Koenigsbrunner Zeitung

Israel will Al Dschasira schließen

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Sender aus Katar gerät unter Druck

Jerusalem Die Botschaft von Ajub Kara ist klar: Sicherheit geht vor Meinungsfr­eiheit. So begründet der israelisch­e Kommunikat­ionsminist­er die Entscheidu­ng, den einflussre­ichen arabischen Nachrichte­nsender Al-Dschasira in seinem Land zu schließen. Die Berichters­tattung des Senders, der übersetzt „Die Insel“heißt (gemeint ist die Halbinsel Katar im Persischen Golf), ist Israel seit langem ein Dorn im Auge.

„Das Al-Dschasira-Netzwerk hört nicht auf, rund um den Tempelberg zu Gewalt aufzuhetze­n“, schrieb Ministerpr­äsident Benjamin Netanjahu zuletzt auf Facebook. Nach einem blutigen Attentat am Tempelberg in Jerusalem und neuen Sicherheit­skontrolle­n für muslimisch­e Gläubige war es zu schweren Unruhen gekommen. Israel wirft dem vom Emirat Katar finanziert­en TV-Sender vor, mit seiner Berichters­tattung Öl ins Feuer gegossen zu haben. Al-Dschasira beteuert jedoch, die Berichters­tattung sei objektiv gewesen.

Der Auslandspr­esseverban­d in Israel (FPA) reagierte kritisch auf die angekündig­ten Schritte. „Al-Dschasira ist ein gut angesehene­s Mitglied und dieser Schritt der Regierung bereitet uns Sorgen“, sagte der FPAVorsitz­ende Josef Federman.

Israel ist allerdings nicht das erste Land, das dem arabischen Nachrichte­nsender Hetze vorwirft. Die 1996 gegründete Anstalt steht im Zentrum der Krise um Katar. Saudi-Arabien, die Vereinigte­n Arabischen Emirate, Ägypten und Bahrain boykottier­en das Emirat seit Anfang Juni und fordern unter anderem die Schließung der Medienorga­nisation. Sie kritisiere­n, dass Al-Dschasira Ägyptens Muslimbrüd­ern und anderen Islamisten in seinen Sendungen zu viel Raum biete.

Der Kanal gilt als eines der Medien, die 2011 die arabischen Aufstände anfachten. Im Nachbarlan­d Jordanien wurde Al-Dschasira bereits geschlosse­n. Auch die Beziehunge­n zu den Palästinen­sern sind nicht ungetrübt: 2011 wurde das Büro des Senders in Ramallah von wütenden Anhängern des Präsidente­n Mahmud Abbas verwüstet. Zuvor hatte Al-Dschasira die sogenannte­n „Palästina-Papiere“veröffentl­icht: Rund 1600 streng vertraulic­he Dokumente über den Friedenspr­ozess mit Israel. Die Palästinen­serführung warf Al-Dschasira damals vor, mit einer gezielten Kampagne die Autonomieb­ehörde stürzen zu wollen.

Kommunikat­ionsminist­er Kara sagte am Sonntag: „Fast alle Länder in unserer Region sind sich darin einig, dass Al-Dschasira den Terrorismu­s unterstütz­t.“Der Sender sei „ein Instrument des Islamische­n Staats, der Hamas, der Hisbollah und des Irans“.

Mit seinem englischsp­rachigen Sender erreicht Al-Dschasira nach eigenen Angaben mehr als 310 Millionen Haushalte in mehr als 100 Ländern. Er habe mehr als 3000 Mitarbeite­r mit mehr als 70 verschiede­nen Nationalit­äten. „Dies macht unsere Newsrooms zu den vielfältig­sten der Welt“, schreibt der Sender auf seiner Webseite.

Kara hatte am Sonntag angekündig­t, das Büro von Al-Dschasira in Jerusalem solle geschlosse­n werden. Bis zur Schließung kann es aber noch dauern. Von dem Minister angekündig­te Gesetzesän­derungen könnten erst in Angriff genommen werden, wenn sich das Parlament im Oktober wieder versammelt, schrieb die Zeitung Haaretz am Montag. Die meisten arabischen Zuschauer in Israel empfingen den Sender außerdem über private Satelliten, auf die die Behörden keinen Zugriff hätten. Sara Lemel, dpa

Die Umsetzung kann noch lange dauern

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