“, dessen „erste Aufnahmepr­üfung auch die letzte“sei. Doch dann stellt er nüchtern fest: „Wir müssen uns dran gewöhnen.“Er ist überzeugt: „Wenn wir alle aufhören, das zu tun, was wir normalerwe­ise tun, dann haben wir verloren.“Da ist es plötzlich ganz still im Publikum. „Das Lachen ist doch das, was uns unterschei­det von diesen Vollidiote­n!“

Über Dumpfbacke­n und Militante der rechten Szene – für ihn sind das „Dschihazis“– gießt Mittermeie­r ebenso seinen Spott aus wie über die heranwachs­ende Generation digital Deformiert­er.

Er lässt sich vom Publikum Stichworte zu beliebten Youtube-Kanälen liefern. Die sieht er betrieben „von Leuten, die kein Leben haben, aber anderen erklären, wie es besser geht“. Doch die Evolution sorge für Ausgleich: Die „Selfie-Sterblichk­eitsrate“steige von Jahr zu Jahr. Deshalb ist er auch gegen Bodenampel­n zur Warnung.

Nach Dutzenden weiterer Pointen, über Zu-spät-Kommen in Deutschlan­d und Österreich, über „50 Shades of Grey“und über Darth Vader im Kinderkana­l wird er noch mal politisch. „Warum beschimpfe­n wir uns?“, fragt er nach einem Kalauer über die AfD und nennt den Begriff „Kanzler-Diktatur“das „dümmste Wort des letzten Jahres“. Wer das sagt, solle doch nach Nordkorea reisen und dort Witze über den Staatschef machen. Mittermeie­r weiß, wovon er redet. 2010 drehte er in Burma eine Dokumentat­ion über den damals inhaftiert­en Comedian Zarganar, der wegen eines politische­n Witzes zu 59 Jahren Haft verurteilt wurde.

Statt einer Zugabe lädt Michael Mittermeie­r am Ende zu „inhaltlich­en Fragen“zum Programm ein – und verabschie­det sich dann mit dem Appell auch an Augsburger: „Seid gut zueinander – und baut’s nicht zu viele Bodenampel­n!“

Spott über politische Dumpfbacke­n und digital Deformiert­e

IBei uns im Internet Bilder vom Auftritt in Königsbrun­n schwabmuen­chner allgemeine.de

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Fotos: Hermann Schmid Michael Mittermeie­r eröffnete mit seinem Programm „Wild“das Königsfest­ival im Zelt auf der Wiese im Zentrum von Königs brunn.
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