Ein Detektiv warnt vor Liebesschwindlern
Tamer Bakiner aus Augsburg vertritt immer wieder Klientinnen, die in den Ferien auf dubiose Betrüger hereinfallen. Die Männer spielen große Gefühle vor – und wollen doch nur eines
Herr Bakiner, ein Urlaub ist für viele ja die schönste Zeit des Jahres. Was ist denn gefährlich daran? Tamer Bakiner: Es kommt natürlich auch drauf an, mit welchen Absichten man in den Urlaub fährt. Aber es gibt Menschen, die werden im Urlaub zu Opfern von Liebesbetrügern.
Wie läuft so etwas ab? Bakiner: Die Urlauber werden von Betrügern über einen längeren Zeitraum ausgespäht, so lernen diese die persönlichen Vorlieben ihrer Opfer kennen. Dann gibt es eine zufällige Begegnung, die so zufällig natürlich nicht ist. Es folgen Gespräche, es entsteht Vertrauen. Der professionelle Betrüger weckt Emotionen beim Opfer. Zu Beginn geht es ums Locken. Man hat Spaß, macht etwas zusammen. Die Forderungen kommen später. Dann geht es um Geld oder darum, nach Europa zu kommen. Und sobald das Ziel erreicht ist, verliert der Betrüger das Interesse und verschwindet.
Gehen die Betrüger alleine vor? Bakiner: Sie haben oft Helfer. An der Rezeption, an der Hotel-Bar. Überall, wo man in Kontakt tritt. Und irgendwann ist ein Täter dann zum Beispiel bei einem organisierten Ausflug dabei. Und weiß, was dem Opfer gefällt. Weil ihm seine Helfer Hinweise gegeben haben. So kommt man ins Gespräch.
Sind Männer und Frauen nach ihrer Erfahrung gleichermaßen betroffen? Bakiner: Nein, meiner Erfahrung nach sind die Opfer von Liebesbetrügern mehrheitlich alleinstehende Frauen.
Wie können sich Betroffene schützen? Bakiner: Es sagen viele, sie würden da nie drauf reinfallen, sie seien ja nicht dumm. Die Täter sind aber auch nicht dumm. Wenn man jemanden im Urlaub näher kennenlernt, sollte man vor allem vage Aussagen auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen. Man kann ja mal sagen: Lad’ mich doch mal ein nach Hause, oder zeige mir, wo du arbeitest. Oft kommt dann die Aussage: „Du ver- traust mir nicht“. Davon sollte man sich nicht einschüchtern lassen. Die Täter operieren auf emotionaler Ebene, nicht auf Sachebene. Man sollte Fragen, die jemand am Anfang beantwortet hat, später noch mal erneut stellen – nur auf andere Art. Wenn die Antwort dann eine andere ist, wird gelogen.
Um wie viel Geld geht es? Bakiner: Das ist unterschiedlich, aber es kann sehr viel werden. Ich hatte den Fall einer Klientin, die mit sehr viel Aufwand um 500 000 Euro gebracht wurde. Das hat angefangen an einer Bar eines Fünf-Sterne-Hotels, in dem sie jedes Jahr war. Der Barkeeper hat seine Informationen über die Frau an einen „Loverboy“gegeben. Der hatte über vermeintli- che Gemeinsamkeiten einen Einstieg ins Gespräch.
In welchen Ländern muss man aus Ihrer Sicht aufpassen? Bakiner: Zum Beispiel in Tunesien und Ägypten, aber auch in Griechenland und der Türkei – oder in karibischen Ländern wie Kuba und der Dominikanischen Republik.
Wie kommen Sie da ins Spiel? Bakiner: Die Opfer gehen aus Scham selten zur Polizei. Bei wohlhabenden Leuten ist der finanzielle Verlust auch oft verkraftbar. Die Leute stellen dann keine Strafanzeige – wollen aber wissen, wer hinter dem Loverboy steht, wer der Mensch in Wirklichkeit war. Und dann kommen sie auf mich zu. Und wer sind die Liebesschwindler hinter der Fassade? Bakiner: Zum Beispiel verheiratete Männer, die ihrer Familie vorgaukeln, sie seien Handelsvertreter oder in einem internationalen Unternehmen tätig. So war es auch im Fall der Klientin, die um 500000 Euro betrogen wurde. Als ich den Mann ausfindig machte, war seine Ehefrau schockiert, als sie erfuhr, wie er wirklich an sein Geld kommt.
Bekam die Frau letztlich ihr Geld zurück? Bakiner: In dem Fall haben wir zumindest die Hälfte der 500000 Euro gerettet. Um alles wiederzubekommen, hätte die Frau, die mich beauftragt hatte, klagen müssen. Und die Öffentlichkeit wollte sie nicht. Klingt so, als würden Sie allen gründlich davon abraten, sich im Urlaub zu verlieben. Bakiner: Man kann sich verlieben. Aber man muss mit gesundem Menschenverstand in den Urlaub fahren und überprüfen, was eine Bekanntschaft dort erzählt. Wenn einer schon nach zwei Tagen „Ich liebe dich“sagt, muss man wissen: Der Mann ist ein Profi. Das sagt er zu jeder.
Interview: Jan Kandzora