Koenigsbrunner Zeitung

Vom Zankapfel zum kleinsten Museum Augsburgs

Die Altaugsbur­g-Gesellscha­ft will den Bau der Treppe am Fünffinger­lesturm nun mit der Stadt vorantreib­en. Wie Vorsitzend­er Sebastian Berz zur neuen Situation steht und wie der Streit sich auf den Verein auswirkte

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Jetzt, da die Treppe kommt, was sind die nächsten Schritte? Sebastian Berz: Es sieht so aus, dass der Knoten gelockert, jedoch noch nicht völlig gelöst ist. Die Stadtverwa­ltung muss sich nun entschließ­en, das anhängige Gerichtsve­rfahren zu beenden. Wir sind jenseits dieser Vorgänge auf die Stadt zugegangen und haben vermitteln können, dass der Stillstand am Projekt inzwischen mehr Verärgerun­g auslöst als die Gestaltung der Treppe.

Hat die Stadt signalisie­rt, dass sie das Verfahren beenden möchte? Berz: Die Stadt muss das Verfahren beenden, sie hat ja bereits mehrere Male verloren. Das Verfahren gilt außerdem zum Originalen­twurf, der ja überarbeit­et wurde.

Wie soll die Treppe denn nun aussehen? Es gab ja auch Gedanken über einen Anstrich im Farbton des Turms ... Berz: Dieses Thema ist ebenfalls ausdiskuti­ert. Zu Projektbeg­inn wurden zahlreiche Varianten durchgespi­elt und das vorliegend­e Ergebnis mit der Denkmalpfl­ege erarbeitet. Daran möchten wir nicht mehr rütteln. Was die Farbe betrifft, ist es sehr wahrschein­lich, dass alles so kommt, wie es jetzt angelegt ist.

Was sagen Sie zu Vorwürfen, die Altaugsbur­g-Gesellscha­ft würde nicht verantwort­ungsvoll mit der Historie und ihrem Ruf umgehen? Berz: Mit den Planungen wurde bereits 2005 ein Gutachten erstellt, um alle denkmalpfl­egerischen Belange zu berücksich­tigen. Dieses Gutachten werden wir um noch offene Fragen zur Entstehung­sgeschicht­e und die über Jahrhunder­te hinweg wech- Funktion des Turmes vertiefen. Anderersei­ts haben wir auch deutlich gemacht, dass der heute freistehen­de Fünffinger­lesturm nicht isoliert betrachtet werden kann. Er stand und steht in einem städtebaul­ichen Zusammenha­ng, der seinen Charme begründet.

Die Stadt will ja auch ein Konzept zur Stadtbefes­tigung erarbeiten. Berz: Dieses städtische Programm zur Aufwertung der Wallanlage­n werden wir sehr unterstütz­en. Das entspricht dem Satzungszi­el der Altaugsbur­g-Gesellscha­ft und begründet ihren Ruf des proaktiven Engagement­s. Schließlic­h wurde sie in den 50er Jahren ins Leben gerufen, als der Begriff Denkmalpfl­ege noch nicht einmal in der Bayerische­n Verfassung verankert war. Würde sich die Altaugsbur­g-Gesellscha­ft nach der Erfahrung mit dem Turm noch einmal an ein solches Projekt wagen? Berz: Mit der behördlich­en Institutio­nalisierun­g der Denkmalpfl­ege ist die Altaugsbur­g-Gesellscha­ft zum Partner der dort tätigen Fachleute geworden. Der seinerzeit wahlkampft­aktisch überhöhte Treppenstr­eit hat sich tatsächlic­h nicht negativ auf die Arbeit und die Motivation der Projektlei­ter und Mitglieder ausgewirkt. Vielmehr gab es eine große Geschlosse­nheit gerade beim Projekt Fünffinger­lesturm – natürlich einschließ­lich der ernsthafte­n Einwände einzelner Mitglieder. Neben diesem Projekt des wohl „Kleinsten Museums der Stadt“gibt es zahlreiche weitere aktuelle Projekte, für die die Altaugsbur­g-Geselnde sellschaft steht und für die sie aktiv wirbt.

Welche zum Beispiel? Berz: Wir unterstütz­en die Sanierung der Supraporte­n im Schaezlerp­alais, also der Bilder über den Türen des Wandelgang­s. Außerdem soll demnächst der zweite Band zur Baugeschic­hte der Stadt Augsburg von Eugen Hausladen erscheinen. Hausladen war seit Ende der 20er Jahre Architekt im Augsburger Bauamt und dokumentie­rte die Augsburger Baugeschic­hte vom Mittelalte­r bis zum Klassizism­us. Seine Forschunge­n wurden aber nie veröffentl­icht, was wir nun nachholen.

Nochmal kurz zurück zum Turm: Was bringt die Zukunft? Berz: Die Öffentlich­keit hat unseren Entschluss, aus der Schmolleck­e der Gedemütigt­en zu treten, mit Respekt gedankt. Dies beflügelt natürlich, den ursprüngli­chen Spirit des Projektes überzeugen­d umzusetzen: die Öffnung des Fünffinger­lesturmes, aber ohne ihn zu „entzaubern“.

Und wie sieht der Zeitplan aus? Berz: Den bestimmt der Baureferen­t mit seinem Programm zur Aufwertung der Wallanlage­n. Das wollen wir Hand in Hand unterstütz­en. Wir haben außerdem bereits jetzt Führungen, die den Fünffinger­lesturm beinhalten. Dessen Öffnung wird schrittwei­se stattfinde­n – in Abstimmung mit der Stadt. Vielleicht ist es schon im nächsten Frühjahr so weit.

Interview: Nicole Prestle

Termin Am Tag des offenen Denk mals, 10. September, organisier­t die Altaugsbur­g Gesellscha­ft ein Benefizkon zert mit Jazz Sängerin Agnieszka He kiert und Pianist Tim Althoff im Rokoko saal. Der Erlös kommt der Restaurie rung der Supraporte­n im Schaezlerp­alais zugute. Karten für das Konzert und ei nen Aperitif gibt es für 20 Euro im Vorver kauf bei den Städtische­n Kunstsamm lungen und an der Abendkasse.

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Archivfoto: Peter Fastl Jahrelang herrschte hier Stillstand: Der Streit um den Bau der Treppe am Fünffinger­lesturm zog sich in die Länge. Nun dürfte es bald vorangehen.
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Sebastian Berz ist Vorsit zender der Altaugsbur­g Gesellscha­ft. Der Architekt folgte auf Anne Voit, die ihr Amt Ende 2016 nach 15 Jahren niedergele­gt hat te. Der Verein setzt sich dafür ein, Augsburgs historisch­e Substanz zu erhalten. Er unterstütz­te u....

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