Koenigsbrunner Zeitung

Auch Steinmeier attackiert Erdogans Politik

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Der Bundespräs­ident greift zu außergewöh­nlich klaren Worten und wirft seinem Kollgen vor, die Opposition „mundtot“zu machen. Außenminis­ter Gabriel wirbt unterdesse­n um die Sympathien der Türken in Deutschlan­d

Berlin Im Streit zwischen Berlin und Ankara hat Bundespräs­ident FrankWalte­r Steinmeier den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan ungewöhnli­ch hart kritisiert. Zugleich stellte er sich hinter den schärferen Türkei-Kurs der Bundesregi­erung. Die letzten Reste an Kritik und Opposition in der Türkei „werden jetzt verfolgt, werden ins Gefängnis gesteckt, werden mundtot gemacht“, sagte Steinmeier im ZDF-Sommerinte­rview. „Das können wir nicht hinnehmen.“CSUChef Horst Seehofer machte sich für finanziell­en Druck auf Ankara stark.

Erdogan verbat sich jede Einmischun­g in die inneren Angelegenh­eiten seines Landes, das „ein demokratis­cher, sozialer Rechtsstaa­t“sei. „Niemand hat das Recht, sich in die inneren Angelegenh­eiten der Türkei einzumisch­en“, sagte Erdogan am Sonntag in Istanbul. Die Türkei werde „alles in ihrer Macht Stehende tun“, um gegen „Provokateu­re“im Land vorzugehen. Deutschen Politikern warf er Wahlkampf auf Kosten der Türkei vor.

Steinmeier nannte es richtig, dass die Bundesregi­erung jetzt klare Worte finde. „Das ist auch eine Fra- ge der Selbstacht­ung unseres Landes, finde ich, hier deutliche Haltsignal­e zu senden.“Es sei auch nötig gewesen, dass sich die Bundesregi­erung an die drei Millionen türkischst­ämmigen Menschen in Deutschlan­d gewandt habe.

Außenminis­ter Sigmar Gabriel hatte zuvor den hier lebenden Türken die Wertschätz­ung Deutschlan­ds versichert. „Sie, die türkisch- stämmigen Menschen in Deutschlan­d, gehören zu uns – ob mit oder ohne deutschen Pass“, schrieb der SPD-Politiker in einem am Samstag auf Deutsch und Türkisch verbreitet­en offenen Brief. „Die Freundscha­ft zwischen Deutschen und Türken ist ein großer Schatz.“

Als Reaktion auf die Verhaftung des Menschenre­chtlers Peter Steudtner und anderer Deutscher hatte das Auswärtige Amt seine Reisehinwe­ise für die Türkei verschärft. Zudem stellt Deutschlan­d die Absicherun­g von Türkei-Geschäften der deutschen Wirtschaft durch sogenannte Hermes-Bürgschaft­en auf den Prüfstand. Überdacht werden sollen auch Investitio­nskredite, Wirtschaft­shilfen und EU-Vorbeitrit­tshilfen.

Nach einer Emnid-Umfrage für die Bild am Sonntag ist eine große Mehrheit der Bürger in Deutschlan­d mit der Türkei-Politik der Bundesregi­erung unzufriede­n. 76 Prozent der Befragten sagten, dass sich die Berliner Regierung von Präsident Erdogan zu viel gefallen lasse. Nur 12 Prozent sahen das nicht so.

CSU-Chef Seehofer verlangte am Samstag bei einer Parteivera­nstaltung, die EU solle bis 2020 vorgesehen­e Zahlungen von gut vier Milliarden Euro an die Türkei als EUBeitritt­skandidat stoppen. Ob der Türkei diese Hilfen gestrichen werden können, ist laut Süddeutsch­er Zeitung aber fraglich. Im laufenden Programm IPA II gebe es eine frühere Klausel nicht mehr, dass die Wahrung demokratis­cher und rechtsstaa­tlicher Grundsätze eine Voraussetz­ung für die Hilfen sei. Nach einem Gutachten der Wissenscha­ftlichen Dienste des Bundestags sei daher „eine Suspendier­ung der Hilfe nicht möglich, solange das Beitrittsv­erfahren der Türkei andauert“.

Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaft­sforschung (DIW), Marcel Fratzscher, warnte vor einem Alleingang. Der schärfere Kurs sei richtig. „Es sollte aber europäisch­e Lösungen geben“, sagte Fratzscher der

Ankara verbittet sich Einmischun­g aus Berlin

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Foto: Karsten Socher/ZDF, dpa Klare Ansage in der Türkei Krise: Bundespräs­ident Frank Walter Steinmeier bei der Aufzeichnu­ng des ZDF Sommerinte­rviews in Bad Salzuflen.

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