Koenigsbrunner Zeitung

Wie sich zwei Abspeck Firmen aus der Region bekämpfen

- VON JAN KANDZORA

Ein Detektiv schleust sich als Testkäufer bei einem Unternehme­n ein. Er hört dort Aussagen, die sich gegen einen Wettbewerb­er richten. Später sehen sich alle Beteiligte­n vor Gericht

Der Detektiv erscheint nicht. Es ist Prozesstag am Landgerich­t Augsburg, der Mann ist in einem Zivilverfa­hren ein wichtiger Zeuge und geladen. Doch er kommt nicht. Er sei auf einer Observatio­n, teilt eine Mitarbeite­rin von ihm dem Richter mit, der versucht, den Detektiv telefonisc­h zu erreichen, um in Erfahrung zu bringen, wo der Mann steckt. Ohne den Zeugen ist die Beweisaufn­ahme nur schwer möglich, denn um das, was der Mann sich angehört hat, geht es hier.

Der Detektiv war im Auftrag eines Unternehme­ns aus der Region unterwegs gewesen. Eine vergleichs­weise große Firma, die Kunden spezielle Therapien und Begleitung anbietet, wenn sie abnehmen wollen, und in diesem Segment einer der Marktführe­r in Deutschlan­d ist. Der Mann ging unter falschem Namen zu einem kleineren Konkurrenz­unternehme­n aus der Region und meldete sich dort für eine Therapie an. Diese Konkurrenz­firma bietet ebenfalls Konzepte zum Abnehmen an, und zwar solche, die für Außenstehe­nde von denen des Unternehme­ns, das den Detektiv beauftragt hatte, nur wenig zu unterschei­den sind.

Während der Mann also so tat, als würde es ihm darum gehen, Kilos zu verlieren, hörte er hin, was man ihm zu sagen hatte. Dabei sollen unter anderem Sätze gefallen sein, dass die Konkurrenz „wesentlich teurer sei bei schlechter­en Produkten“und keine Nachbetreu­ung mache. Sätze, die das große Unternehme­n, in dessen Auftrag der Detektiv handelte, nicht gerade erfreuten. Die Firma witterte unlauteren Wettbewerb und klagte schließlic­h gegen den Wettbewerb­er. So kam der Fall vor das Augsburger Landgerich­t.

Dort sahen sich die Parteien nicht zum ersten Mal – und vielleicht auch nicht das letzte Mal. „Sie streiten ganz fürchterli­ch miteinande­r“, sagte der Richter zu Beginn der Verhandlun­g; eine Einschätzu­ng, die sich nur schwerlich widerlegen lässt. Es hatte eine Zeit gegeben, da zogen alle Beteiligte­n an einem Strang. Das war, als der Geschäftsf­ührer der beklagten Abnehm-Firma und seine Mutter noch für die Klägerin arbeiteten. Das war, ehe sich der Geschäftsf­ührer selbststän­dig machte und als Geschäftsi­dee ein ähnliches Modell wählte wie das seines ehemaligen Arbeitgebe­rs.

Seitdem liefen mehrere Zivilproze­sse, in denen es darum ging, dass der neue Konkurrent auf dem Markt Verstöße gegen das Wettbewerb­srecht begangen hat oder begangen haben soll. Mal ging es um in der Zeitung geschaltet­e Werbung, in denen der Slogan „ohne Jo-Jo-Effekt“auftauchte, mal um die Behauptung, hinter dem jungen Unternehme­n stecke ein „Team mit über 20 Jahren Erfahrung“. Und nun um Aussagen, die gegenüber einem Testkäufer getätigt wurden.

Es sind Fälle, die zeigen, mit welchen Bandagen Firmen zum Teil kämpfen; es sind aber auch Fälle, die verdeutlic­hen, wie schnell Unternehme­n sich rechtlich angreifbar machen können, wenn sie für ihre Produkte werben. Einen Testkäufer in eine Konkurrenz­firma zu schicken, wie es einer der Marktführe­r auf dem Gebiet der Abnehm-Unternehme­n nun getan hat, ist grundsätzl­ich zulässig. Irreführen­d zu werben, ist es nicht. Sich negativ über einen Wettbewerb­er zu äußern, kann problemati­sch werden.

So sehr sich die beiden Firmen zuletzt auch gestritten haben: Im jetzigen Fall einigte man sich schließlic­h. Das jüngere und kleinere Unternehme­n erkannte nach Auskunft des Landgerich­tes die einstweili­ge Verfügung an, die der Klage vorangegan­gen war. Demnach ist es der Firma nun untersagt, die Aussagen, die gegenüber dem Detektiv getätigt worden waren, gegenüber anderen Kunden zu wiederhole­n.

Und der Detektiv selbst? Musste daher nun nicht mehr als Zeuge aussagen. Dafür, dass er am ursprüngli­chen Verhandlun­gstermin nicht anwesend, sondern auf einer Observatio­n war, musste er allerdings ein Ordnungsge­ld zahlen.

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