„Den Bad Boy spiele ich ganz gern“
In der „Rocky Horror Show“tritt Matthias Kern in der Rolle des Eddie auf. Das Musiktheater kennt der Augsburger aber auch noch von einer anderen Seite
Dieser Auftritt ist legendär: Auf einem Motorrad dröhnt Eddie, der in Ungnade gefallene Geliebte Frank N. Furters, das „no-good-kid“, wie es in einem Songtext über ihn heißt, mitten hinein in die transsylvanische Gesellschaft und singt eine Hymne auf das Samstagnachtleben und den Rock’n’ Roll. Der britische Sänger Meat Loaf hat diese Rolle im Film „Rocky Horror Picture Show“verkörpert, und seitdem hat man ihn vor Augen, wenn man an Eddie denkt. Aber Matthias Kern bringt für die Rolle des Eddie alle wichtigen Voraussetzungen mit: Er kann singen, er kann Motorrad fahren und auch figürlich kommt er dem schwergewichtigen Meat Loaf sehr nahe. „Den Bad Boy spiele ich ganz gern“, sagt Kern außerdem und zieht die entsprechende Grimasse dazu.
Um diese Idealbesetzung für seine Inszenierung der „Rocky Horror Show“am Roten Tor zu finden, musste sich Regisseur Christian Brey allerdings nicht durch die Karteien der Künstleragenturen mit Musicaldarstellern blättern, denn Matthias Kern agiert am Roten Tor erstmals auf einer Theaterbühne. sitzt er eine Etage tiefer, im Orchestergraben des Münchner Gärtnerplatztheaters, und spielt die Pauke. Tim Allhoff, künstlerischer Leiter der „Rocky Horror Show“am Roten Tor, kennt Matthias Kern und empfahl ihn für die Rolle des Eddie. Vor zwei Jahren saß Kern mit Allhoff schon in der „Blues Brothers“-Band am Schlagzeug. Als Orchestermusiker ist Matthias Kern bei Bühnenproduktionen für gewöhnlich erst am Schluss beteiligt, also bei den Hauptproben mit Darstellern und Orchester auf der Bühne. „Es war sehr interessant, jetzt mal oben zu stehen und zu sehen, wie ein Stück entsteht“, erzählt er.
Auch in anderer Hinsicht ist das Engagement Matthias Kerns naheliegend. Der gebürtiger Würzburger ist in Gersthofen aufgewachsen, sein Vater war im Orchester des Augsburger Theaters Solohornist. Seinen Lebensmittelpunkt in Augsburg hat Kern nie aufgegeben – nicht als er zum Studium nach München an die Hochschule für Musik ging, auch nicht, als er dann vor 20 Jahren eine feste Anstellung am Gärtnerplatztheater bekam. „Nur für den Notfall habe ich ein kleines Zimmer in München“, erzählt der 46-Jährige, bevor er zum Schminken in die Maske muss. Eine große Narbe ziert in der Vorstellung seine Stirn, ein Toupet und breite 70erJahre-Koteletten machen das Rocker-Outfit mit Lederjacke, zerHauptberuflich rissener Jeans und Cowboystiefeln perfekt.
Privat bevorzugt es Matthias Kern musikalisch mit AlternativRock noch ein Stück härter als in der „Rocky Horror Show“. Seit Studienzeiten hat er Schlagzeug gespielt und gesungen in diversen Bands. Die aktuelle heißt TBA, die Abkürzung für Ten Bears After in Anspielung an die bekannte britische Rockgruppe. Kern ist also durchaus damit vertraut, nicht nur im Graben zu sitzen, sondern im Angesicht des Publikums eine Show abzuziehen, „aber vor 2000 Leuten aufzutreten wie auf der Freilichtbühne ist natürlich eine große Sache“, sagt er.
Und der Applaus ist ihm sicher, dafür sorgt schon sein spektakulärer Auftritt. Geprobt hat ihn Matthias Kern mit seinem eigenen Motorrad, für die Aufführungen musste es dann aber schon eine Harley Davidson sein. „Ich komme eher vom Enduro-Fahren“, erklärt er. Die schweren Geländemaschinen sind jedoch für den Auftritt nicht wendig genug, denn auf der Bühne dreht Eddie dann noch eine kleine Runde. Bei Regen kann das zum Balanceakt werden. Aber Matthias Kern sieht sich seinen Mitspielern gegenüber eindeutig im Vorteil: „Lieber mit der Harley eine Runde drehen als auf Stöckelschuhen die Treppe runterstolzieren“, sagt er und grinst. O Vorstellungen noch bis 29. Juli