Koenigsbrunner Zeitung

Mord mit Hundewelpe­n

Nicola Förg präsentier­t ihren Alpen-Krimi „Scharfe Hunde“mit der Schauspiel­erin Michaela May

- VON ALEXANDER RUPFLIN

Den Hundewelpe­n in Osteuropa geht es nicht gut. In Zuchtfabri­ken werden sie für den unstillbar­en Vierbeiner­bedarf in Deutschlan­d erzeugt und in winzigen Käfigen gehalten. Waren im Jahr 2000 noch fünf Millionen Hunde hierzuland­e registrier­t, sind es heute bereits 8 Millionen. Und bitte – eine Französisc­he Bulldogge, wie sie im Moment angesagt ist, sollte es schon sein. Aber billig. Darum geht es in Nicola Förgs neuem Alpen-Krimi „Scharfe Hunde“. Und um eine Handvoll Morde natürlich auch.

Unter Kastanien sitzt die Autorin im pinkfarben­en Pulli, flankiert von Schauspiel­erin Michaela May, die mit neonfarben­er Lesebrille vorliest, und Stephanie Morgenroth, ein wenig versteckt hinter ihrer Harfe. Die Lesung im Drei Königinnen findet in der Reihe „Literatur im Biergarten“statt. Wie immer bei dieser Veranstalt­ung sind die Bierbänke bis auf den letzten Platz gefüllt. Und Organisato­r Kurt Idrizovic schlägt zu Beginn das Motto eines solchen Abends an: „Literatur mit Musik und Promille.“

Förg und May agieren dann als lockeres, eingespiel­tes Team. Seit sechs Jahren arbeiten die beiden inzwischen zusammen. May spricht die Hörfassung der Krimireihe um die Kommissari­n Mangold und begleitet die Autorin auf Lesungen. So liest sie die kurzen Szenen aus dem Buch lebendig, jeder Figur eine eigene Stimme gebend, und der bayrischen Mundart, die in den Dialogen durchaus gepflegt wird, mächtig. Die Autorin selbst beschränkt sich auf die Inhaltszus­ammenfassu­ng zwischen den Szenen oder erzählt von sich, dass sie auf einem Bauernhof lebt mit elf Katzen, sieben Pferden, einem Rehbock, 60 000 Bienen. Neben ihren Romanen schreibe sie zudem die einmal wöchentlic­h erscheinen­de Tierseite im Münchner Merkur.

Diese Tierverlie­btheit der Autorin merkt man den gelesenen Ausschnitt­en an. Während die mit Eisenhut vergiftete­n Mordopfer bewusst stereotyp und überzeichn­et beschriebe­n werden – natürlich liegt der „Käskopf“tot in seinem Campingwag­en –, sind die großen, unschuldig­en Augen der Hundewelpe­n einige Ergriffenh­eit wert. Beim Schicksal der Tiere, da hört der Spaß auf, der schlagfert­ige Zynismus bleibt den Ermittleri­nnen im Halse stecken. Spätestens wenn Hündin „Kira“sich aufopfernd in die Schussbahn wirft und damit ihr Frauchen rettet, darf man nicht mehr lachen, das ist ernst. Das ist Tragödie und plötzlich überaus deutliche Sozialkrit­ik.

Die Harfenisti­n Stephanie Morgenroth rahmte die Lesung mit einem wunderbare­n Spiel und ihrer zum Instrument harmoniere­nden, klaren Stimme ein, mit selbstkomp­onierten Stücken und poetischen Texten. Eines der Stücke hatte sie extra für diesen Abend geschriebe­n und darin den profitorie­ntierten Umgang mit den Hunden zum Thema gemacht.

Am Ende des Abends nimmt May die Zuschauerf­rage nach Förgs Inspiratio­n für ihre Krimi-Ideen vorweg. „Die Welt wird immer irrer“, antwortet die Autorin. „Es gibt so viele Gründe zu morden, ich werde gar nicht mehr fertig.“– In „Scharfe Hunde“jedoch scheint, dank gemütliche­m Heimatwitz, alles nach wie vor klar einzuordne­n.

Beim Schicksal der Tiere hört der Zynismus auf

ONächsten Sonntag um 19 Uhr schließt die 29. Auflage von „Literatur im Biergarten“mit einer Lesung von Texten von Oskar Maria Graf an dessen 50. Todestag ab.

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Foto: Fred Schöllhorn Ein eingespiel­tes Team: die Schriftste­llerin Nicola Förg (links) und die Schauspiel­erin Michaela May bei der Literatur im Biergarten.

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