Zweifel an Großaktionären der Deutschen Bank
Größere Teile des Instituts gehören inzwischen einem chinesischen Konzern und dem Emirat Katar. Europas Bankenaufseher wollen sich diese Investoren jetzt offenbar genauer ansehen. Das ist nicht unumstritten
Augsburg Eigentlich schien es zuletzt, dass es für die Deutsche Bank aufwärtsgehen könnte. Es war mehr Ruhe eingekehrt. Und Ruhe ist nach der großen Zahl an Skandalen rund um Zinsmanipulationen und umstrittene Hypothekengeschäfte ein gutes Zeichen. Der Aktienkurs legte zu. Im April konnte die Bank acht Milliarden Euro frisches Kapital einsammeln. Im Rahmen einer Kapitalerhöhung hatte die Bank 687,5 Millionen neue Aktien ausgegeben. „Ein arbeitsreiches Quartal liegt hinter uns, das mit der erfolgreichen Kapitalerhöhung ein gutes Ende gefunden hat“, schrieb DeutscheBank-Chef John Cryan kurz danach den Beschäftigten. „Wir konnten jegliche Zweifel an unserer Kapitalausstattung ausräumen“, sagte er. „Nun können wir uns endlich darauf konzentrieren, den Umbau unserer Bank fortzusetzen.“
Denn die Deutsche Bank steckte in einer schwierigen Situation: Im Jahr 2015 schrieb sie einen Rekordverlust, auch 2016 blieb ein Minus stehen. In Deutschland wurden 130 Zweigstellen geschlossen, zeitweise Zweifel an der Stabilität des Instituts laut. Das Vertrauen der Investoren ist da Gold wert. Doch wie vertrauenswürdig sind diese Investoren? Die europäische Bankenaufsicht überlege, zwei Großaktionäre der Deutschen Bank genau unter die Lupe zu nehmen, berichtet die Süddeutsche Zeitung.
Ein Großaktionär ist der chinesische Mischkonzern HNA, der sich an Fluglinien oder Flughäfen beteiligt. Im Frühjahr hatte HNA den Anteil an der Deutschen Bank auf 9,9 Prozent erhöht. Daneben ist die Herrscherfamilie aus dem Emirat Katar an der Bank beteiligt. Katar soll nach offiziellen Angaben über zwei Investmentgesellschaften 6,1 Prozent an dem Frankfurter Institut halten. Anscheinend gibt es nun Zweifel an den Investoren. Die Europäische Zentralbank erwägt, die Investoren aus China und Katar in einem Inhaberkontrollverfahren zu überprüfen. Dabei wird untersucht, wie verlässlich die Eigentümer sind, woher ihre Mittel stammen und welche strategischen Ziele sie verfolgen. Eine Konsequenz kann sein, dass die Ausübung der Stimmrechte eingeschränkt wird. Was genau der Anlass für eine Untersuchung wäre, ist unklar. Der chinesische Konzern HNA gilt als schwer durchschaubar, bei chinesischen Investoren ist die Rolle des Staates oft unklar. Katar steht im Verdacht, Terrororganisationen zu finanzieren.
Ein Inhaberkontrollverfahren sei im Prinzip nichts Ungewöhnliches, erklärt Professor Christoph Kaserer, Inhaber des Lehrstuhls für Finanzmanagement und Kapitalmärkte an der TU München. Es sei sogar vorgeschrieben, wenn eine mehr als zehnprozentige Beteiligung angemeldet wird. Der Fall der Deutschen Bank sei aber „ungewöhnlich“, sagt Kaserer. Denn hier wird diskutiert, das Verfahren bereits einzuleiten, obwohl HNA und Katar knapp weniger als einen zehnprozentigen Anteil halten. Falls die EZB wirklich handelt, brauche sie zudem belastbare Vorwürfe. „Sie kann nicht nur auf Basis von Vermutungen reagieren“, sagt Kaserer.
Trotz des Anteils unter zehn Prozent, gilt der Einfluss aus China und Katar auf die Deutsche Bank als beträchtlich: Beide Investoren haben einen Vertreter in den Aufsichtsrat der Bank geschickt. Und da die Präwurden senz auf den Hauptversammlungen der Bank eher gering ist, könnten beide Investoren mit ihrem Stimmengewicht erheblichen Einfluss nehmen.
Finanzfachmann Kaserer ist aber überzeugt, dass die Deutsche Bank die Investoren aus China und Katar eigentlich begrüßt. „Letztes Jahr hatten wir noch eine Diskussion, ob die Deutsche Bank in eine Schieflage gerät. Die Beteiligung der Chinesen hat zur Beruhigung beigetragen.“Tatsächlich haben viele den Einstieg der Chinesen als „Ankerinvestor“ befürwortet. Denn die Bank hat nicht viele große Aktionäre, die Sicherheit bieten. Die meisten Aktien sind in Streubesitz.
Dass Investoren aus China oder andere Ländern sich an deutschen Konzernen beteiligen, ist nicht ungewöhnlich. Die Investoren kaufen Aktien über die Börse oder beteiligen sich an einer Kapitalerhöhung. „Keinem Unternehmen kann man es verbieten, Aktien zu kaufen“, sagt Kaserer. Die Häufigkeit, mit der Investoren aus Asien derzeit nach deutschen Firmen greifen, sei aber neu. Die Bundesregierung sieht dies kritisch. Nach der Übernahme des Augsburger Roboterbauers Kuka durch den chinesischen Midea-Konzern sollen Regeln verschärft werden, um Übernahmen zu verhindern.
In dieses Bild passe nun die Debatte über die Prüfung der Deutsche-Bank-Aktionäre, sagt Kaserer. Er sieht die Abwehrmaßnahmen aber auch kritisch: „Damit sendet man das Signal an die Investoren, dass sie nicht willkommen sind“, sagt er. „Ich halte das für falsch. Der freie Kapitalverkehr fördert auch unseren Wohlstand.“