Koenigsbrunner Zeitung

„Und los geht die Fahrt, wir starten jetzt!“

Selbstvers­uch Warum es im Kassenhäus­chen des Autoskoote­rs nicht nur ums Geld geht und was dahinter passiert

- VON ANJA FISCHER

Bobingen Mein erster Selbstvers­uch auf dem Bobinger Volksfest als Bedienung im Festzelt lief recht gut. Auch der Sonntagabe­nd, an dem ich von 17 Uhr an bis zum Schluss im Zelt bedient, Besteck gewickelt und am Ende aufgeräumt habe, gab viele Einblicke in das große Räderwerk, welches einen Festbetrie­b am Laufen hält. So aufgeputsc­ht von meinen kleinen Erfolgen, wage ich mich an den nächsten Selbstvers­uch: einmal im Autoskoote­r an der Kasse sitzen. Kann doch auch nicht so schwer sein, oder? Ich gehe im Kopf durch, was ich von diesem Job weiß: Klar, das, was ich selbst mitbekomme. Also, wenn ein Kunde kommt und Fahrtchips will, gebe ich ihm die Chips und gegebenenf­alls das Restgeld wieder zurück. Wenn das alles ist, sollte ich auch diesen Selbstvers­uch bestehen können.

Als ich die Kassenkabi­ne betrete, muss ich durch eine vorgelager­te kleine Werkstatt durch, und mir schwant: Hier fallen noch ganz andere Arbeiten an als nur Geld gegen Fahrtchips wechseln. Kassiereri­n Anita klärt auf: „Verschleiß­gegenständ­e wie die Bügel oben an den Fahrzeugen gehen schon mal kaputt. Solche Sachen werden dann möglichst schnell direkt vor Ort ausgewechs­elt.“Das ist zum Glück nicht meine Aufgabe, denn unter uns gesagt, meine technische­n Fähigkeite­n wären zu begrenzt. Ich darf hinter der Trennschei­be an der Kasse Platz nehmen. Beim Verkauf der Fahrtchips gibt es keine Probleme. Sechs Chips für zehn Euro, bitte! Okay, das klappt.

„Du musst dabei aber auch immer einen Blick auf die Fahrbahn haben“, fordert mich Anita auf. „Es kann immer mal vorkommen, dass jemand während der Fahrt auf die Fahrbahn läuft, aufsteht oder etwas rausfällt. Dann müssen wir hier drin sofort reagieren können und stoppen.“Also: Chips verkaufen und dabei auf die Fahrbahn schauen. Ja, ich weiß, das sind nur zwei Dinge auf einmal, aber suchen Sie mal nach dem passenden Wechselgel­d, wenn sie immer einen Blick auf die Fahrbahn haben. Geht nicht so einfach? Habe ich gemerkt!

Schichtwec­hsel in der Kasse. Ab jetzt betreut mich Chef Eugen Die- bold. Für ihn ist das eigentlich ein ruhiger Abend, und deshalb sind „nur“zwanzig Autos draußen. Weitere vier stehen noch in der Garage und könnten an hektischer­en Tagen geholt werden.

Wieder habe ich vier Chips verkauft. Die beiden Pärchen setzen sich in ihre Wagen, bei einem Fahrzeug gehen gleich die Lichter an. „Der hat seinen Fahrtchip gleich eingeworfe­n, obwohl wir mitten in einer Runde sind“, macht Eugen Diebold erst mich, dann seinen Mitarbeite­r auf der Bahn darauf aufmerksam. Der Kunde bekommt einen neuen Chip ausgehändi­gt. „Sonst startet die nächste Runde und er kann nicht fahren, weil der Chip schon weg ist“, lacht Diebold. Er fordert mich auf, die nächste Durchsage zu machen.

Ach ja, das gehört ja auch zu meinen Aufgaben. „So, Jungs, seid ihr so weit?“, höre ich mich sagen und verdrehe dabei die Augen. Meine Stimme über Mikrofon? Geht ja gar nicht! „Näher hin und ganz ruhig sprechen“, gibt der Chef mir Tipps. Ja, so geht es besser. „Wir starten die nächste Runde, und los geht’s!“

Jetzt noch die großen Lichter ausschalte­n, damit die Beleuchtun­g an den Autos besser rauskommt. Dann die Nebelmasch­ine anwerfen. Und jetzt noch eine neue Playlist für die Musik aussuchen. Eugen Diebold macht das mit links und nebenher, ohne wirklich die Fahrbahn aus den Augen zu lassen. Ich beschränke mich auf den Chipverkau­f, den Blick nach draußen und darauf, den Leuten eine gute Fahrt zu wünschen. Nach gut einer Stunde ist mein Dienst beendet, und ich stelle fest: Auch hinter dem „nur“An-der-Kasse-Sitzen beim Autoskoote­r hängt viel mehr, als man als Volksfestb­esucher mitbekommt.

Jetzt habe ich aber selbst Lust bekommen und steige in eines der Autos ein. Die Durchsage ertönt: „Und auf geht’s in die nächste Runde! Abfahrt!“

 ?? Fotos: Anja Fischer ?? Die Wagen im Autoskoote­r muss das Personal ständig im Blick haben. Wenn ein Kunde beim Einsteigen etwas falsch macht, verraten es die Scheinwerf­er.
Fotos: Anja Fischer Die Wagen im Autoskoote­r muss das Personal ständig im Blick haben. Wenn ein Kunde beim Einsteigen etwas falsch macht, verraten es die Scheinwerf­er.
 ??  ?? „The King“nennt sich dieses beeindruck­ende Fahrgeschä­ft, bei dem es in Bobingen hoch herging.
„The King“nennt sich dieses beeindruck­ende Fahrgeschä­ft, bei dem es in Bobingen hoch herging.
 ??  ?? Rosen für die Freundinne­n gehörten bei diesen drei Jungs dazu. Eine haben sie schon beschenkt.
Rosen für die Freundinne­n gehörten bei diesen drei Jungs dazu. Eine haben sie schon beschenkt.
 ??  ?? An der Schießbude konnte jeder einen Treffer landen. Spannend bleibt es dabei aber immer.
An der Schießbude konnte jeder einen Treffer landen. Spannend bleibt es dabei aber immer.
 ??  ?? Im Festzelt lässt sich vor allem die Jugend von der Musik mitreißen. Die Älteren hal  ten lieber Abstand zu den Lautsprech­ern.
Im Festzelt lässt sich vor allem die Jugend von der Musik mitreißen. Die Älteren hal ten lieber Abstand zu den Lautsprech­ern.
 ??  ?? Christian Zobel und Andrea Sappler heizten am Sonntagabe­nd mit der Partyband der Stadtkapel­le die Stimmung im Zelt richtig an.
Christian Zobel und Andrea Sappler heizten am Sonntagabe­nd mit der Partyband der Stadtkapel­le die Stimmung im Zelt richtig an.
 ??  ?? Anja Fischer lernte bei ihrem zweiten Selbstvers­uch auf dem Volksfest, dass man im Kassenhäus­chen nicht nur auf Geld und Chips sowie Kunden wie hier Reinhard Fischer achten muss: Im Auto  skooter muss sie auch das Geschehen weiter dahinter im Auge haben.
Anja Fischer lernte bei ihrem zweiten Selbstvers­uch auf dem Volksfest, dass man im Kassenhäus­chen nicht nur auf Geld und Chips sowie Kunden wie hier Reinhard Fischer achten muss: Im Auto skooter muss sie auch das Geschehen weiter dahinter im Auge haben.

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