Jeder vierte Unfallfahrer flüchtet
Seit zehn Jahren steigt der Anteil der Autofahrer, die nach einem Unfall das Weite suchen. Das Risiko, erwischt zu werden, ist dabei gar nicht so gering. Zuletzt zeigten sich Autofahrer aber wieder ehrlicher
Der letzte spektakuläre Fall ereignete sich vor kurzem in der Reinöhlstraße: Ein unbekannter Autofahrer hat einen 81-jährigen Radler in der Reinöhlstraße angefahren und schwer verletzt liegen lassen. Der Senior musste mit Verdacht auf gebrochene Rippen und Schädelverletzungen ins Krankenhaus.
Auch Unfallfluchten mit Verletzten sind keine Seltenheit. Im vergangenen Jahr fuhren Autofahrer in Augsburg 93 Mal weiter, obwohl jemand verletzt wurde (in der Regel aber eher nur leicht). Blechschäden mitgerechnet sind es pro Tag umgerechnet um die sechs bis sieben Anzeigen, die bei der Polizei eingehen. Die Dunkelziffer dürfte nicht klein sein – bei Bagatellschäden geht nicht jeder Geschädigte gleich zur Polizei.
Die Zahl der Anzeigen jedenfalls ist in den vergangenen zehn Jahren von 1600 (2006) auf zuletzt 2300 (2016) gestiegen – allerdings hört sich das dramatischer an, als es ist, weil in dieser Zeit auch die Zahl der zugelassenen Autos und damit die Zahl der Unfälle stieg. Einen leichten Aufwärtstrend beim Anteil der Verkehrsunfallfluchten gibt es dennoch – von 21 Prozent auf aktuell 23 Prozent, wobei der „Rekord“im Jahr 2015 bei 24,55 Prozent lag.
Woran die Schwankungen liegen, ist unklar. Bei der Verkehrspolizei gibt es spezielle Unfallfluchtfahnder, die sich um derartige Fälle kümmern. Am einfachsten ist es, wenn vom flüchtigen Auto das abgerissene Kennzeichen am Unfallort liegt, doch meist ist Kleinarbeit gefragt. Lacksplitter, zerbrochenes Glas oder Kunststoffteile finden sich häufig.
Mit Untersuchungen unter dem Mikroskop, über Recherchen im Internet und bei Autohäusern wird dann versucht, die Marke oder den Fahrzeugtyp zu ermitteln. Manchmal sehen sich die Fahnder auch auf öffentlichen Parkplätzen um, wenn sie versuchen müssen, ein Kunststoffteil einem bestimmten Autotyp zuzuordnen. Und haben sich Zeugen nur ein Fragment des Kennzeichens gemerkt, spuckt die Abfrage im Register etliche mögliche Fahrzeuge aus. „Die müssen dann angefahren werden, um die dazugehöri- gen Fahrzeuge auf mögliche Unfallspuren zu untersuchen“, sagt Polizeisprecherin Katharina von Rönn.
Die Chancen, dass ein flüchtiger Unfallfahrer gefasst wird, sind dabei gar nicht so schlecht. Die Aufklärungsquote liegt bei über 40 Prozent. Bei Unfallfluchten, bei denen Menschen verletzt wurden, liegt die Quote sogar bei 56 Prozent.
Meist handelt es sich aber um Blechschäden, häufig an geparkten Autos, die beim Einparken oder Vorbeifahren gestreift wurden. Was Unfallfahrer treibt, davonzufahren, liegt im Dunkeln. Bei manch einem ist es vielleicht Panik. Gegenüber der Polizei sagen Verdächtige häufig, den Zusammenstoß nicht bemerkt zu haben oder davon ausgegangen zu sein, dass kein Schaden entstand. „Kommt es zu höheren Sachschäden, so spielt auch die Angst vor dem möglichen Verlust des Führerscheins oder Geldstrafen eine Rolle“, so Polizeisprecherin von Rönn.
Bei geständigen, nicht vorbestraften Tätern läuft es häufig auf eine Geldstrafe hinaus, die oft über einen
Für unerlaubtes Entfernen vom Unfallort sieht das Gesetz eine Geld strafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren vor. Bei Blechschaden läuft es meist auf eine Geldstrafe hinaus.
Als Unfallverursacher ist man laut Gesetz verpflichtet, auf den Geschädig ten am Unfallort zu warten, und zwar eine „den Umständen angemessene Zeit“. Die Polizei hält bis zu einer Stunde für zumutbar, wenn es sich etwa um einen Parkrempler auf einem Su permarktparkplatz handelt. Bei Nacht in einem Wohngebiet sieht die Lage aber wohl anders aus. Die Rechtsspre Strafbefehl erledigt wird. Bei höheren Schadenssummen ab mehreren tausend Euro kann aber schon der Führerschein auf dem Spiel stehen – und angesichts immer aufwendiger chung zu dem Thema ist nicht ein heitlich.
Dem anderen Unfallbeteiligten le diglich einen Zettel unter den Schei benwischer zu klemmen, auf dem man seine Telefonnummer und seinen Namen notiert, genügt im Zweifelsfall nicht. Am besten ist es, als Unfallver ursacher von sich aus die Polizei zu be nachrichtigen, und zwar am besten per Handy vor Ort. Dazu reicht schon ein Telefonanruf unter 0821/323 0 oder 110.
Die 24 Stunden Regel: Immer wieder ist zu hören, dass man als gebauter Autos mit standardmäßig lackierten Stoßfängern, auf denen jeder Kratzer sichtbar ist, kann ein Unfallschaden schnell teurer werden.
Warum fahren manche einfach weiter? So wird man nicht unfallflüchtig
Unfallverursacher 24 Stunden Zeit hat, um sich bei der Polizei zu melden. Das ist nicht richtig. Wer in einer ersten Überreaktion nach einem Parkunfall davonfahrt, kann besser da vonkommen, wenn er sich innerhalb von 24 Stunden meldet („tätige Reue“). Kann einen die Polizei aufgrund von Zeugenaussagen aber schon früher er mitteln, bringt das nichts. Ohnehin darf nur geringer Schaden entstanden sein. Bei Unfällen im fließenden Ver kehr, bei denen auch Verletzte nicht auszuschließen sind, sollte man als Beteiligter sofort anhalten. (skro)