Hier entsteht ein neues Viertel
Die Stadt stellt ihre Überlegungen zu Haunstetten Südwest vor, wo einmal bis zu 12000 Menschen leben sollen. Die Entwicklung wird Jahrzehnte dauern. Bei den Nachbarn stößt nicht alles auf Beifall
Wo momentan Mais und Weizen wachsen, wird voraussichtlich in etwa acht Jahren an Augsburgs Zukunft gebaut: In Haunstetten Südwest soll auf den Ackerflächen zwischen Inninger Straße im Norden und der Königsbrunner Stadtgrenze Augsburgs modernstes und größtes Neubauviertel entstehen. Je weiter die Überlegungen fortschreiten, desto mehr Probleme werden aber deutlich. „Es gibt Chancen, aber es gibt auch Risiken, denen begegnet werden muss“, so Baureferent Gerd Merkle (CSU). Dazu zählt vor allem der Verkehr und die Frage, welche Auswirkungen es auf den bestehenden Stadtteil gibt.
Baubeginn für das Viertel entlang der geplanten Linie-3-Verlängerung nach Königsbrunn könnte frühestens 2025 sein. Es soll wie berichtet 8000 bis 12 000 Bewohner aufnehmen und wird GesamtHaunstetten mit dann bis zu knapp 40000 Bewohnern zum einwohnerstärksten Stadtteil vor Lechhausen machen. Die Einwohnerzahl von Haunstetten würde sich um mindestens ein Drittel erhöhen.
Doch das könnte auch Probleme mit sich bringen. Bei einer ersten, mit 150 Teilnehmern gut besuchten Informationsveranstaltung vergangene Woche wurde von Bürgern mehrfach die Angst vor „kasernenartiger Bebauung“mit entsprechenden sozialen Schwierigkeiten laut.
Von ungefähr kommen die Befürchtungen nicht, denn klar ist, dass die Stadt angesichts der momentanen Knappheit viele Wohnungen ermöglichen will, und das geht am effektivsten über Mehrfamilienhäuser. Merkle sagt, dass aber auch Bereiche mit Einfamilien- und Reihenhäuser denkbar seien. Man wolle eine Mischung im Viertel, denn: „Jede Form von Ghettoisierung schafft soziale Probleme.“
Allerdings deutete Merkle an, dass die Mehrfamilienhäuser höher werden können. Hochhaussiedlung soll es keine werden, aber Merkle verweist darauf, dass die bisher in Augsburg gültige und „sehr verträgliche“Obergrenze von vier Stockwerken plus Penthouse nicht in Stein gemeißelt sei. Im Stadtrat sei diese Frage ein Thema. Das kann heißen, dass es auf fünf- oder sechsstöckige Gebäude plus Penthouse hinauslaufen könnte.
Ein anderes Thema ist der Verkehr. Die Stadt hat allererste Überlegungen skizziert (siehe Grafik). Ein Thema ist ein neuer B-17-Anschluss, um die Inninger Straße nicht noch weiter zu belasten. „Das ist eine wichtige Voraussetzung“, sagt Merkle. Möglicherweise wolle man auch noch eine Verbindung zur Bobinger Umgehung bauen – das würde den Weg ebnen, um Verkehr auch aus Inningen und Göggingen zu bekommen. Nach der Bundestagswahl werde man das Verkehrsministerium kontaktieren. Mit Bestands-Haunstetten wird das Viertel über Roggen-, Bgm.-Rieger- und Brahmsstraße verbunden. „Das wird den dortigen Wohngebieten mehr Verkehr bescheren“, fürchtet die ehemalige SPD-Stadträtin Christa Stephan.
Merkle entgegnet, dass die meisten Bewohner und Mitarbeiter des Gewerbegebiets, sofern sie in 30 Jahren noch viel mit dem Auto unterwegs sein werden, eher die B17 nutzen würden. Geschäfte zur Grundversorgung werde es im Viertel selbst geben. Das wirft wiederum die Frage auf, was das alles für Haunstetten bedeutet. Der Stadtteil hat seit Jahren Probleme – die Hofackerstraße als früheres Zentrum hat enorm an Bedeutung eingebüßt, seit das Gewerbegebiet am Unteren Talweg mit seinen Parkplatz-Supermärkten Kundschaft anzieht. Diese Probleme müsse man gleich mitangehen, so Merkle. „Wir müssen AltHaunstetten stärken, und zwar parallel zur Planung von Haunstetten Südwest.“
Dauern wird das ohnehin noch alles. In eineinhalb Jahren will die Stadt die Ergebnisse eines Ideenwettbewerbs von Stadtplanern auf dem Tisch haben, dann muss man sich über die Realisierung Gedanken machen. Merkle will ein Viertel der Zukunft. „Vielleicht gibt es Häuser, die mehr Energie erzeugen, als sie verbrauchen.“Weitere Visionen: An Mobilitätsstationen werden Tram, Rad und Car-Sharing verknüpft. Regenwasser wird in Grünanlagen versickert, um die Kanalisation zu entlasten. Merkle will Kinder an der Planung beteiligen, wenn es um Straßen und Grün geht. „Das hört sich komisch an, aber es hat seinen Sinn: Was wir hier planen, ist nicht mehr für uns, sondern für unsere Kinder und unsere Enkel.“
Als Erstes stehen aber profanere Themen an: Verhandlungen mit Grundeigentümern – es geht um zehn Landwirte, diverse Erbengemeinschaften und die Kirche – sowie die Erkundung der ehemaligen Haunstetter Mülldeponie, die auf dem Areal liegt. Der Sanierungsumfang ist unklar. Frühestens ab 2025 wird gebaut, in drei Abschnitten von Norden her. Wie schnell, hängt davon ab, wie groß die Nachfrage ist und wie stark Augsburg dann noch wächst. Prognosen sagen, dass sich der Zuzug ab 2020 stark reduziert. Gemessen an kleineren Projekten wie dem Sheridan-Areal geht Merkle von einer Bauzeit von Jahrzehnten aus. „Bis Haunstetten Südwest voll ist, werden 50 bis 60 Jahre vergehen.“»Kommentar
Befürchtet wird eine „kasernenartige Bebauung“