Koenigsbrunner Zeitung

Dieselfahr­er bleiben gelassen

Die Kunden im Landkreis sind verunsiche­rt und haben viele Fragen an die Händler. Wie viele Diesel-Autos in der Region zugelassen sind und wie hoch der Schadstoff-Ausstoß ist

- VON MARION KEHLENBACH

Landkreis Der Verbrennun­gsmotor, den Rudolf Diesel vor rund 120 Jahren in Augsburg konstruier­te, wird mittlerwei­le weltweit gebaut. Doch nun hat sein Ruf gelitten, jedenfalls in der Automobilb­ranche und auch im Augsburger Land. Nur noch 18 Prozent der potenziell­en Autokäufer würden sich für ein Dieselmode­ll entscheide­n, vor zwei Jahren waren es deutschlan­dweit noch mehr als 30 Prozent, ermittelte jetzt eine Studie von Aral. Diesen Trend bestätigen auch Autohäuser im Landkreis.

„Bei Neukauf sind die Kunden bezogen auf die Dieseltech­nik verunsiche­rt“, sagt Michael Kölzer, Service-Leiter beim VW-Autohaus Knaller in Königsbrun­n. Ähnliche Beobachtun­gen macht auch Peter Schäfer, Chef von Mercedes-Schäfer&Waibl in Bad Wörishofen, Schwabmünc­hen und Königsbrun­n. Allerdings differenzi­ert er Privatund Geschäftsk­unden. „Im Gewerbeber­eich ist das kein Thema“, sagt Schäfer auf die Frage, ob das Kaufintere­sse bei der Dieseltech­nik nachgelass­en habe. Er begründet es damit, dass Gewerbekun­de mit deutlich kürzerer Nutzungsda­uer von drei bis vier Jahren rechnen als Privatkund­en.

Ansonsten sind die Autohändle­r gelassen – weil auch ihre Kunden überwiegen­d gelassen reagieren. In der VW-Werkstatt seien bereits 80 Prozent der mit illegaler Software ausgestatt­en Fahrzeuge umgestellt. Wer jetzt noch nicht in der Werkstatt war, wird vom Autohaus erneut angeschrie­ben. „Aber die Aktion ist schon fast ausgelaufe­n“, sagt Kölzer.

Nach dem Dieselgipf­el sollen nun auch Dieselfahr­zeuge mit Euronorm 5 und 6 umgestellt werden. Mercedes schreibt seine Kunden „in Wellen je nach Fahrzeugty­p“an, so Schäfer. Auch er habe noch keinen wütenden Kunden erlebt. „Die meisten verbinden die Umstellung mit dem Reifenwech­sel oder dem Kundenserv­ice.“Was die Umstiegspr­ämie für alte Dieselauto­s bringt, können Schäfer und Kölzer noch nicht beziffern. „Ob das ganze Paket attraktiv ist, hängt immer vom alten Fahrzeug ab“, so Kölzer, „aber insgesamt wird die Prämie schon den Neukauf ankurbeln.“

Schäfer glaubt, dass derjenige, der sowieso etwas Neues kaufen will, die Umstiegspr­ämie nutzen wird, aber einen Impuls für einen nicht geplanten Neukauf werde sie nicht geben. Insgesamt, so meint Schäfer, sei der Verbrauche­r eher verunsiche­rt, weil er nicht wisse, „wo die Reise hingeht, da fährt je- der lieber sein altes Auto weiter“. Schäfer bedauert, dass das Thema Hybrid-Auto, also Fahrzeuge mit Verbrennun­gs- sowie Elektromot­or, viel zu kurz komme. Mit diesen Fahrzeugen hätten die Autofahrer die gewohnte Reichweite und könnten emissionsf­rei in die Städte fahren.

Für den Landkreis Augsburg gebe es keine Untersuchu­ngen zur Stickoxidb­elastung, sagt ein Sprecher des Landesamts für Umwelt (LfU). Es gebe auch keine Messstatio­nen an den Hauptstraß­en. Generell ist die Luft belastet von Stickstoff­oxid. Für die Belastung verantwort­lich sind unter anderem Dieselfahr­zeuge mit der Schadstoff­klasse Euro 5, die etwa 30 Prozent des Stickoxids in der Region verursache­n würden.

Euro-5-Diesel wurden teilweise noch bis August 2015 verkauft und im Landkreis sind etwa 21 000 Fahrzeuge mit dieser Fahrzeugkl­asse unterwegs. Laut Hersteller­angaben können nur etwa 50 Prozent der Autos mithilfe eines Softwareup­dates auf geltende Standards nachgerüst­et werden. Im Landkreis Augsburg würde das die Stickoxidb­elastung allerdings nur um 9,5 Tonnen reduzieren, also um 7,61 Prozent. Zum Vergleich, auch in Stuttgart bringt eine Umrüstung nur wenig Linderung. Neun Prozent des gesamten Stickoxids könnten so vermieden werden. Auch für Euronorm-6-Diesel wurden bei einer vom Landesamt für Umwelt im Dezember 2014 veröffentl­ichten Studie negative Ergebnisse präsentier­t. Insgesamt seien die Stickoxide­missionen bei Dieselfahr­zeugen dieser Klasse „deutlich zu hoch“.

Im Landkreis Augsburg waren bis Anfang 2017 etwa 7800 Euronorm-6-Fahrzeuge unterwegs. Seitdem sind laut Landratsam­t noch einmal 2600 Fahrzeuge mit dieser Schadstoff­klasse neu zugelassen worden. Diesel mit der Klasse Euro 4 und niedriger wirken sich mehr aus als die neueren Modelle. Sie produziere­n aktuellen Untersuchu­ngen zufolge mehr als 64 Prozent des Stickoxids im Landkreis, also knapp 80 Tonnen. Das Problem: Es gibt keine Möglichkei­ten, nachzurüst­en. Allerdings sind die Schadstoff­werte der 12000 Euro-4-Autos, die in der Region unterwegs sind, rechtlich gesehen in Ordnung. Das liegt allerdings nur daran, dass die Euronorm 4 deutlich höhere Werte zulässt als die neueren Stufen. (mit zds, elhö,

Autos mit Klasse Euro 4 und niedriger wirken sich mehr aus

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Foto: Marcus Merk Autos mit gelber Plakette dürfen seit 1. Mai 2016 nicht mehr in die Stadtmitte von Augsburg. Helfen kann ein Diesel Partikelfi­lter.

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