Koenigsbrunner Zeitung

Ach, wie sieht es denn hier aus?

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Wer seine Stadt neu entdecken will, kann einfach mal umziehen. Oder Kinder kriegen. Dann sieht man sein Viertel ganz anders

Verkäuferi­n beim Bäcker, weiß man, welche Kneipe in Fußweite zu einem passt und in welcher Reihenfolg­e die Ampeln auf dem Weg zur Hauptstraß­e Grün zeigen. Wenn man alle Jahreszeit­en in diesem Takt durchlebt hat, kann man ohne Zögern sagen: Das ist mein Viertel. Aber dann kommt das Kind – und alles wird anders.

Plötzlich ist die Stadt, in der man sich bewegt, eine andere. Zuerst ändern sich die Wege, die man nimmt: Nach ein paar Tagen biegt man schon ohne zu überlegen links ab statt rechts, auf den neuen Weg zu Tagesmutte­r, Krippe oder Kinderarzt. Mit den Wegen ändert sich auch der Blick auf die Stadt: Andere Straßen, andere Häuser – andere Staus. Wenn man immer wieder an dieser einen großen Baustelle vorbeifähr­t, wird man wahrschein­lich auch Jahre später, wenn das Haus längst steht und man wieder daran vorbeikomm­t, an diesen Abschnitt im Leben zurückdenk­en: Hier sind wir immer entlang, als … Mit Kind entdeckt man auch altbekannt­e Wege neu. Entschleun­igung kann man das nennen. Oder Kinderwage­n schieben. Wo man sonst im Auto oder auf dem Rad vollauf beschäftig­t ist, auf den Verkehr zu achten, streift der Blick nun im Vorübergeh­en über ein Arrangemen­t von

Foto: Silvio Wyszengrad Gartenzwer­gen an Bodengrün in einem winzigen Vorgarten. Oder über Glanzstück­e der Hasenstall­Architektu­r der neuen Augsburger Städtebaus­chule.

Die einschneid­endste Veränderun­g ist aber: Ein Kind wirbelt die Liste der Orte, an denen man wahrschein­lich anzutreffe­n ist, wenn man nicht zu Hause ist, ordentlich durcheinan­der. Kaum zu glauben, wie viele Spielplätz­e man in einem Ein-Kilometer-Radius so finden kann! Die Kneipe dagegen könnte glatt zumachen, hätte sie außer uns nicht noch andere Gäste …

Matthias Zimmermann, 37, ist Vater eines Sohnes und froh, dass nun der Kindersitz auf dem Rad den Kinderwage­n als Haupt-Transportm­ittel abgelöst hat.

*** Unsere Kolumne finden Sie jeden Donnerstag an dieser Stelle. Nächste Woche: „Radlerlebe­n“– Ansichten und Geschichte­n eines Radfahrers.

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