Wenn Mehrheiten verloren gehen
Wenn Abgeordnete ihrer Partei den Rücken kehren, geraten knappe Mehrheiten schon mal in Gefahr. Drei Beispiele aus Bund und Ländern:
Bund 1972: Die von der soziallibe ralen Bundesregierung unter Willy Brandt (SPD) eingeleitete Ostpolitik führt zu Differenzen in der Koalition. Insgesamt sechs SPD und FDP Abge ordnete treten in die CDU ein, im Bundestag kommt es zu einem Patt: SPD/FDP und CDU/CSU haben je weils 248 Mandate. Als erster Kanzler stellt Brandt im September die Ver trauensfrage und verliert, der Bundes tag wird vorzeitig aufgelöst. Bei der Neuwahl erringen SPD und FDP wieder eine Mehrheit.
Niedersachsen 1989: Der Frakti onsaustritt eines CDU Abgeordne ten kostet die CDU/FDP Koalition un ter Ministerpräsident Ernst Albrecht ihre Ein Stimmen Mehrheit im Land tag. Die Patt Situation (CDU/FDP 77 Mandate, SPD/Grüne 77) löst sich aber schon bald wieder auf: Auch ein kurz zuvor nachgerückter SPD Abge ordneter verlässt seine Fraktion.
Hamburg 1993: Ein für die vorge zogene Neuwahl der Bürgerschaft im September nicht wieder aufgestell ter Abgeordneter tritt aus der SPD aus. Damit hat die SPD Alleinregie rung unter Bürgermeister Henning Voscherau gegen Ende der Legislatur periode nur noch 60 der 121 Sitze. Nach der Wahl bilden SPD und die Wählervereinigung „STATT Partei“im Dezember einen Mehrheitssenat mit Voscherau an der Spitze. (dpa)