Koenigsbrunner Zeitung

Zweite Chance – ohne Abkürzung

- VON BERNHARD JUNGINGER

Jeder hat eine zweite Chance verdient. Das gilt auch für KarlTheodo­r zu Guttenberg. Seit der Affäre um seine in weiten Teilen abgekupfer­te Doktorarbe­it sind sechs Jahre vergangen. Und die ehemalige Lichtgesta­lt der CSU scheint inzwischen zu einem reiferen Umgang mit seinen Fehlern gefunden zu haben. War der Grundton seines Buches „Vorerst gescheiter­t“von 2011 noch uneinsicht­ig und besserwiss­erisch, übt sich Guttenberg heute in Demut und Selbstiron­ie. Viele sehnen sich nach dem Glamour, für den der frühere Wirtschaft­s- und Verteidigu­ngsministe­r stand. Besonders laut ruft Parteichef Horst Seehofer nach einer Rückkehr Guttenberg­s. Der betont zwar, er fühle sich dafür in den USA viel zu wohl. Doch seine Dementis lassen alles offen. Guttenberg weiß, dass er nicht den Eindruck erwecken darf, er dränge sich auf. Aber wenn die Partei ihn braucht, wenn er noch ein wenig mehr gebettelt wird – wer weiß? Doch der Weg zurück sollte für den abgestürzt­en Überfliege­r nicht durch die Hintertür führen. Guttenberg müsste einen echten politische­n Neuanfang wagen, sich der Parteibasi­s stellen und den Wählern. Sich für ein Mandat bewerben, sich wieder hocharbeit­en, Schritt für Schritt.

Ein Comeback Guttenberg­s nach Gutsherren­art aber, von null auf hundert, aus dem selbst gewählten amerikanis­chen „Exil“per Seehofer-Dekret direkt in ein Ministeram­t auf Bundeseben­e, das wäre weder der eigenen Partei noch den Wählern zu vermitteln.

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