Deutschland ist unsicherer geworden
Leitartikel Extremistische Gewalt, wachsende Kriminalität, öffentliche Randale – das Unbehagen vieler Bürger ist begründet. Der Rechtsstaat muss entschlossen handeln
Deutschland ist, alles in allem besehen, noch immer ein sicheres Land. Die Wahrnehmung vieler Bürger hingegen ist anders. Fast jeder zweite glaubt, nicht mehr ausreichend vom Staat und seinen Sicherheitsorganen vor Kriminellen und Gewalttätern geschützt zu sein. Politiker und Medien reagieren darauf gerne mit der Behauptung, die „gefühlte“Bedrohung sei höher als die tatsächliche, die statistisch belegbare. Das mag hie und da so sein. Aber das Gefühl wachsender Bedrohung hat sehr wohl mit den Realitäten zu tun. Denn es ist nun mal so, dass die innere Sicherheit in der Republik noch nie so vielen Gefährdungen auf einmal ausgesetzt war, die Zahl schwerer krimineller Delikte ansteigt und Gewalt als Mittel der Auseinandersetzung auch im Alltag zunimmt. Das Unbehagen gesetzestreuer Bürger kommt nicht von ungefähr. Und der Staat ist mehr denn je gefordert, sich um die größtmögliche Sicherheit seiner Bürger zu kümmern. Tut er es nicht, nimmt das in einer Demokratie notwendige Vertrauen in den Rechtsstaat irreparablen Schaden.
Es sind mehrere Faktoren, die sich in den Augen verunsicherter Bürger zum Gesamtbild eines unsicherer gewordenen Lebens formen. Da ist die nackte Gewalt, die von islamistischen Terroristen, ausländerfeindlichen Rechtsextremisten und Linksextremisten verübt wird. Deutschland hat es jetzt mit dem Extremismus in geballter Form zu tun. Der Verfassungsschutz schätzt die Zahl gewalttätiger Radikaler auf rund 30 000. Sie haben eines gemeinsam: den Hass auf unser freiheitliches System, das Ziel einer Zerstörung der Demokratie. Die Republik ist stark genug, um mit diesen ihren Todfeinden fertigzuwerden. Aber sie muss diesen Abwehrkampf noch energischer führen.
Da sind der Anstieg der Gewaltkriminalität und die Zunahme schwerer Straftaten sowie organisierter Bandenkriminalität. Ausländer sind daran überproportional stark beteiligt. Polizei und Justiz brauchen dringend mehr Personal, um der Lage Herr zu werden. Und zu viele Straftäter kommen mit zu milden Urteilen davon.
Da ist die zunehmende, nicht nur „gefühlte“Unsicherheit im öffentlichen Raum, die mit „rechtsfreien Räumen“, verstärkter Randale und Angriffen auf die Ordnungskräfte einhergeht. Der Staat hat dafür zu sorgen, dass sich Bürger im öffentlichen Raum ohne Angst bewegen können. Und er hat das Gewaltmonopol, eine der größten zivilisatorischen Errungenschaften – und muss es durchsetzen. Der Staat büßt das Vertrauen der Menschen ein, wenn er seine Schutzfunktion nicht mehr erfüllt und Regelverstöße – wie es ja bereits geschieht – nicht ahndet. Die Polizei braucht dabei die Rückendeckung von Politik und Gesellschaft. Der mangelnde Respekt gegenüber Polizisten und Rettungskräften ist ein vergleichsweise neues, alarmierendes Phänomen, das von einem Verfall staatlicher Autorität zeugt und deshalb nicht achselzuckend abgetan werden darf.
Natürlich erfordert der Kampf gegen die Gewalt, die ja auch soziale und strukturelle Ursachen hat, mehr als einen entschlossen handelnden Rechtsstaat. Die ganze Gesellschaft, Eltern und Lehrer vorneweg, ist hier gefordert, um das Abgleiten junger Menschen in die Kriminalität oder auch in den Extremismus zu verhindern und zivile Umgangsformen einzuüben. Im Umgang mit konkreter Gewalt jedoch sind Toleranz und „Verständnis“fehl am Platz. Es gibt nichts, was Gewalt rechtfertigen könnte. Wird diese „rote Linie“überschritten, muss der liberale Rechtsstaat mit aller Härte einschreiten – unterstützt von einer Gesellschaft, in der die Ächtung von Gewalt selbstverständlich sein sollte.
Mangelnder Respekt gegenüber Polizeibeamten