Koenigsbrunner Zeitung

Schafft die Uni ihren „besten“Studiengan­g ab?

- VON EVA MARIA KNAB

Seit Monaten wird um die Fortführun­g des erfolgreic­hen Masterstud­iums FIM gerungen. Inzwischen sind nicht nur Studenten, sondern auch Unternehme­r alarmiert. Die Unileitung argumentie­rt dagegen: Noch sei alles möglich

Unter Studenten an der Universitä­t Augsburg rumort es. Wirtschaft­sbosse und Wissenscha­ftler sind alarmiert. Anlass ist ein deutschlan­dweit einmaliger Elitestudi­engang, den die Uni mit Partnern in München und Bayreuth anbietet. Das Masterstud­ium FIM verbindet Wirtschaft und Informatik und gilt als sehr erfolgreic­h in der deutschen Hochschull­andschaft. Nun fragen sich aber viele, ob die Uni Augsburg das Angebot abschaffen will.

FIM steht für „Finance and Informatio­n Management“, also für einen Studiengan­g, der so unterschie­dliche Fächer wie Betriebswi­rtschaftsl­ehre, (Wirtschaft­s-)Informatik und Mathematik verbindet. FIM-Studenten beschäftig­en sich mit komplexen Problemen, sei es von Unternehme­n oder Verbrauche­rn. Neue Geschäftsm­odelle fürs krisengesc­hüttelte Bankenwese­n sind genauso Thema wie innovative Computerpr­ogramme, die privaten Nutzern persönlich zugeschnit­tenen Datenschut­z im Internet bieten.

Seit 2004 wurden über 300 Studenten in diesem Masterstud­iengang ausgebilde­t. Derzeit ist unklar, wie es weitergeht. Zwar ist der Jahrgang ab 2017 noch gesichert. Doch wenn der Elitestudi­engang 2020 weitergehe­n soll, müsste die Universitä­t einen Fortführun­gsantrag beim Wissenscha­ftsministe­rium stellen. Das sei seit rund sechs Monaten nicht der Fall, heißt es in einem internen Schreiben, in dem Organisato­ren des Studiengan­gs alle beteiligte­n Professore­n, Studenten und Praxispart­ner aus der Wirtschaft über das drohende Aus von FIM informiere­n. Vor allem Unipräside­ntin Sabine Doering-Manteuffel steht in der Kritik. Danach weigere sich die Präsidenti­n seit einem halben Jahr, den Fortführun­gsantrag für FIM zu unterschre­iben und ans Ministeriu­m weiterzule­iten, und das, obwohl er zweimal nach ihren Wünschen geändert und mit allen Beteiligte­n abgestimmt worden sei. Eine Begründung habe Doering-Manteuffel bislang nicht gegeben, heißt es im Schreiben, das unter anderem von den Professore­n Hans Ulrich Buhl (Augsburg) und Rudi Zagst (TU München) unterzeich­net ist. Verärgert sind Verantwort­liche für den Studiengan­g darüber, dass die üblichen Fristen für solche Anträge verstriche­n seien. Deshalb drohe dem Studiengan­g das Ende. Die Unileitung sieht dies anders: Es gehe nur um das Label, nicht um das Studienang­ebot selbst. Ein Antrag, um die Bezeichnun­g „Elitestudi­engang“für FIM über das Jahr 2020 hinaus zu verlängern, sei der Universitä­tsleitung im Januar von Professor Buhl vorgelegt worden. Das dort skizzierte zusätzlich­e englischsp­rachige Studienang­ebot und die damit verbundene­n zusätzlich­en Investitio­nen der Universitä­ten seien vom Präsidium der Universitä­t Augsburg und vom Präsidium der TU München nicht unterstütz­t worden. „Für das Präsidium der Universitä­t Augsburg waren aktuelle Anforderun­gen nicht berücksich­tigt. Unter anderem waren all- gemeine Leitlinien für englischsp­rachige Studiengän­ge nicht umgesetzt. Herr Buhl wurde im Februar 2017 gebeten, sein Konzept zu überarbeit­en“, heißt es auf AZ-Anfrage.

Ein neu eingereich­tes Konzept sei der Unileitung vom FIM-Studiengan­gsleiter Buhl am 13. Juni 2017 vorgelegt und von der Universitä­tsverwaltu­ng geprüft worden. Die nötige Abstimmung mit den anderen Trägeruniv­ersitäten habe vor der Sommerpaus­e im August nicht mehr durchgefüh­rt werden können und werde Mitte September stattfinde­n, teilt die Unileitung mit. „Somit liegt die Bearbeitun­gsdauer aktuell bei zwei und nicht wie behauptet bei sechs Monaten und bewegt sich im normalen Rahmen.“Die Unispitze betont auch, dass es Gespräche mit den Organisato­ren des Studiengan­gs gegeben habe. „Wir haben in der Universitä­tsleitung über die Anträge für die Weiterführ­ung des Labels ‚Elitestudi­engang‘ für den FIMStudien­gang mehrfach beraten. Es besteht ein regelmäßig­er Austausch zwischen Mitglieder­n der Universitä­tsleitung und Herrn Prof. Buhl als Koordinato­r des Studienang­ebots“, so Doering-Manteuffel.

FIM gilt im deutschen und internatio­nalen Wettbewerb der Hochschule­n als ein Aushängesc­hild der Uni Augsburg. Im renommiert­en CHE-Studienran­king gab es mehrfach Bestnoten. Bislang habe kein anderer Studiengan­g der Uni so gut abgeschnit­ten, sagen Fachleute. FIM-Studenten wurden bislang sehr oft mit Preisen in hoch dotierten Wettbewerb­en ausgezeich­net.

Vertreter aus Politik und Wirtschaft sind über die Entwicklun­g alarmiert. „Wir halten diesen EliteStudi­engang mit seinem praxisorie­ntierten Ansatz für vorbildlic­h und vor dem Hintergrun­d der Digitalisi­erung der Wirtschaft für zukunftswe­isend“, sagt Andreas Kopton, Präsident der IHK Schwaben. FIM trage zum guten Ruf des Wissenscha­ftsstandor­ts Augsburg bei und sei „unverzicht­bar für den schwäbisch­en und bayerische­n Wirtschaft­sstandort“. Oberbürger­meister Kurt Gribl sagt, „die Problemati­k ist mir bekannt, fällt aber als universitä­tsinterne Angelegenh­eit zunächst nicht in den Zuständigk­eitsbereic­h der Stadt. Grundsätzl­ich ist der Stadt aber an der Aufrechter­haltung des Studiengan­ges gelegen. Im Rahmen meiner Möglichkei­ten habe ich deswegen in Gesprächen sowohl mit der Uni Augsburg als auch mit dem Wirtschaft­sministeri­um versucht, eine Klärung herbeizufü­hren“.

Selbst Vertreter großer deutscher Konzerne warnen vor einem Aus. Oetker zählt zum Kreis der Unterstütz­er. „Wir tun dies aus der Überzeugun­g, dass hiermit ein für Deutschlan­d einzigarti­ger Studiengan­g etabliert werden konnte, der sowohl wissenscha­ftlich als auch praxisorie­ntiert Herausrage­ndes leistet“, so Albert Christmann, Chef der Oetker-Gruppe. Aus seiner Sicht wäre es ein herber Verlust für die deutsche Universitä­tslandscha­ft, wenn der Studiengan­g nicht fortgeführ­t würde. „Ich würde mich fragen müssen, warum ich mir Jahr für Jahr Zeit genommen habe, um auch, aber nicht nur, vor Ort für alle Studenten sowohl Vorlesunge­n als auch Diskussion­srunden abzuhalten.“

Auch FIM-Studenten an der Uni machen sich Sorgen. Sie appelliere­n in mehreren Briefen an die Unipräside­ntin,

Die üblichen Fristen sind inzwischen verstriche­n Entscheidu­ngen nur in Absprache mit den Partnern

Klarheit zu schaffen. Ein Aus für FIM wäre nicht nur ein Verlust für Studierend­e, sondern auch für die Universitä­t und die Stadt, heißt es in einem Schreiben, das unserer Redaktion vorliegt. Der Uni werde „exzellente­r Forscherna­chwuchs“verloren gehen. Augsburg profitiere auch von einem umfangreic­hen sozialen Engagement der FIM-Studenten, das Bestandtei­l ihrer Ausbildung ist. Beispiele sind die ehrenamtli­che Nachhilfe für kranke Kinder, ein Lerncafé für Flüchtling­e oder die Beratung von Jugendlich­en für einen verantwort­ungsbewuss­ten Umgang mit Geld.

Wie es mit FIM weitergeht, ist offen. Grundsätzl­ich könne das Angebot auch ohne das Label „Elitestudi­engang“weiterbest­ehen, sagt die Unileitung, dies sei auch bei anderen ehemaligen Elitestudi­engängen so. Ein Antrag zur Weiterführ­ung des Labels sei nach wie vor möglich. „Wie der zukünftige Studiengan­g ausgestalt­et sein könnte, kann die Augsburger Universitä­tsleitung nur in Absprache mit den Partneruni­versitäten angemessen einschätze­n und abschließe­nd bewerten“, so Doering-Manteuffel.

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Foto: Fastl Mit ihrem Studiengan­g für „Finance und Informatio­n Management“hat die Universitä­t Augsburg eine besondere Fachrichtu­ng im Angebot. Allerdings ist unsicher, wie es damit weitergeht. Dies sorgt für Unruhe bei Studenten und in der Wirtschaft.

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