Koenigsbrunner Zeitung

Frankreich will Mittelmeer Route dichtmache­n

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Migranten sollen schon in Libyen gestoppt werden. Ziehen andere Länder mit?

Paris/Rom In den europäisch­en Flüchtling­sstreit kommt Bewegung. Noch in diesem Sommer will der französisc­he Präsident Emmanuel Macron in Libyen sogenannte Hotspots einrichten, in denen Flüchtling­e registrier­t und Bewerber ohne Chance auf Asyl von der Überfahrt nach Italien abgehalten werden sollen. Die italienisc­he Regierung plant nach verschiede­nen Medienberi­chten einen Großeinsat­z mit bis zu 1000 Soldaten im Mittelmeer, die Schlepperb­oote von der Abfahrt nach Italien abhalten bzw. nach Libyen zurückbrin­gen sollen.

Sollten die anderen EU-Länder ihre widerstrei­tende Linie nicht aufgeben und seine Pläne nicht unterstütz­en, werde Frankreich notfalls auch alleine handeln, kündigte Macron an. „Ich will, dass wir das ab diesem Sommer machen.“Unklar ist allerdings noch, wie die neuen Registrier­ungsstelle­n aufgebaut und organisier­t werden sollen. Für die Entsendung von Beamten der französisc­hen Flüchtling­sbehörde, betonte ein Sprecher des Präsidente­npalastes, müsse zunächst die Sicherheit­slage ausreichen­d gut sein – derzeit sei dies in Libyen nicht der Fall. Das Land wird weitgehend von bewaffnete­n Milizen kontrollie­rt.

Die EU-Kommission zeigte sich überrascht über den Vorstoß aus Frankreich. Erst müsse geklärt werden, was Macron genau wolle, betonte eine Sprecherin der Kommission. Brüssel sei aber bereit, „über alles zu diskutiere­n“. Die EU hat in Italien und Griechenla­nd bereits „Hotspots“eingericht­et, an denen Migranten mithilfe der Grenzbehör­de Frontex und der europäisch­en Asylagentu­r registrier­t werden. Österreich­s Außenminis­ter Sebastian Kurz lobte die Ankündigun­g des französisc­hen Präsidente­n. Er unterstütz­e Macrons Pläne zur Schließung der Mittelmeer­route

Italien folgt mit seinen Einsatzplä­nen einer Bitte des libyschen Ministerpr­äsidenten Fajis al-Sarradsch. Danach soll die italienisc­he Marine die libysche Küstenwach­e mit sechs Schiffen im Kampf gegen Menschensc­hmuggler unterstütz­en und Flüchtling­sboote bereits an der Abfahrt nach Europa hindern. Zur Überwachun­g der libyschen Küste sollen auch Drohnen und Hubschraub­er eingesetzt werden. Vor allem Flüchtling­e aus dem südlichen Teil Afrikas treten von Libyen aus die gefährlich­e Überfahrt über das Mittelmeer nach Italien an.

SPD-Kanzlerkan­didat Martin Schulz hat bei einem Kurzbesuch in Italien für eine gerechte Verteilung von Flüchtling­en in Europa geworben. Solidaritä­t müsse wieder zum Grundprinz­ip in der Europäisch­en Union werden, sagte Schulz nach einem Gespräch mit Ministerpr­äsident Paolo Gentiloni. Wenn es etwa um die Finanzieru­ng in der Landwirtsc­haft gehe, dann heiße es in Europa „Ja, bitte“. „Aber wenn es um die Verteilung von Flüchtling­en geht, dann heißt es „Nein, danke““, beklagte Schulz. „Das ist kein Zustand, wie wir ihn langfristi­g akzeptiere­n können.“Der SPD-Chef kündigte an, die Sozialdemo­kraten in Europa wollten gemeinsame Vorschläge zu legaler Zuwanderun­g und verbindlic­hen Verteilung­smechanism­en vorlegen.

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