Koenigsbrunner Zeitung

Das Alphatier auf dem Klettertur­m

Beim Poetry Slam in Graben gibt es Tolles zu hören. Doch etwas fällt gleich doppelt negativ auf

- VON CHRISTIAN KRUPPE

Graben Die Messlatte war hoch. Nachdem der erste Gräbinger Poetry Slam im Januar dieses Jahres sich als voller Erfolg bewies, trat das Organisati­onsteam um Patrick Frank und Jonas Biedermann an, um die Premiere zu toppen. Und dies ist eindrucksv­oll gelungen. Dieses mal waren mit neun Textkünstl­ern sogar einer mehr am Start als im Januar. In drei Vorrundeng­ruppen suchten sie Finalisten, die noch einmal auf die Bühne durften.

Mit Ezgi Sengin war auch ein bekanntes Gesicht dabei, sie war beim Auftakt schon auf der Bühne. Die Grundschul­lehrerin trug erneut einen sehr kritischen, aber starken Text vor. Schrammte sie bei der Premiere knapp am Finale vorbei, war auch diesmal die Entscheidu­ng relativ knapp. In ihrer Dreiergrup­pe holte sich der Thüringer Flemming Witt mit seinem Text um seine Kindergart­enliebe den Sieg.

Ähnlich knapp war es auch in der dritten Vorrundeng­ruppe. Dort legte der Weißenburg­er Jens Hoffmann mit 45 von 50 möglichen Punkten ein sehr starkes Ergebnis vor. Hoffmanns sehr persönlich­er Text „PS – ich liebe dich“begann romantisch mit dem Kennenlern­en seiner Frau und endete dramatisch mit deren Ableben. Nicht wenige Zuhörer hatten danach feuchte Augen. Die Jenaerin Lisa präsentier­te ihre in Textform gefassten Erlebnisse als Supermarkt­kassiereri­n, mal witzig, oft bissig. Doch ihre 44 Punkte reichten nicht zum Finaleinzu­g.

Den deutlichst­en Gruppensie­g fuhr Marcel Schneur ein. Der ebenfalls aus Jena angereiste Wortakroba­t packte viel schwarzen Humor in seine Erlebnisse als chronisch Kranker im Wartezimme­r ein.

Während die ersten beiden Gruppen noch in der lauen Abendluft im Freien auf dem Kletterger­üst des Spielplatz­es ihre Texte den Zuschauern vortragen durften, musste die letzte Gruppe wie auch das Finale im Jugendhaus stattfinde­n. Wind sorgte dafür, dass die gemütliche Atmosphäre „verflog“. Das war nicht die erste negative Wetterfolg­e. Denn es waren nur knapp 30 Zuhörer anwesend, was dem tollen Abendwette­r und den vielen anderen Veranstalt­ungen in der Region geschuldet war.

Der Slam hätte in jedem Fall mehr Zuschauer verdient. In der Vorrunde waren alle Vorträge vom Feinsten, im Finale legten die drei Teilnehmer nochmals einen drauf. Jens Hoffmann brillierte und ließ seinem gefühlvoll­em Vorrundent­ext ein bittersüße Abrechnung vom Weltgesche­hen folgen und sprach vom ärgerliche­n „rumtrumpel­n“. Marcel Schneur ließ es locker flockig angehen und führte ein imaginäres Selbstgesp­räch. Den Sieg holte sich Flemming Witt mit seiner Betrachtun­g der Jugend aus dem Blickwinke­l eines Dokumentar­films. Dabei beschrieb er das Eintreffen „eines neuen Männchens am Platz. Er wirft einen Blick auf die Weibchen, was dem anwesenden Alphatier gar nicht gefällt.“Mit dieser großartige­n Darbietung ließ er die beiden anderen Finalisten hinter sich.

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Foto: Christian Kruppe In der Vorrunde konnte Sieger Flemming Witt seinen Text noch im Freien auf dem Kletterger­üst präsentier­en. Wegen des Windes musste das Finale im Jugend haus stattfinde­n.

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