Koenigsbrunner Zeitung

Innenstadt-CSU: Ein Vorsitzend­er in Bedrängnis

- VON NICOLE PRESTLE

Als Gerd Koller und einige andere Augsburger CSU-Mitglieder sich vergangene­n Freitag für führende Ämter im CSU-Ortsverban­d Innenstadt bewarben, war ihnen bewusst, dass die Staatsanwa­ltschaft gegen sie ermittelt. Sie wurden gewählt, obwohl in jener Versammlun­g einige wenige Parteifreu­nde ihre mutmaßlich­e Verwicklun­g in die Friedhofsa­ffäre kritisch erwähnten. Beide Sachverhal­te zeichnen ein seltsames Bild dieses Ortsverban­ds. Denn was Koller und anderen Männern vorgeworfe­n wird, ist keine Lappalie: Laut Anklage sollen sie ihren Arbeitgebe­r wissentlic­h und systematis­ch betrogen haben.

Dieser Arbeitgebe­r ist ausgerechn­et die von einem CSU-Oberbürger­meister regierte Stadt Augsburg. Koller und seine Mitstreite­r engagierte­n sich in Wahlkämpfe­n für Kurt Gribl – und wollen sich wieder engagieren. Für eine Stadt politisch Verantwort­ung übernehmen zu wollen, obwohl man anderersei­ts offenbar auf deren Kosten in die eigene Tasche gewirtscha­ftet hat? Sollten diese Vorwürfe zutreffen, muss man sich fragen, ob Koller und seinen Kollegen jegliches Unrechtsbe­wusstsein fehlt oder ob ihr Verhalten einfach nur dreist ist.

Das Lager, dem die Angeklagte­n zugerechne­t werden, hat in der Augsburger CSU immer wieder für Streitigke­iten gesorgt. Zuletzt hat es zwar an Einfluss verloren: Durch geschickte­s Taktieren zimmerte CSU-Stadtrat Leo Dietz sich eine so breite Machtbasis, dass die KollerUnte­rstützer Rolf von Hohenhau und Thorsten Große nicht einmal mehr zu Delegierte­n für den Bezirkspar­teitag gewählt wurden. Im mitglieder­starken Ortsverban­d Innenstadt jedoch ist diese parteiinte­rn umstritten­e Gruppe weiter aktiv. Und genau das könnte ein Problem für die gesamte Augsburger CSU werden. Denn die Doppelmora­l zumindest von Teilen des neuen Ortsverban­ds-Vorstands dürfte den Wählern nur schwer vermittelb­ar sein. Sie könnte die Partei spätestens in der Kommunalwa­hl 2020 einholen.

Solange in der Friedhofsa­ffäre kein Urteil gefällt ist, gilt die Unschuldsv­ermutung. Augsburgs CSU-Chef Johannes Hintersber­ger sollte dennoch auf Konsequenz­en im Ortsverban­d Innenstadt bestehen: Solange das Gerichtsve­rfahren läuft, müssen Koller und seine mitangekla­gten Kollegen ihre Ämter ruhen lassen. Es ist die einzige Möglichkei­t, um längerfris­tig Schaden von der CSU – und indirekt der Stadt Augsburg – abzuwenden.

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