Seit 300 Jahren hat Oberrothan sein eigenes Kirchlein
Entstanden ist es offenbar gegen den Willen der Obrigkeit und wird seither von den Einwohnern gepflegt
Walkertshofen Oberrothan Vor 300 Jahren wurde in Oberrothan die Laurentius-Kapelle gebaut. Das ist für die Einwohner des Walkertshofer Ortsteils ein besonderer Anlass, ihr traditionelles Kapellenfest zu Ehren des heiligen Laurentius zu veranstalten.
Gefeiert wird am Sonntag, 6. August. Das Fest beginnt um 10 Uhr mit dem feierlichen Gottesdienst, der von den Alphornbläsern musikalisch begleitet wird. Im Anschluss sind alle Gäste auf den Hof der Familie Beckel eingeladen. Dort ist für Mittagessen sowie für Kaffee und Kuchen gesorgt und bei der Tombola gibt es attraktive Preise zu gewinnen. Auch heuer können die Gäste wieder eine Kutschfahrt durch Oberrothan und Umgebung genießen.
Wie damals die Kapelle entstand, ist äußerst interessant und kann in der Dorfchronik nachgelesen werden. Demnach machten die Oberrothaner im Jahr 1717 einen Versuch, auf eigene Faust eine Kapelle zu bauen.
Allerdings meldete der Dekan von Mickhausen an das Ordinariat, dass die Bürger gegen den Willen des Pfarrers von Walkertshofen Hölzer zum Bau der Kapelle beschafften. Zunächst entstand daher nur eine sehr kleine Privatkapelle. Diese wurde dann 1831 erhöht sowie verlängert und 1879 nach starkem Zerfall wiederhergestellt. Mehrere Instandsetzungsreparaturen wurden 1967 durchgeführt. Im Jahr 1974 erfolgte die Trockenlegung der Kapelle sowie Erneuerung des Turmdaches und 1977 wurde das Deckengemälde erneuert. In diesem Zusammenhang wurden auch die überklebten Kreuzwegbilder wieder freigelegt. 1986 verlegten die Oberrothaner ein neues Pflaster um die Kapelle und erwarben zehn neue Kirchenbänke. Letztes Jahr wurde die Kapelle schließlich einer kompletten Sanierung unterzogen. Der Innenverputz wurde erneuert und das Kirchlein komplett neu gestrichen. Sämtliche finanziellen Aufwendungen sowie alle anfallenden Arbeiten wurden jeweils von den Bürgern von Oberrothan durch Spenden beziehungsweise durch freiwillige Arbeitsleistungen ermöglicht.
Das tägliche dreimalige Gebetsläuten und das Läuten zu anderen Anlässen wurde viele Jahre lang von mehreren Familien in Oberrothan übernommen. 1982 wurde das Gebetsläuten schließlich eingestellt. Im Jahr 2008 erhielt die Kapelle dann ein elektrisches Glockengeläut, welches nun wieder täglich um sechs Uhr, um zwölf Uhr und um achtzehn Uhr läutet.
Geweiht ist die Kapelle dem heiligen Laurentius, der um 230 in Spanien geboren wurde. Als Erzdiakon widersetzte er sich dem damaligen Kaiser und Christenverfolger Valerian, der von ihm die Herausgabe des Kirchenvermögens forderte. Anstatt es dem Kaiser zu geben, erbat sich Laurentius Bedenkzeit und verteilte es an die Armen. Laurentius wurde daraufhin zum Tod durch Verbrennen verurteilt, was ihn zum Märtyrer machte.
Seit 300 Jahren ist die Kapelle so etwas wie der Dorfmittelpunkt in Oberrothan und für die Bewohner sehr wichtig. Deshalb gibt es jedes Jahr Anfang August das Kapellenfest, dessen Erlöse immer direkt in den Erhalt der Kapelle fließen. Mit Eifer packen die Oberrothaner mit an und freuen sich über jeden Gast. Und sollte das Wetter nicht mitspielen, wird die Feier kurzerhand in die Halle der Familie Beckel verlegt.