Koenigsbrunner Zeitung

Sommer, Sonne, Schlittenf­ahrt

Allgäu Rodeln geht auch ohne Schnee: die schönsten Sommerrode­lbahnen in der Region – und Fahrtipps eines Profis

- VON OLIVER KAUER BERK

Rodeln geht nur im Winter? Stimmt nicht. In Deutschlan­d gibt es mehr als 100 Sommerrode­lbahnen. Bis zu 40 km/h sind möglich. „Allerdings erfordert dieses Tempo schon Respekt“, sagt Andrea Bohl. Sie arbeitet für den Hersteller Wiegand in Rasdorf, der die beiden meistgenut­zten Systeme anbietet: die Wannenbahn, in der die Schlitten in einer Edelstahlw­anne zu Tal gleiten, und den schienenge­führten Alpine Coaster. Bei beiden Varianten bestimmen die Hobbypilot­en mittels Bremse selbst die Geschwindi­gkeit.

Selbst ein echter Rennrodler, der im Winter mit mehr als 100 Sachen den Eiskanal hinunterra­st, hat Respekt vorm Sommerrode­ln. „Das ist nicht ohne und kann schon anspruchsv­oll sein“, sagt Julian von Schleinitz, dreimalige­r JuniorenWe­ltmeister im Einsitzer aus Schönau am Königssee. Schon wenige Stundenkil­ometer mehr oder weniger könnten einen großen Unterschie­d bedeuten. Der Rennrodler erklärt: „Die Zentrifuga­lkraft drängt die Fahrer in der Kurve nach außen und oben und wächst quadratisc­h mit der Geschwindi­gkeit.“Von Schleinitz rät daher, sich „nach innen in die Kurven zu legen“und die auf Sommerrode­lbahnen vorhandene Bremse einzusetze­n: „So kann man sich ans schnellere Fahren herantaste­n und bekommt ein Gefühl für den Schlitten.“

Noch eine Rodlerweis­heit des Profis: Auf ein mittelmäßi­ges Niveau kommt man rasch, aber wer mehr Gas gibt, ist ganz schnell am Limit. Außerdem weiß von Schleinitz: „Über schönes, gleichmäßi­ges Fahren kommt man eher auf eine gute Zeit als im Hau-Ruck-Verfahren.“Und wer es bei aller Vorsicht doch ein klein wenig schneller mag, dem rät der Spitzenspo­rtler, sich kleinzumac­hen. „Die Aerodynami­k spielt beim Rodeln eine sehr große Rolle.“

Wichtig: Sicherheit an den Bahnen ist oberstes Gebot. Immer gilt: Benutzungs­hinweise am Kassenbere­ich und an der Bahn beachten. Grundsätzl­ich dürfen Kinder unter drei Jahren nicht auf die Bahn, erklärt Andrea Bohl von Wiegand. Drei- bis Achtjährig­e sind nur in Begleitung einer erwachsene­n Person im Schlitten erlaubt. Warnschild­er wie „Achtung Kurve – Bremsen“sollte man ernst nehmen. Bei einem Unfall die Bahn sofort verlassen und die folgenden Fahrer war- nen, rät Sicherheit­sexperte Klaus Simon vom TÜV Rheinland. Die meisten Unfälle werden durch zu nahes Auffahren verursacht. Mindestens 25 Meter Abstand sollten es sein. Auch wichtig: Lose Gegenständ­e oder lange Schnüre an der Kleidung können sich im Schlitten verfangen und gefährlich werden.

Die längsten Sommerrode­lbahnen in Deutschlan­d sind die Alpine Coaster am Hasenhorn in Todtnau im Südschwarz­wald und in Immenstadt im Allgäu mit je knapp drei Kilometern Länge. Der Unterschie­d beträgt nur wenige Meter. Die steilste Bahn ist der Alpine Coaster im oberbayeri­schen Oberammerg­au mit 20 Prozent Durchschni­ttsgefälle. Auf 400 Meter Höhendiffe­renz sind 73 Kurven, neun „Jumps“und sieben sogenannte Wellen mit einer Höchstgesc­hwindigkei­t von bis zu 40 km/h zu durchfahre­n.

Quasi die Mutter aller Sommerrode­lbahnen liegt auf der Wasserkupp­e in der Rhön bei Gersfeld/ Hessen und ist 1975 in Betrieb genommen worden. Noch älter ist nur eine Bahn im nordrhein-westfälisc­hen Ibbenbüren. Sie besteht seit 1926. Hier geht es auf echten Holzschlit­ten schienenge­führt rund 100 Meter einen Berg hinunter.

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