„Und los geht die Fahrt, wir starten jetzt!“
Selbstversuch Warum es im Kassenhäuschen des Autoskooters nicht nur ums Geld geht und was dahinter passiert
Bobingen Mein erster Selbstversuch auf dem Bobinger Volksfest als Bedienung im Festzelt lief recht gut. Auch der Sonntagabend, an dem ich von 17 Uhr an bis zum Schluss im Zelt bedient, Besteck gewickelt und am Ende aufgeräumt habe, gab viele Einblicke in das große Räderwerk, welches einen Festbetrieb am Laufen hält. So aufgeputscht von meinen kleinen Erfolgen, wage ich mich an den nächsten Selbstversuch: einmal im Autoskooter an der Kasse sitzen. Kann doch auch nicht so schwer sein, oder? Ich gehe im Kopf durch, was ich von diesem Job weiß: Klar, das, was ich selbst mitbekomme. Also, wenn ein Kunde kommt und Fahrtchips will, gebe ich ihm die Chips und gegebenenfalls das Restgeld wieder zurück. Wenn das alles ist, sollte ich auch diesen Selbstversuch bestehen können.
Als ich die Kassenkabine betrete, muss ich durch eine vorgelagerte kleine Werkstatt durch, und mir schwant: Hier fallen noch ganz andere Arbeiten an als nur Geld gegen Fahrtchips wechseln. Kassiererin Anita klärt auf: „Verschleißgegenstände wie die Bügel oben an den Fahrzeugen gehen schon mal kaputt. Solche Sachen werden dann möglichst schnell direkt vor Ort ausgewechselt.“Das ist zum Glück nicht meine Aufgabe, denn unter uns gesagt, meine technischen Fähigkeiten wären zu begrenzt. Ich darf hinter der Trennscheibe an der Kasse Platz nehmen. Beim Verkauf der Fahrtchips gibt es keine Probleme. Sechs Chips für zehn Euro, bitte! Okay, das klappt.
„Du musst dabei aber auch immer einen Blick auf die Fahrbahn haben“, fordert mich Anita auf. „Es kann immer mal vorkommen, dass jemand während der Fahrt auf die Fahrbahn läuft, aufsteht oder etwas rausfällt. Dann müssen wir hier drin sofort reagieren können und stoppen.“Also: Chips verkaufen und dabei auf die Fahrbahn schauen. Ja, ich weiß, das sind nur zwei Dinge auf einmal, aber suchen Sie mal nach dem passenden Wechselgeld, wenn sie immer einen Blick auf die Fahrbahn haben. Geht nicht so einfach? Habe ich gemerkt!
Schichtwechsel in der Kasse. Ab jetzt betreut mich Chef Eugen Die- bold. Für ihn ist das eigentlich ein ruhiger Abend, und deshalb sind „nur“zwanzig Autos draußen. Weitere vier stehen noch in der Garage und könnten an hektischeren Tagen geholt werden.
Wieder habe ich vier Chips verkauft. Die beiden Pärchen setzen sich in ihre Wagen, bei einem Fahrzeug gehen gleich die Lichter an. „Der hat seinen Fahrtchip gleich eingeworfen, obwohl wir mitten in einer Runde sind“, macht Eugen Diebold erst mich, dann seinen Mitarbeiter auf der Bahn darauf aufmerksam. Der Kunde bekommt einen neuen Chip ausgehändigt. „Sonst startet die nächste Runde und er kann nicht fahren, weil der Chip schon weg ist“, lacht Diebold. Er fordert mich auf, die nächste Durchsage zu machen.
Ach ja, das gehört ja auch zu meinen Aufgaben. „So, Jungs, seid ihr so weit?“, höre ich mich sagen und verdrehe dabei die Augen. Meine Stimme über Mikrofon? Geht ja gar nicht! „Näher hin und ganz ruhig sprechen“, gibt der Chef mir Tipps. Ja, so geht es besser. „Wir starten die nächste Runde, und los geht’s!“
Jetzt noch die großen Lichter ausschalten, damit die Beleuchtung an den Autos besser rauskommt. Dann die Nebelmaschine anwerfen. Und jetzt noch eine neue Playlist für die Musik aussuchen. Eugen Diebold macht das mit links und nebenher, ohne wirklich die Fahrbahn aus den Augen zu lassen. Ich beschränke mich auf den Chipverkauf, den Blick nach draußen und darauf, den Leuten eine gute Fahrt zu wünschen. Nach gut einer Stunde ist mein Dienst beendet, und ich stelle fest: Auch hinter dem „nur“An-der-Kasse-Sitzen beim Autoskooter hängt viel mehr, als man als Volksfestbesucher mitbekommt.
Jetzt habe ich aber selbst Lust bekommen und steige in eines der Autos ein. Die Durchsage ertönt: „Und auf geht’s in die nächste Runde! Abfahrt!“