Die Löwen setzen Ismaik den Stuhl vor die Tür
Paukenschlag bei 1860 München: Die Mitglieder beschließen, spätestens zum Jahresende den Kooperationsvertrag mit dem Investor zu kündigen. Bis dahin muss ein neuer Sponsor gefunden werden
München Nach fast zehn Stunden Jahreshauptversammlung folgte der spannendste Teil mitsamt einer dicken Überraschung: Als die meisten der 1500 Löwen-Anhänger gestern Abend um kurz vor 20 Uhr bereits nach Hause gegangen waren, stimmten die Mitglieder des TSV 1860 dafür, die Zusammenarbeit mit Investor Hasan Ismaik zu beenden. Spätestens bis Jahresende soll der Verein den Kooperationsvertrag kündigen und einen neuen Investor gefunden haben. Damit folgten die Mitglieder einem Antrag von Vereinsmitglied Ursula Hoppen. Sie hatte auf der Versammlung zunächst den Antrag gestellt, den Kooperationsvertrag mit der Firma des jordanischen Geschäftsmannes fristlos zu kündigen. Nach einer Unterredung mit der Vereinsführung strich sie das Wort „unverzüglich“aus dem Antrag und gab dem Verein noch eine sechsmonatige Frist, um einen neuen Geldgeber zu finden und den Vertrag dann zu beenden.
Das Argument von Hoppen lautete: Das Unternehmen von Ismaik, die „HAM International hat die im Lizenzierungsverfahren zugesagte Zahlung für die Lizenzbedingungen der DFL nicht geleistet. Dies stellt eine Hauptpflichtverletzung dar.“
Auf der Versammlung sagte Hoppen, das Vorgehen von Ismaik zeuge von einer „cholerischen und erpresserischen Grundhaltung“und fügte an: „So, wie es ist, kann es nicht weitergehen.“Durch die Notsituation der Löwen werden „unsere Interessen mit Füßen getreten“. Ismaik war zu der gestrigen Ver- nicht gekommen. Das Präsidium um den neu gewählten Präsidenten Robert Reisinger betonte, mit dem Investor in intensiven Gesprächen zu stehen. Reisinger warb deswegen um eine längere Frist – ansonsten sei der Verein „gezwungen zu handeln, ohne dass wir darüber nachgedacht haben, ob es wirklich sinnvoll ist“. Als möglicher Investor für die Löwen hatte sich vor einigen Wochen Gerhard Mey, Vorstandschef des Automobilzulieferers Webasto, ins Spiel gebracht. Die Sympathien waren während der Versammlung klar verteilt: Schon bei der Begrüßung hatten die Löwen-Fans Yahya Ismaik, den Brusammlung der des Investors, sowie den ExKGaA-Geschäftsführer Anthony Power mit Buhrufen bedacht. Auf der anderen Seite gab es Applaus für Geschäftsführer Markus Fauser und Trainer Daniel Bierofka.
Auch Reisinger hatte gegen Ismaik ausgeteilt: „Die gegenseitigen Schuldzuweisungen erreichten ein Niveau, das unseres Vereins unwürdig ist.“Unter den Mitgliedern drohte die Lage kurzzeitig zu eskalieren: Nachdem sich einige Fans für einen Kurs mit Ismaik ausgesprochen hatten, gab es lautstarke BuhRufe, andere Anhänger standen erbost von ihren Plätzen auf. Zwischenzeitlich verteilten sich Mitarbeiter einer Security-Firma in der Halle, um die Lage zu entschärfen. Investoren-Bruder Yahya Ismaik ließ sich zudem für den Verwaltungsrat aufstellen, schaffte den Sprung aber nicht.
Geschäftsführer Fauser betonte, wie knapp der Verein die Insolvenz abwendete. Am Ende habe Trikotsponsor Die Bayerische die letzten zwei Millionen Euro ausgeglichen. Aus der vergangenen Saison plagt den Verein „ein Minus im zweistelligen Millionenbereich“als Folge des Zweitligaabstiegs. Den größten Applaus bekam Trainer Bierofka. Werbung in eigener Sache hatten der 38-Jährige und sein Team am Freitagabend mit dem 3:1 im ersten Heimspiel gegen Burghausen gemacht – es war der zweite Sieg im zweiten Spiel und Balsam für die geschundene Löwen-Seele. Zumal der Verein kurz vor der Versammlung Abschied von Dieter Schneider nehmen musste. Der 70-Jährige war am Samstag gestorben und von Februar 2011 bis März 2013 Präsident der Löwen. Nach dem Einstieg von Ismaik hatte er den Verein verlassen.