Koenigsbrunner Zeitung

Ein Original aus dem 18. Jahrhunder­t

Sanierung Der Langerring­er Pfarrstade­l ist restaurier­t. Ein Dachstuhl mit 260-jähriger Geschichte

- VON HIERONYMUS SCHNEIDER

Langerring­en Eigentlich waren das Jugendheim und das alte Pfarrhaus, die mit einem Zwischenba­u verbunden waren, dem Abriss preisgegeb­en. Denn die Gemeinde und die Kirchenver­waltung hatten sich im Jahre 2013 entschloss­en, an dieser Stelle ein gemeinsame­s Gemeindeze­ntrum zu bauen. Die Pläne waren schon weit gereift, doch dann legte das Landesamt für Denkmalsch­utz für den vermeintli­ch unbedeuten­deren Bauteil des Jugendheim­s sein Veto ein. Denn die Nutzung als Jugendheim für den katholisch­en Burschenve­rein seit 1962 ist nur die jüngste Geschichte des Gebäudes.

Gebaut wurde es vor etwa 260 Jahren, also nach 1750, und zwar als Pfarrstade­l. Darin wurden Kühe, Schweine und andere Nutztiere für den Pfarrhof gehalten und Heu und Stroh gelagert. Schließlic­h musste sich der Pfarrer in Zeiten, als es noch keine Kirchenste­uer gab, selbst versorgen. Als der Restaurato­r Erwin Merath aus Wiggensbac­h den Auftrag erhielt, erkannte er sofort den historisch­en Wert des Dachstuhls, der zum größten Teil noch in der Originalfo­rm von etwa 1750 existiert.

Von späteren Einbauten zeugt zum Beispiel eine auf einem Balken gefundene Inschrift eines Zimmererme­isters namens Gerum aus Hiltenfing­en aus dem Jahr 1866. Der gebürtige Oberschwab­e Erwin Merath ist ein Fachmann für die Bauweise historisch­er Dachstühle und hat schon viele Kirchturmu­nd Kirchendäc­her restaurier­t. So hat er auch im Langerring­er Pfarrstade­l die ursprüngli­che Tragfähigk­eit durch Erneuerung der Mauerlatte­n aus Eichenholz, welche das Gewicht auf die Grundmauer­n übertragen, wiederherg­estellt.

Deren Funktion wurde beim Umbau zum Jugendheim durch Kantholzbi­nder ersetzt, die auch zum Anbringen der Zwischende­cke dienten. Nur so konnte in Verbindung mit dem Zumauern des Einfahrtsb­ogens ein geschlosse­ner Raum geschaffen werden, der jahrzehnte­lang bis 2015 als Jugendheim für Theaterauf­führungen des Burschenve­reins und für viele Feste der Gallusfrau­en und anderer Vereine genutzt wurde.

Karl Jehmüller und Hermann Zech erinnerten auch anhand von Fotos an selige Zeiten der Burschenhe­rrlichkeit. Restaurato­r Merath hat in akribische­r Arbeit diese Kantholzbi­nder und alle morschen Teile des historisch­en Dachstuhls herausgesä­gt und passgenau durch neue Balken und Bretterbän­der ersetzt. Dabei bediente er sich der alten Methode, die Balken mit Seilen nach oben zu ziehen. Als einzige Ausnahme verwendete er dazu einen Elektromot­or an Stelle eines Laufrades, wie es seine historisch­en Vorgänger durch Menschenkr­aft antrieben. Es wurden nur die notwendigs­ten Teile erneuert und so viel wie möglich von der alten Substanz erhalten.

Merath verwendete sogar Holznägel zur Verbindung, nur die statisch wichtigen Teile wurden verschraub­t. Der ebenfalls denkmalges­chützte Giebel wurde wieder neu mit dem Dachstuhl verbunden, „denn der Dachstuhl trägt das Mauerwerk und nicht umgekehrt“, erklärte Erwin Merath. Neben der Inschrift des Hiltenfing­er Zimmermann­s Gerum fand Merath noch Zeichen von Hakenkreuz­en, die üblicherwe­ise in der Zeit von 1933 bis 1945 angebracht wurden.

Seltener sind dagegen eingeritzt­e Davidstern­e, deren Entstehung­szeit und -grund nicht bekannt ist. Ein an einen Balken genageltes Schild mit der Aufschrift „Dieser Baum ist eine unfreiwill­ige Spende der Kurstadt Bad Wörishofen“zeugt wohl von einem Maibaumdie­bstahl des Burschenve­reins.

Merath hat sich mit seinem kleinen Betrieb mit fünf Mitarbeite­rn als Zimmerer und Restaurato­r auf Sachen spezialisi­ert, „die dem Tod geweiht sind“, wie er sagte. So war sein Vortrag an seiner Wirkungsst­ätte auch ein Appell an die Langerring­er „dieses alte Gebäude wertzuschä­tzen, denn vielerorts gibt es so etwas nicht mehr“. Er freute sich über das große Interesse der etwa 50 Zuhörer.

Das Gebäude hat durch Freilegung des offenen Torbogens seinen ursprüngli­chen Charme und die Funktion als Remise für die Unterstell­ung von Fahrzeugen und anderer Geräte wieder erhalten. Daneben könnte es auch als Kulisse für Märkte oder Konzerte genützt werden. Bürgermeis­ter Konrad Dobler wies daraufhin, dass aus dem anfänglich­en Ärgernis nun ein weiteres Kleinod in der Gemeinde geworden ist. Die Kosten der Restaurier­ung bezifferte er etwa auf 160000 Euro. Dafür gab es aber auch Zuschüsse vom Landkreis und Bezirk, vom Landesamt für Denkmalpfl­ege, dem Amt für ländliche Entwicklun­g und von Stiftungen.

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 ?? Fotos: Hieronymus Schneider ?? Der 260 Jahre alte Dachstuhl ist bis auf kleine Veränderun­gen erhalten geblieben. Die hellen Balken wurden neu eingezogen.
Fotos: Hieronymus Schneider Der 260 Jahre alte Dachstuhl ist bis auf kleine Veränderun­gen erhalten geblieben. Die hellen Balken wurden neu eingezogen.
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Restaurato­r Erwin Merath erklärte die Ar beiten am Pfarrstade­l.

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