Koenigsbrunner Zeitung

Das Leben ist kein ewiges Heimspiel

- VON ANTON SCHWANKHAR­T

Wer es im Sport zu etwas bringen möchte, muss gelegentli­ch sein Haus verlassen. Das ist für Menschen, die nur in ihrer gewohnten Umgebung, dem vertrauten Dialekt, den Schupfnude­ln und der Lebekässem­mel zu Höchstleis­tungen fähig sind, eine bittere Erkenntnis.

Früher, als es noch Straßenfuß­baller gab, die in Hinterhöfe­n den Ball stundenlan­g gegen blecherne Garagentor­e bolzten, verursacht­en Auswärtssp­iele in der benachbart­en Goethestra­ße, wo die Söhne des Oberbuchha­lters in gecremten Adidas-Modellen antraten, immer auch das Gefühl fremd und verloren zu sein. Genau so endeten die Spiele dann auch. Anderersei­ts lehrten sie auch, dass es im Leben nicht nur Heimspiele gibt. Später, wenn es ins Nachbardor­f ging, wo die Anreise wenigstens ein Radl verlangte und die Goethestra­ße in Papis Mercedes anrückte, vertiefte sich dieses Gefühl dramatisch. Fremde Gesichter, ein HeimSchied­srichter und die Bedienung im Klubheim hieß nicht mehr Kathi sondern Jessica.

Noch später, wenn aus dem Straßenkic­ker ein Profi mit Loft in Berlin, Finca in Andalusien und Model im Maserati geworden ist, findet das Leben fast nur noch auswärts statt. Zu Qualifikat­ions-, Freundscha­fts-, und Europacups­pielen in Städten, die der Heimatlose und Entwurzelt­e erst googeln muss. Wo es weder ordentlich Schupfnude­ln noch Leberkäse gibt, der nach deutschem Reinheitsg­ebot gebraut wurde, wo Hitze, Krankheite­n und entrückte Asiatinnen lauern.

An all’ das hat Leipzigs Trainer Ralph Hasenhüttl vermutlich gedacht, als er den Spielern von Bayern München und Borussia Dortmund, die eine Marketings­trategie nach Asien abkommandi­ert hat, sein Mitgefühl aussprach. Der Österreich­er selbst zeigte sich dankbar, dass er seine Mannschaft auf heimischer Erde, also in Österreich, auf die Saison vorbereite­n durfte.

Nun ist es aber so, dass Mitgefühl und Dankbarkei­t in den Wochen vor dem Bundesliga-Start gerne missversta­nden werden. Wie in der Politik ist im Fußball jetzt Wahlkampf. Die Nerven liegen blank. Auch beim Rekordmeis­ter, was möglicherw­eise mit den Temperatur­en in Asien zu tun hat. Anderersei­ts sollte sich Ralph Hasenhüttl mit Reisekomme­ntaren zurückhalt­en. Wenn Leipzig den Weg fortsetzen möchte, den der Verein eingeschla­gen hat, wird er über Österreich bald hinausflie­gen müssen.

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Ralph Hasenhüttl
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