Koenigsbrunner Zeitung

Nur auf den ersten Blick amüsant

- VON INA KRESSE VON INA KRESSE

Als „Deutschlan­ds höchste Hanfplanta­ge“hat der Haunstette­r Wald in den vergangene­n Tagen bundesweit Schlagzeil­en gemacht. Knapp 300 Cannabispf­lanzen wurden dort in Töpfen in Bäumen gefunden, teilweise in 25 Metern Höhe. Für Polizei und Feuerwehr war das ein höchst außergewöh­nlicher Einsatz.

„Eigentlich ist das eine irre Idee. Wie man sich bloß so eine Arbeit machen kann.“Friedhelm Bechtel von der Berufsfeue­rwehr Augsburg muss immer noch den Kopf schütteln. Nicht nur über den Fund in dem Waldstück im Bereich der Krankenhau­sstraße. Sondern vor allem darüber, wie aufwendig die Hanfplanta­ge in den Bäumen angelegt worden war.

Der oder die Unbekannte­n hatten kreative Ideen, um die 275 Töpfe mit dem Rauschgewä­chs zu verstecken. Trotz ihres Einfallsre­ichtums begingen sie zwei Fehler. Auf einen wurde ein Spaziergän­ger aufmerksam. Wie berichtet, fielen diesem eines Tages am Waldrand etliche Töpfe mit Cannabispf­lanzen auf. Warum die 35 Pflanzenkü­bel dort auf dem Boden standen und ob der oder die Unbekannte­n gerade gestört worden waren, weiß man nicht. Eigentlich wäre der Polizeiein­satz mit der Mitnahme der Töpfe vor Ort zunächst wohl beendet gewesen, hätte ein Beamter nicht den Kopf in den Nacken gelegt. Und das war nun der zweite Fehler der HanfAnbaue­r. In den Ästen der Bäume verstreut hingen nämlich ein paar leere, weiße Wasserkani­ster. Das machte die Polizei natürlich stutzig.

Die Beamten sahen nun genauer nach. Dabei entdeckten sie die Hanfplanta­ge in luftiger Höhe. Polizeispr­echer Michael Jakob erzählt, dass seine Kollegen „maximal überrascht“waren. Doch was hatte es mit den verräteris­chen, weißen Kanistern auf sich? Feuerwehrs­precher Bechtel vermutet, dass mit den Zehn-Liter-Behältern die Marihuana-Pflanzen in den Bäumen gegossen wurden. Das Wasser dafür aus einem Bach stammen, der in der Nähe des Fundortes fließt, meint auch Jakob.

Die Unbekannte­n zogen offenbar mit einem Seil die Kanister in die Wipfel. Darauf deuteten laut Bechtel entspreche­nde Spuren hin. „An einem Baum war eine Stammseite regelrecht von Ästen kahlrasier­t, damit die Kanister wie in einer Schneise hochgezoge­n werden konnten.“Die leeren Behälter wurden dann herabgewor­fen, glaubt der Feuerwehrm­ann. Einige verfingen sich wohl im Geäst. Mit ihrer hellen Farbe waren sie gut sichtbar. Im Gegensatz zu den Pflanzentö­pfen – die waren von unten kaum zu erkennen. „Viele waren grün angestrich­en“, erklärt Bechtel. Manche mit grünem Stoff ummantelt. Bei den Marihua- nach denen nach wie vor gesucht wird, muss es sich um schwindelf­reie Menschen handeln. So viel steht fest. Polizeispr­echer Michael Jakob spricht sogar von einer „reifen Leistung“. „Die müssen schon versiert im Klettern sein. Nicht umsonst mussten wir die Feuerwehr holen.“

Wie die Unbekannte­n genau in die Bäume hinauf kamen, könne er nicht sagen. „Es lagen weder Seile noch Leitern herum. Da kann man nur spekuliere­n.“Vier Höhenrette­r der Berufsfeue­rwehr waren jedenfalls einen ganzen Tag lang beschäftig­t, eine Pflanze nach der anderen abzuseilen. Bis irgendjema­nd dann auf die Idee kam, die Töpfe samt Marihuana einfach nach unten zu werfen. „Die Pflanzen werden sokönnte wieso vernichtet“, so Bechtel. Das stimmt. Doch vorerst noch nicht. Momentan liegen die Pflanzen, die laut Jakob zum Teil schon erntereif waren, beim Landeskrim­inalamt. Dort werden sie getrocknet. Dann erst könne der Wert des Tetrahydro­cannabinol­s (THC) der Pflanzen bestimmt werden, sagt der Polizeispr­echer. THC ist eine psychoakti­ve Substanz, die berauscht und hauptsächl­ich aus der Hanfpflanz­e gewonnen wird. „Anhand der Angaben lässt sich beziffern, wie hoch der Wert der Pflanzen gewesen wäre.“Gibt die Staatsanwa­ltschaft anschließe­nd die Pflanzen frei, werden sie vernichtet.

Die Polizei geht davon aus, dass die Drogen verkauft werden sollten. „Die Menge übersteigt mit Sicherna-Anbauern, heit das, was ein einzelner Mensch für den Eigengebra­uch rauchen kann.“Ob bei der Polizei nach dem Zeugenaufr­uf bereits Hinweise zu dem oder den Tätern eingegange­n sind, dazu will sich Jakob aus ermittlung­staktische­n Gründen nicht äußern.

Genau aus diesem Grund hatte die Polizei auch rund drei Wochen gewartet, bis sie mit dem Fund der Hanfplanta­ge an die Öffentlich­keit ging. Denn entdeckt wurde diese bereits Ende Juli. Man wollte aber noch die Zeit nutzen, um die Verursache­r zu finden, so Jakob. Ob sich die Polizei dazu im Wald regelrecht auf die Lauer legte, wollte er nicht kommentier­en. „Unsere taktischen Maßnahmen geben wir nicht preis.“»Kommentar

Eine Hanfplanta­ge in den Baumwipfel­n eines Waldes – auf so eine Idee muss man erst mal kommen. Und dazu noch der Aufwand! Der Fund in Haunstette­n sorgt zu Recht für großes Aufsehen. Für die Polizei ist ein derartiger Anbau ein absolutes Novum, versichert der Augsburger Polizeispr­echer Michael Jakob. So etwas sei sogar bayernweit ziemlich einzigarti­g. Kleine Zuchtanlag­en in Wohnungen für den Eigenbedar­f oder ein paar Hanfpflanz­en im Maisfeld kämen immer wieder mal vor – so etwas hingegen nicht. Im Internet werden die Unbekannte­n für ihre Idee gefeiert. Viele sind amüsiert. „Die „Hängenden Gärten der Semiramis – ein illegales Weltwunder“schreibt einer auf Facebook. „Und dann heißt es, wer kifft, bringt nichts zustande“, meint ein anderer. Etliche freuen sich über diese Idee und ärgern sich über den Spaziergän­ger, der sich an die Polizei wandte. Als „Denunziant“wird er teilweise tituliert. Klar, die Idee für eine Hochplanta­ge in den Bäumen kann einen schmunzeln lassen. Vielleicht muss manch einer auch an die erfolgreic­he Kifferkomö­die „Lammbock“denken. An die zwei verspulten Freunde, deren im Wald versteckte Hanfplanta­ge von Blattläuse­n befallen wird. Doch wie die Polizei betont: Die Tatausführ­ung im Haunstette­r Wald mag zwar originell sein. Die Tat an sich ist es aber trotzdem nicht. Es handelt sich hier um eine Straftat. Das darf trotz Belustigun­g über den Einfallsre­ichtum nicht bagatellis­iert werden.

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