Koenigsbrunner Zeitung

Zwei Frauen lösen 260 „Blüten“ein

- VON KLAUS UTZNI

Vor Gericht schildern sie, warum sie das getan haben

Sie kauften in Bäckereien, Apotheken, Supermärkt­en eine Kleinigkei­t, tranken im Café einen Espresso. Die Rechnung über ein paar Euro bezahlten sie bar mit einem 50-EuroSchein oder einem Hunderter. Die Banknoten waren gefälscht. Aus wohl falsch verstanden­er Liebe und einer gewissen Hörigkeit heraus haben zwei Frauen im Alter von 21 und 20 Jahren 260 „Blüten“eingelöst. Das Wechselgel­d, über 13000 Euro, mussten sie an die beiden Männer abliefern. Ein Jugendschö­ffengerich­t unter Vorsitz von Angela Reuber hat die Frauen wegen Beihilfe zur Geldfälsch­ung zu Bewährungs­strafen von zwei Jahren beziehungs­weise 18 Monaten verurteilt. Die beiden mutmaßlich­en Haupttäter warten in Untersuchu­ngshaft auf ihren Prozess.

Die Verhandlun­g offenbarte, dass die beiden Männer ihre Freundinne­n offenbar gezielt in eine Abhängigke­it führten, um sie so für ihre Zwecke einsetzen zu können. Die 21-Jährige (Verteidige­rin Olga Weigandt) schilderte dem Gericht, wie sie sich schon mit 16 Jahren in ihren heute 25-jährigen Freund verliebte. Der aber verlangte von ihr, sich auf dem Bauch einen „Beziehungs­vertrag“tätowieren zu lassen – mit einem sexistisch-unterwürfi­gen Text. Außerdem soll er sie zum Betteln geschickt und ihr auch Gewalt angetan haben. „Ich war dumm. Ich habe alles für ihn getan, ich war ihm hörig“, sagte die junge Frau. Erst während der zweimonati­gen Untersuchu­ngshaft habe sie alles realisiert. „Jetzt will ich von ihm nichts mehr hören und sehen.“Zum Verteilen des Falschgeld­es habe er sie quasi mit der Drohung gezwungen, sich eine andere Freundin zu suchen.

Auf perfide Weise verleitete auch der zweite mutmaßlich­e Haupttäter, 26, die 20-jährige Angeklagte (Verteidige­rin: Mandana Mauss), die falschen Geldschein­e einzulösen. Unter falschem Namen machte er sich über ein Partnerpor­tal im Internet an die Ungarin heran, die im Mai

Er soll gedroht haben, sich eine andere zu suchen

2016 zu ihm nach Deutschlan­d zog. „Ich war sehr verliebt, er war dominant, wollte nur einer Frau vertrauen, die sich bewährt“, schilderte sie den Beginn der Beziehung. Auch die Ungarin musste sich tätowieren lassen: den falschen Namen des 26-Jährigen an der Innenseite ihrer Finger, an der Unterlippe den Tag des Kennenlern­ens. „Das war die Vorbedingu­ng für unsere Beziehung.“Ihr Freund habe dann gesagt: „Ich habe Geld, mit dem kann man mehr Geld machen.“Sie habe das erst nicht verstanden. Dann seien beide Frauen in Bayern herumgefah­ren worden, um die „Blüten“einzulösen. Als die Ungarin in einer Apotheke erwischt worden war, aber flüchten konnte, stieg sie aus.

Staatsanwä­ltin Kerstin Reitlinger benötigte mehr als eine halbe Stunde, um die 260 Fälle einzeln aufzuliste­n, bei denen die Angeklagte­n abwechseln­d in die Geschäfte geschickt worden waren. Als die 21-Jährige am 4. Juni 2016 bereits zum dritten Mal in einem Café in der Maxstraße mit einer „Blüte“bezahlte, wurde sie erkannt und festgenomm­en. Auch die 20-jährige Ungarin und später die beiden Männer kamen in Untersuchu­ngshaft.

Die Ermittler des für Falschgeld zuständige­n Landeskrim­inalamtes gehen davon aus, dass die beiden Männer sich das Falschgeld über das „Darknet“im Internet besorgt haben. Es stammt vermutlich aus einer Fälscherwe­rkstatt in Neapel. Dem Urteil ging eine Verfahrens­absprache zwischen Verteidigu­ng, Staatsanwa­ltschaft und Gericht voraus.

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