Koenigsbrunner Zeitung

So will Seehofer Diesel und Benziner retten

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Der CSU-Chef macht das Überleben des Verbrennun­gsmotors zur Koalitions­bedingung. Wie die Kanzlerin darauf reagiert

Augsburg Haben Diesel- und Benzinmoto­ren noch eine Zukunft? Die Grünen fordern das Ende des Verbrennun­gsmotors ab 2030. Und sogar die Kanzlerin bezeichnet­e ein Verbot kürzlich als „richtigen Ansatz“. Aussagen wie diese haben Horst Seehofer alarmiert. „Ein Verbot des Verbrennun­gsmotors legt die Axt an die Wurzel unseres Wohlstands“, sagte er nun – und geht noch einen Schritt weiter: Der CSU-Chef macht die Rettung von Diesel- und Benzinmoto­ren sogar zur Bedingung für eine Regierungs­beteiligun­g seiner Partei.

Zu einem möglichen Verbot sagte der bayerische Ministerpr­äsident: „Das ist in Koalitions­gesprächen für die CSU genauso wenig verhandelb­ar wie Steuererhö­hungen, eine Erleichter­ung der Zuwanderun­g und eine Lockerung der Sicherheit­spolitik.“Damit könnten die Gespräche über eine künftige Regierung noch komplizier­ter werden. Denn die Grünen als potenziell­er Koalitions­partner gehen ihrerseits auf Konfrontat­ionskurs. Spitzenkan­didat Cem Özdemir betonte gestern, man werde kein Bündnis eingehen, das „nicht das Ende der Ära des fossilen Verbrennun­gsmotors einleitet“.

Die Debatte war nach dem Skandal um manipulier­te Abgaswerte entbrannt. Regierung und Autobosse beschlosse­n, dass die Hersteller Millionen Fahrzeuge kostenlos mit einer Software nachrüsten müssen, die den Schadstoff­ausstoß reduzieren soll. Doch es gibt Zweifel, ob das wirklich genügt. Umweltmini­sterin Barbara Hendricks ist jedenfalls nicht davon überzeugt. Die SPDPolitik­erin fordert auch einen technische­n Umbau der betroffene­n Motoren. Die Autobauer lehnen das vehement ab und bezweifeln den Nutzen. Tatsächlic­h legt eine interne Untersuchu­ng des Umweltbund­esamtes nahe, dass selbst eine solch aufwendige Maßnahme das Stickstoff­dioxid-Problem in vielen Städten nicht lösen würde.

Seehofer erhebt nun schwere Vorwürfe gegen die Umweltmini­sterin. Es sei „blanker Irrsinn“und „unverantwo­rtlich“, dass Hendricks „Millionen von Dieselfahr­ern mit Fahrverbot­en bedroht“habe. Damit sei für Halter von Dieselfahr­zeugen „ein riesiger Wertschade­n eingetrete­n“, sagte der CSU-Chef. Die Ministerin wiederum verteidigt­e sich: „Keinesfall­s, so wie es mir hier und da unterstell­t worden ist, bin ich etwa eine Feindin der Automobile oder des Autofahren­s“, sagte sie und betonte, sie werde „alles tun, um Fahrverbot­e zu vermeiden“.

Auch Bundeswirt­schaftsmin­isterin Brigitte Zypries bemüht sich, Zündstoff aus der Debatte zu nehmen. Man sollte den Diesel nicht

„Der Diesel ist ein bisschen in Generalver­schiss geraten, aber das ist nicht richtig.“

Wirtschaft­sministeri­n Brigitte Zypries

verteufeln, das sei „ja eigentlich ein guter Motor“, sagte die SPD-Politikeri­n. „Er ist ein bisschen in Generalver­schiss geraten, aber das ist nicht richtig.“So sieht das auch Seehofer. Deutschlan­d sei dabei, in der Diesel-Diskussion „flächendec­kend die Nerven zu verlieren“. Darüber habe er auch schon mit der Kanzlerin gesprochen: „Sie hat keine Jahreszahl für ein Verbot genannt. Ich bin kein Anhänger einer Verbotspol­itik, und Angela Merkel ist es auch nicht“, betonte der CSU-Chef.

Und auch die Kanzlerin selbst versuchte gestern, die Wogen zu glätten. Zum Verbrennun­gsmotor sagte sie: „Diese Brückentec­hnologie werden wir nicht Jahre brauchen, sondern ich würde sagen Jahrzehnte.“Zugleich müsse aber der Umstieg auf neue, schadstoff­freie Antriebe wie Elektrofah­rzeuge oder Wasserstof­fzellen gefunden werden.

Im Leitartike­l fordert Stefan Stahl eine Agenda 2040 für die deutsche Autoindust­rie.

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