Koenigsbrunner Zeitung

Der Busfahrer war schuld

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Vor vier Wochen endete eine Reise nach Italien in einem Flammeninf­erno. Nun sind die Ermittlung­en zum Unglück auf der A9 abgeschlos­sen. Einige Fragen bleiben offen

Die verkohlten Bäume, die an den verheerend­en Busbrand auf der Autobahn 9 erinnert haben, sind inzwischen gefällt. Nur noch die kahle Stelle an der Böschung zeugt von dem Auffahrunf­all, bei dem 18 Menschen ums Leben kamen. Inzwischen sind sich die Ermittler sicher, was das Inferno nahe Münchberg in Oberfranke­n ausgelöst hat: Der 55 Jahre alte Mann am Steuer des Reisebusse­s war am 3. Juli um 7.11 Uhr unaufmerks­am gewesen – warum auch immer. Er bemerkte zu spät, dass ein Sattelzug vor ihm wegen eines Staus langsam abbremste. Mit 60 bis 70 Stundenkil­ometern prallte der Bus auf.

Und dann? Staatsanwa­lt Jochen Götz spricht am Mittwoch in Hof von einer „Verkettung tragischer Umstände“: Wegen des Aufpralls kam es zu Kurzschlüs­sen bei Batterie und Elektrik, beides war im Vorderbere­ich des Busses untergebra­cht. Ein Kraftstoff­tank dort wurde zusammenge­staucht und platzte. Der Kraftstoff entzündete sich sofort, befeuert von austretend­er Druckluft. Rauch und Feuer breiteten sich rasend schnell im Bus aus. 18 Menschen konnten sich nicht mehr retten und kamen ums Leben.

Die anderen 30 Businsasse­n wurden teils schwer verletzt, zwei von ihnen sind immer noch im Krankenhau­s. Dem Ersatzfahr­er, 43, gelang es, eine der Türen zu öffnen und Menschen nach draußen zu bringen. In dem Reisebus eines Unternehme­ns aus dem sächsische­n Löbau saßen überwiegen­d Senioren. Ihr Ziel sollte der Gardasee sein. Los ging die Fahrt um 0.30 Uhr auf dem Betriebsge­lände in Löbau, zuletzt stiegen gegen 4.50 Uhr Reisende in Dresden zu. Wie Horst Thiemt, der Chef der Verkehrspo­lizei Hof sagt, hatte der Bus keine technische­n Mängel. Er war mit ABS und ESP ausgestatt­et, hatte aber kein automatisc­hes Bremssyste­m, das beispielsw­eise bei drohenden Auffahr- unfällen automatisc­h bremst. Der 2013 gebaute und 2014 erstmals eingesetzt­e Reisebus musste diese Technik nicht haben – erst bei später gebauten Modellen wurde sie Pflicht.

Ob ein solches System das Inferno verhindert hätte? Das sei „spekulativ“, sagt Staatsanwa­lt Götz. Lenkund Ruhezeiten des Fahrers seien eingehalte­n worden. Und auch der Fahrer des Sattelzugs, der aus der Ukraine unterwegs nach Frankreich war, habe nicht abrupt abgebremst. „Es war ein normaler Bremsvorga­ng, wie es am Ende eines Staus erwartet wird“, sagt Götz. Der Verkehr wurde wegen einer Baustelle von drei auf zwei Spuren gelenkt, deshalb hatte sich der Stau gebildet. Am Montagmorg­en sei dichter Verkehr in diesem Bereich normal, sagt Verkehrspo­lizist Thiemt.

Warum in dem Busmodell Batterie, einer der Kraftstoff­tanks und ein Druckluftt­ank so eng im Vorderteil nebeneinan­der verbaut wurden, können die Ermittler nicht beantworte­n. Man habe recherchie­rt, ob bei baugleiche­n oder -ähnlichen Modellen schon einmal derartige Reaktionen zu beobachten waren, sagt Thiemt: „Wir konnten keine solchen Unfälle finden, wo sich das so entwickelt hat.“

Ungeklärt wird wohl bleiben, warum der Fahrer unaufmerks­am war und den bremsenden Sattelzug vor ihm zunächst übersehen hatte. Die

Kein automatisc­hes Bremssyste­m Busfahrer wurde nicht von Fahrgästen abgelenkt

Befragunge­n der Überlebend­en ergaben lediglich, dass es weitgehend ruhig im Bus war, Fahrgäste haben ihn also nicht abgelenkt. Auch eine toxikologi­sche Untersuchu­ng brachte keine Hinweise. Die sterbliche­n Überreste des Busfahrers wurden auf dem Fahrersitz geborgen, der Gurt war noch verschloss­en. Spekulatio­nen, wonach er noch Menschen aus dem Bus geholfen haben soll, haben sich nach Auffassung der Ermittler nicht bestätigt.

Kathrin Zeilmann, dpa

 ?? Foto: Nicolas Armer, dpa ?? Ein Bild des Schreckens: Der Reisebus, der auf dem Weg nach Italien war, brannte komplett aus. 18 Menschen starben.
Foto: Nicolas Armer, dpa Ein Bild des Schreckens: Der Reisebus, der auf dem Weg nach Italien war, brannte komplett aus. 18 Menschen starben.

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