Verliebt in den Kollegen – und dann?
Wenn es zwischen zwei Mitarbeitern funkt, ist das gar nicht so einfach. Denn eine Partnerschaft bringt Herausforderungen mit sich – für das Paar und die Kollegen. So werden sie nicht zum Problem
Überlingen Liebe am Arbeitsplatz hält einige Stolpersteine bereit. Dabei geht es nicht nur um den Umgang miteinander. Tuschelnde Kollegen oder ein missbilligender Chef können ebenfalls zum Problem werden. Und was ist eigentlich, wenn die Beziehung in die Brüche geht?
Am Anfang spielt das keine Rolle, es hat gefunkt. Dass das häufig passiert, zeigen Studien: Laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag der Onlineplattform Xing zum Beispiel war jeder siebte Arbeitnehmer schon einmal mit einem Kollegen liiert. Verwundern muss das nicht: Schließlich verbringen Menschen einen Großteil des täglichen Lebens auf der Arbeit. Warum soll dort nicht auch die große Liebe warten? „Man kann den Herzenspartner für sein Leben in der Firma finden“, sagt Karriereberaterin Jutta Boenig aus Überlingen am Bodensee. Ganz grundsätzlich lautet ihr Credo aber: Wer es vermeiden kann, lässt lieber die Finger von einer Liaison mit Kollegen.
Ist es aber passiert, stellt sich als Erstes die Frage: Wie gehen Paare damit um? Der Rat von Boenig: Handelt es sich nicht gerade um ei- nen One-Night-Stand oder eine Affäre zwischen Verheirateten, ist ein offener Umgang mit der Beziehung besser. Sonst drohen Getratsche und Getuschel. Das heißt nicht, dass sie an jeder Ecke ihre Zuneigung zueinander zeigen müssen: Ständiges Knutschen oder Händchenhalten nervt die restliche Belegschaft, sagt sie. In persönlichen Gesprächen mit den Kollegen kann man die Beziehung aber thematisieren und damit Flurfunk vorbeugen. Pflicht ist das aber nicht.
Verbieten kann ein Arbeitgeber eine Beziehung nicht. Er kann aber für eine räumliche Trennung sorgen – etwa, wenn er das Gefühl hat, dass das Turteln der Verliebten deren Arbeitsleistung schmälert. „Das eine ist, die Beziehung zu haben. Das andere, sie im Betrieb auszuleben“, sagt die Arbeitsrechtlerin Nathalie Oberthür aus Köln.
Schwierig wird es, wenn potenzielle Interessenkonflikte ins Spiel kommen. Auszubildende mit Ausbildern oder strategische Einkäufer mit Lieferanten. Davon müsste der Arbeitgeber wissen, sagt Oberthür. Wenngleich es keine rechtliche Grundlage dafür gibt. „Das ist aber eine arge Grauzone.“
Generell können Probleme lauern, wenn Hierarchien im Spiel seien, sagt Karriereberaterin Boenig. Wenn es die Möglichkeit gibt, sollte sich einer in einen anderen Bereich versetzen lassen, rät die Expertin. Sie beriet einmal ein Paar aus der IT-Branche. In dem Gespräch sollte es eigentlich um die nächsten Karriereschritte gehen. Irgendwann ging es aber auch um den Einfluss der Arbeit auf die Beziehung. Also habe man einen Plan erarbeitet, wie diese beiden Lebenspole besser zu trennen sind, sagt die Karriereberaterin. Der Plan umfasste mehrere Punkte:
Nach 18 Uhr bis zum Betreten der Firma am nächsten Morgen darf nicht mehr über die Arbeit gesprochen werden. Pausen mit Kollegen und nicht mit dem Partner verbringen. Einmal pro Tag 30 Minuten im Büro Arbeitsthemen besprechen. Im gemeinsamen Urlaub hat der Beruf nichts verloren. Gespräche darüber sind dann tabu.
Stichwort Urlaub: Eine Beziehung unter Kollegen ist noch keine Garantie für einen gemeinsamen Urlaub. Das Unternehmen entscheidet, ob betriebliche Gründe oder der Vorrang anderer Mitarbeiter gegen den Urlaubwunsch sprechen, sagt Arbeitsrechtlerin Oberthür. „Das ist nichts, was man mit Rechtsanspruch durchsetzen kann.“
Und was, wenn die Liebe erlischt? Beziehungen enden selten einvernehmlich. Wer seinen oder seine Ex dann jeden Tag bei der Arbeit sieht, leidet. „Nach einer Trennung braucht es manchmal Distanz, um wieder zu sich zu kommen“, sagt Boenig. Nicht selten endet mit der Beziehung auch die Karriere im Unternehmen für einen der ExPartner – meist für die Frauen oder die hierarchisch tieferstehenden Angestellten, hat Boenig beobachtet. Ein Kündigungsgrund ist das Ende der Beziehung aber nicht. „Das hat man häufig bei Ehegatten-Verhältnissen“, berichtet Oberthür aus der Praxis.