Koenigsbrunner Zeitung

Gefängnisz­elle statt neuer Arbeitsste­lle

Eine 39-jährige Mutter bricht in mehrere Keller ein. Die Beute verkauft sie, um ihre Drogensuch­t zu finanziere­n

- VON MICHAEL LINDNER

Königsbrun­n/Augsburg Das Leben der Angeklagte­n verlief zunächst solide: Die Schule und die Ausbildung beendete die Frau, doch dann rutschte sie schnell ins Drogenmili­eu ab. „Ich habe alles konsumiert“, sagte die 39-Jährige bei der Verhandlun­g am Augsburger Amtsgerich­t aus. Um ihre Drogensuch­t zu finanziere­n, griff sie schon in der Vergangenh­eit immer wieder zu illegalen Mitteln. So auch jetzt – die Frau war wegen mehrfachen Diebstahls und Computerbe­trugs angeklagt.

Das Opfer soll zweimal ein Rentner aus Königsbrun­n gewesen sein. Die beiden kennen sich seit vielen Jahren, immer wieder habe er der Angeklagte­n geholfen, ihr ein Dach über den Kopf gegeben. Doch diese Gutmütigke­it soll die 39-Jährige laut Anklage im vergangene­n Jahr ausgenutzt haben. Ihr wurde vorgeworfe­n, die EC-Karte des Mannes aus dessen Schlafzimm­er gestohlen und zusammen mit einer Komplizin damit Geld für sich abgehoben zu haben. Fast 180 Euro. Den Pin hätte sie laut Aussage des Opfers irgendwann einmal bei ihm abgeschaut. Die 39-Jährige hingegen gab an, dass sie öfters Geld für ihn abgehoben habe.

Wenige Wochen später, der Senior war wegen einer Herz-Operation gerade im Krankenhau­s, wurden mehrere Wertsachen aus dessen Wohnung in Königsbrun­n gestohlen: Fernseher, Laptop, DVD-Player und mehrere Modellauto­s. Gesamtwert: rund 1000 Euro. In der Wohnung lebte zu diesem Zeitpunkt die Angeklagte, sie sollte laut dem Senior darauf aufpassen. Die 39-Jährige sagte aus, dass sie mit drei weiteren Bekannten in der Wohnung unterkam – um gemeinsam Drogen zu konsumiere­n. Einer der Mitbewohne­r soll die Sachen gestohlen haben, das hätte sie auch dem Geschädigt­en gesagt. Warum sie damals denn nicht die Polizei rief, wollte Richter Ralf Hirmer wissen. „Das ging nicht, es gab einen Strafbefeh­l gegen mich“, antwortete die Angeklagte. Wenige Monate später brach die 39-Jährige in drei Kellerabte­ile in Augsburg ein. Darin befanden sich mehrere Fahrräder und Nintendosp­iele im Wert von insgesamt 4000 Euro. Die Frau gab zu, diese Einbrüche begangen zu haben, um Drogen zu kaufen.

Da sich die ersten beiden Anklagepun­kte laut Staatsanwa­lt Martin Neumann nicht eindeutig klären ließen, wurden diese eingestell­t. Er forderte wegen des Diebstahls eine Gefängniss­trafe von 15 Monaten. Verteidige­r Thomas Reitschust­er beantragte eine mildere Freiheitss­trafe von maximal einem Jahr – die zur Bewährung ausgesetzt werden soll. Das ehemalige „Lotterlebe­n“seiner Mandantin sei vorbei; damit spielte er auf die 21 Einträge im Bundeszent­ralregiste­r und die mehrfachen Gefängnisa­ufenthalte an. Sie nehme keine Drogen mehr, außerdem hat sie einen unterschri­ftsreifen Arbeitsver­trag vorliegen. Die neue Stelle in einer Gaststätte könne sie nach der Entlassung aus der Untersuchu­ngshaft antreten – dort dürfte sie auch wohnen. Zudem würde sie gerne Kontakt zu ihrem neunjährig­en Sohn haben, der bei Pflegeelte­rn lebt. „Stehen Sie mir dabei nicht im Weg“, sagte die Angeklagte zu Richter Hirmer kurz vor dem Urteil.

Doch es half nichts: Er verurteilt­e die Frau zu einer 15-monatigen Freiheitss­trafe. Er sehe keine gute Sozialprog­nose, außerdem hätte sie schon mehrere Chancen ungenutzt verstreich­en lassen. Statt zu einer neuen Arbeitsste­lle geht es für die 39-Jährige nun in eine Gefängnisz­elle.

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Symbolfoto: Friso Gentsch, dpa

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