Koenigsbrunner Zeitung

Der Kampf ist noch nicht zu Ende

- VON UTE KROGULL

Helmut Urban ist unter den Ersten, die das Feuer in der Western-City löschen wollen. Er hat viel verloren, doch einen Monat später sitzt er wieder als Old Shatterhan­d im Sattel und sagt: „Die Karl-May-Festpiele dürfen nicht sterben“

Dasing Heute kämpfen sie bei den Karl-May-Festspiele­n wieder gegen das Böse, die Helden aus „Winnetou und die Felsenburg“. Vor einem Monat kämpften sie gegen die Flammen, die die Western-City in Schutt und Asche legten. Ein Kampf, der noch nicht zu Ende ist. Schauspiel­er Helmut Urban alias Old Shatterhan­d gibt das Ziel aus, das das Team zusammenhä­lt: „Die Karl-May-Festspiele dürfen nicht sterben.“Auch wenn viele sagen, das Feuer bedeute das Aus für Westernsta­dt und Festspiele, wenn böse Gerüchte im Umlauf sind, wer hinter der Brandstift­ung steckt: Die 80 Mitwirkend­en, beteuert Urban, wollen sich nicht unterkrieg­en lassen. Auch wenn viele von ihnen wie er selber viel verloren haben bei dem Brand, der einen Millionens­chaden anrichtete.

„Meine Wohnung am ,Stadtplatz‘, die war im zweiten Schutthauf­en da hinten“, sagt der 46-Jährige mit Blick durch den Zaun, der die Brandstell­e vom Rest des Geländes abtrennt, wo die Festspiele weitergehe­n, Samstag und Sonntag, vier Wochenende­n noch. Der Wiener, der seit 2012 jeden Sommer in Dasing mit von der Partie ist, saß an jenem verhängnis­vollen Samstagabe­nd mit anderen Akteuren im „Fort“zusammen. Zwei Vorstellun­gen hatten sie an dem Tag hinter sich, danach Musik im Saloon, nun ließ man den Tag ausklingen – als plötzlich der Ruf kam, der alle aufschreck­te: „Das Heulager brennt!“

Alle stürzten vom Fort zur Festspiel-Arena, rafften zusammen, was es an Feuerlösch­ern gab, und versuchten, die Flammen zu bekämpfen, bis die Feuerwehr eintraf. Die Tiere zu retten – die Pferde, die Alpakas und die Hühner –, immerhin das gelang. Den Brand im Zaum zu halten, war aussichtsl­os. Urban erinnert sich: „Erst ist man geschockt, dann reagiert man, und das lief gut koordinier­t ab.“Trotzdem hatten sie keine Chance. „Wir dachten nicht, dass die Flammen sich in Minutensch­nelle vom Heulager auf die Western-City ausbreiten würden.“Die Feuerwehre­n rückten schnell an, 400 Mann insgesamt, auch sie kämpften stundenlan­g – der Rest ist bekannt.

Gäste, die in Blockhütte­n auf dem Areal nächtigten, beschwerte­n sich später, sie seien erst sehr spät informiert und weggebrach­t worden. Man habe diese Menschen keineswegs vergessen, betont Urban. Doch die Hütten seien durch das Feuer nicht in Gefahr gewesen; allein wegen der Rauchentwi­cklung habe man die Leute dort später weg- gebracht. Rettungskr­äfte hatten einen Bus für die Erstversor­gung bereit gestellt.

Was wenige bedenken angesichts eines Millionens­chadens und der Existenz eines fast 40 Jahre alten Unternehme­ns sind Verluste, die finanziell weniger ins Gewicht fallen, doch nicht aufzuwiege­n sind: Urban zum Beispiel verlor Kostüme und Gewehre, die in der Hütte lagen, seinen Computer (er ist auch Grafiker), die Urlaubsfot­os, die Papiere. „Jemand rief, fahr dein Auto weg“, erinnert er sich. „Da hab ich gesagt, geht nicht, meine Schlüssel verbrennen gerade.“Das Auto überstand den Brand.

Bis 6.30 Uhr wachte Urban bei den Pferden in dieser Nacht, dann schlief er drei Stunden, bei seiner in Stadtberge­n. Als er am Sonntag um 10 Uhr zurück aufs Gelände kam, im Old-Shatterhan­d-Outfit, weil ihm sonst nichts geblieben war, erlebte er das, was ihn seither trägt: den Teamgeist. Mitarbeite­r hatten schon Kleidung organisier­t, im Lauf der nächsten Zeit gingen viele weitere Spenden ein, teilweise von anderen Festspiels­tätten. Alle arbeiteten zusammen, die Schneideri­n nähte auf Hochtouren, damit die Festspiele wieder starten konnten. Nur drei Spieltage mussten ausfallen. Nach einem verhaltene­n Start sind die Ränge, die rund 600 Menschen fassen, inzwischen laut Urban wieder gut gefüllt. Von den Zuschauern komme viel Zuspruch, sagt er. Gerade Stammgäste sagen: „Macht weiter!“

Und das wollen sie, beteuert er. Denn es gehe bei den Festspiele­n nicht nur um eine Show, um Kommerz. „Wir wollen die Menschen erreichen mit der Botschaft, die Karl May hatte.“Und das sei die von Völkervers­tändigung, vom Miteinande­r der Religionen. Gerade in „Winnetou und die Felsenburg“komme das zum Tragen. Hier treffen sich Winnetou, Old Shatterhan­d/Kara Ben Nemsi und Hadschi Halef Omar. Jeder bete zu seinem Gott, doch sie reiten gemeinsam, heißt es an einer Stelle, sagt Urban bewegt.

So mancher sieht die Situation mit weniger Pathos. Immer wieder ist in Gesprächen über den Brand – den dritten in vier Jahren – die Mutmaßung zu hören, dahinter stecke jeLebensge­fährtin

mand aus der Western-City selber. Urban tritt entschiede­n dagegen ein: „Man beißt nicht die Hand, die einen füttert!“Im Sommer seien jeden Tag teils mehrere hundert Gäste da, eine wichtige Einnahmequ­elle. Und: „Wer das Feuer gelegt hat, der hat keine Rücksicht genommen auf das Leben von Menschen und Tieren.“So grausam, ist er überzeugt, wäre niemand aus dem Team, das sich der Tierliebe Fred Rais verpflicht­et sieht. Wer sonst?

Vom Team hat in dieser Nacht keiner etwas gesehen, viele lagen schon im Bett. Die Polizei teilte gestern auf Anfrage mit, auf den Zeugenaufr­uf hin seien mehrere Hinweise eingegange­n, denen man jetzt nachgehe. Ergebnisse lägen noch nicht vor.

 ?? Foto: Ute Krogull ?? Helmut Urban alias Old Shatterhan­d nach dem Brand der Western City Dasing in der Arena der Karl May Festspiele. An diesem Wochenende finden sie wieder statt. Urban und andere aus dem Team haben bei dem Feuer viel verloren – dass die Show weitergeht,...
Foto: Ute Krogull Helmut Urban alias Old Shatterhan­d nach dem Brand der Western City Dasing in der Arena der Karl May Festspiele. An diesem Wochenende finden sie wieder statt. Urban und andere aus dem Team haben bei dem Feuer viel verloren – dass die Show weitergeht,...

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