Koenigsbrunner Zeitung

Die Inventur muss warten

- VON HERMANN SCHMID

Seit Langem ist unstrittig, dass die vielen Ausstellun­gsstücke im Königsbrun­ner Lechfeldmu­seum erfasst und bestimmt werden müssen. Warum der Rat erst im Herbst darüber entscheide­n wird

Königsbrun­n Das Lechfeldmu­seum verfügt über 4500 bis 5000 Ausstellun­gsstücke? Dass hinter diesem einfachen Satz ein Fragezeich­en steht, hat seinen Grund: Genau weiß das niemand. Die Gegenständ­e, die Besucher beim monatliche­n Öffnungsta­g zu Gesicht bekommen, sind nur ein kleiner Teil der Sammlung, die in den vergangene­n 50 Jahren entstanden ist (siehe „Das Lechfeldmu­seum“). Und bei vielen Stücken ist oft nicht klar, ob sie tatsächlic­h aus Königsbrun­n oder vom Lechfeld stammen oder aus anderen Regionen hierher kamen.

Es gibt nämlich nur wenige, sehr einfache Unterlagen über Spenden, Erwerb und Aussortier­ungen. Das wird jetzt noch einige Zeit so bleiben. Denn bei der letzten Stadtratss­itzung vor den Sommerferi­en verweigert­e eine Mehrheit aus SPD, Freien Wählern und Teilen der CSU mit Kulturrefe­rent Christian Toth (FDP) die Zustimmung zu einem Beschlussv­orschlag der Stadtverwa­ltung, die für 2018 und 2019 jeweils 60000 Euro für eine befristete Stelle zur Erfassung der Bestände im Lechfeldmu­seum genehmigt haben wollte. Jetzt soll im Herbst darüber entschiede­n werden.

Seit etwa zwei Jahren befassen sich Stadtverwa­ltung und Rat intensiver mit der Zukunft der Museen. Es gibt dazu einen eigenen Arbeitskre­is. Seit Langem ist klar, dass ein ganz wichtiger Schritt im Lechfeldmu­seum sein muss, den Bestand in den Ausstellun­gsräumen und Lager sachkundig zu erfassen und auf Herkunft und Alter zu bestimmen. Im Fachjargon wird das als „Inventaris­ierung und Provenienz­forschung“bezeichnet. Dass die gerade im Lechfeldmu­seum dringend nötig ist, machte heuer auch ein Fachgutach­ten über die Museumslan­dschaft in Königsbrun­n deutlich, das die Stadt für 18000 Euro in Auftrag gegeben hatte und das Ende April im Rat präsentier­t wurde (wir berichtete­n).

Auf dieses Gutachten bezog sich auch der sehr knapp formuliert­e Antrag der Stadtverwa­ltung. Die Frage „Was hat Bedeutung für Königsbrun­n?“, müsse man in jedem Einzelfall klären, sagte Bürgermeis­ter Franz Feigl. Dafür sei eine Person mit „gewisser Vorbildung“nö-

Gründung Im Jahr der Stadterhe bung begann der damalige Rektor Karl Bauer, Gegenständ­e aus dem bäuerliche­n Alltag der Königsbrun ner zu sammeln. 1967 gab es eine ers te Schau, 1974 wurde das Lechfeld museum an seinem jetzigen Standort im Untergesch­oss der Mittelschu­le an der Schwabenst­raße eröffnet.

Ausstellun­gsstücke Der Bestand wuchs durch Schenkunge­n und An käufe, die allerdings nur selten doku mentiert wurden. Einiges kam durch Vermittlun­g von Adam Metzner sogar aus Franken. Erfasst wurde aber nicht einmal, welche Teile man als ma rode einstufte und aussortier­te, stellt das Gutachten zur Königsbrun­ner Mu seumssitua­tion fest. Anläufe zu einer Inventaris­ierung gab es mehrmals, sie tig. Ein exaktes Inventar sei zudem wichtig für die Versicheru­ng.

Kulturrefe­rent Christian Toth war das nicht genug: „Was ist das Endziel?“, wollte er wissen. Bei 120 000 Euro für zwei Jahre erwarte er mehr Informatio­n: „Wie soll die Geschichte präsentier­t werden?“Diese Diskussion könne nur geführt werden nach einer Inventaris­ierung, argumentie­rte Feigl. Die habe Toth ja selbst gefordert: „Wenn wir das wirklich gestalten wollen, dann müssen wir das jetzt leisten.“

Alwin Jung (Grüne) platzte schier der Kragen. Er verwies auf mehrere Sitzungen des Arbeitskre­ises (Ak) Museen und hielt Toth vor: „Ich frage mich, was Sie da machen? Diesen Beitrag hätten Sie auch bringen können, ohne im Ak dabei zu sein!“Das Fachgutach­ten habe eine „hervorrage­nde Beurteilun­g unserer Museen ergeben“, sagte Jung, das müsse man jetzt profession­ell angehen. Für die SPD-Fraktion stützte Wolfgang Peitzsch die Einwände von Toth. Er kritisiert­e die „ausgesproc­hen dünne Sitzungsvo­rlage“. Er erwarte eine ausführlic­here Projektbes­chreibung.

In der Kritik am Antrag waren immer wieder Vorschläge herauszuhö­ren, wie die Stelle zu besetzen sei. So fragte Peitzsch: „Ist denn mit denen gesprochen worden, die jetzt die Arbeit im Lechfeldmu­seum leisten?“Christian Toth erwähnte in einem Nebensatz Manfred Kosch, der regelmäßig Führungen im Lechfeldmu­seum macht und bei Volkshochs­chulen Vorträge zu historisch­en Themen hält. „Es war da schon mal vor einigen Jahren jemand im Einsatz“, bemerkte Jürgen Raab (Freie Wähler) und nannte Martina Teltscher, die vor einigen Jahren in der Königsbrun­ner Museumslan­dschaft tätig war.

Bürgermeis­ter Feigl wollte das Thema beenden und bot in einem „Vorschlag zur Güte“an: „Wir legen Ihnen eine Stellenbes­chreibung vor und fragen dann im September erneut den Rat.“Doch Alwin Jung bestand auf eine Abstimmung. Die zeigte, dass auch die CSU-Fraktion, die sich in der Aussprache nicht zu Wort gemeldet hatte, gespalten war. Nur Ingrid Gärtner, Brigitte Holz, Peter Henkel und Norbert Krix stimmten mit Feigl, den Grünen und der BbK für den Antrag.

Das Lechfeldmu­seum

wurden ohne große Fortschrit­te be endet. Nur ein kleiner Teil der wohl über 4000 Stücke wird präsentier­t. Der Bogen spannt sich von Spielzeug über alte Textilien bis hin zu einer alten Schulstube.

Gutachter Auch die Landesstel­le für nicht staatliche Museen, die die Stadt beraten und das Gutachten bezu schusst hatte, sieht eine gründliche Inventaris­ierung als Grundlage für wei tere Schritte beim Lechfeldmu­seum.

Öffnungsze­iten Geöffnet hat das Lechfeldmu­seum an jedem ersten Sonntag im Monat von 10 bis 12 Uhr und an jedem zweiten Sonntag im Monat (außer August) von 14.30 bis 16.30 Uhr. Führungen sind auch nach Anmeldung im Kulturbüro, Tel. 08231/606 260, möglich. (hsd)

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Archivfoto: Marcus Merk Zum Bestand des Lechfeldmu­seums gehören auch Alltagsgeg­enstände, wie eine Auswahl an Rasieruten­silien aus der Vor und Nachkriegs­zeit.

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