Der Biergarten ist das Paradies
Nachhilfe Gerald Huber und Maria Reiter sangen bei den „Drei Königinnen“ein „Helles Luja“auf den Gerstensaft
Die Menschheitsgeschichte lässt sich auf viele Weisen erzählen – originell und spritzig unternahmen dies Gerald Huber und Maria Reiter mit ihrem Programm „Helles Luja“in der Reihe „Literatur im Biergarten“im Garten der „Drei Königinnen“. In zwölf Kapiteln begaben sie sich auf eine Reise durch die Zeit, schufen eine „Menschheitsbiergeschichte“von A wie Adam bis Z wie Zapfhahn. Gerald Huber, Sprachwissenschaftler, Moderator beim Bayerischen Rundfunk und – was sich an diesem Abend auch zeigte – ein begnadeter Couplet-Sänger, blätterte zusammen mit der Akkordeonistin Maria Reiter, die das Geschehen musikalisch noch farbiger, noch intensiver erleben ließ, Jahrhunderte, ja Jahrtausende in die Geschichte des Bieres zurück. Sauber recherchiert und augenzwinkernd stellten sie das Werden des Bieres in einen Zusammenhang, der die Zuhörer am Ende restlos davon überzeugt sein ließ, dass ohne das Bier die Welt schon längst zugrunde gegangen wäre.
Gerald Huber und Maria Reiter nahmen das Publikum mit in Urzeiten vor zwölftausend Jahren, als die Menschen entdeckten, dass der Samen von wilden Gräsern, sobald er vergoren war, einen „ganz aus dem Häusl“geraten ließ. Nicht nur um in Gemeinschaft sein „Räuscherl“zu genießen, sondern vor allem um die Götter zu ehren, habe man begonnen, die Wildgräser, sprich die Gerste, zu kultivieren und schließlich Bier zu brauen.
Mit kleinen Ausflügen in die Etymologie beschrieb Gerald Huber den engen Zusammenhang all der Wörter, die mit F beginnen: das Feiern, die Fete, das Fest, das Fanal, das Feuer, alle aus derselben indogermanischen Wurzel stammend und „die Sprache der Biertrinker“bildend. Hubers Credo war an diesem Abend, „dass schon immer das Leben gefeiert worden ist“. Und dass, wie kann es anders sein, dem Bier nahezu dieselbe Bedeutung zukommt wie dem Brot. Bei seiner Zeitreise hielt er auch in Regensburg an, wo die Reste einer Brauerei aus römischen Zeiten gefunden worden sind. Das war der Beweis: Die römischen Soldaten, von denen man gemeint hatte, dass sie eher dem Wein zugetan waren, schätzten auch das Bier.
Gerald Huber und Maria Reiter, die nicht nur die Couplets begleitete, sondern stets am Akkordeon eine passende Melodie zum Geschehen spielte, erzählten von „Heiligen Maßkrügen“und von jenen Mönchen aus der ältesten Klosterbrauerei der Welt (Weltenburg), die das Bier nahezu dem Himmel gleichsetzten. Vor dem Neid der bürgerlichen Brauer, die im Gegensatz zu den Klosterbrauereien fürs Bier- brauen Steuern bezahlen mussten, waren die Mönche jedoch nicht gefeit. Auf ihren guten Ruf als „Klosterbrauerei“– auch wenn das Bier schon längst von einer bürgerlichen Großbrauerei gebraut wird – bauen sie in der Vermarktung noch heute.
Der Autor und die Musikerin stimmten das alte Lied der Schankkellner an, die „drei Quarterl anstatt einer Maß’“einschenken. Und sie zeigten auf, dass das Reinheitsgebot von 1516 bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts kaum jemanden davon abgehalten hatte, dem Bier alles Mögliche zuzumischen, von würzenden Kräutern angefangen bis hin zur Tollkirsche und giftigen Pilzen. „Ein Hexengebräu!“, so Gerald Huber, während Maria Reiter „We Are The Champions“intonierte. Sie sangen das hohe Lied vom „Bier bayerischer Bauart“, ein untergäriges Bier, das man im 19. und 20. Jahrhundert in den „Bierkellern“trank. Bis heute. Im Biergarten „Drei Königinnen“erhoben am Ende alle die Gläser und sangen, frei nach Händels Hymne im „Messias“, ein jubelndes „Helles Luja“.