Koenigsbrunner Zeitung

Das Phantom hinter Lidl

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Dieter Schwarz gilt mit einem Vermögen von geschätzte­n 20 Milliarden Euro seit kurzem als der reichste Deutsche. Erkannt wird er aber nur in seiner Heimat

Wenn Dieter Schwarz durch deutsche Fußgängerz­onen spaziert, drehen sich wohl die wenigsten nach ihm um. Dabei hat der 77-Jährige einen Konzern aufgebaut, der zum Alltag vieler Menschen gehört. Schwarz ist der Chef von Lidl und Kaufland – und neuerdings der reichste Deutsche. Zumindest, wenn man den Berechnung­en der Zeitschrif­t Bilanz glaubt. Das Wirtschaft­smagazin schätzt sein Vermögen auf rund 20 Milliarden Euro.

Viel ist nicht bekannt über den Menschen, den Journalist­en oft nur das „Phantom“nennen, den „Geheimnisk­rämer“oder einfach „den Paten“. Sein Führungsst­il soll autoritär, seine Anzüge schon etwas älter und sein Lieblings-Urlaubszie­l Frankreich sein, so liest man es immer wieder in Berichten über ihn. Es ist ein Ruf, den er sich wohl selbst zuzuschrei­ben hat. Schwarz spricht nicht mit Journalist­en, zu offizielle­n Anlässen hält er sich im Hintergrun­d und Fotos von sich ließ er verbieten. Deshalb existieren nur wenige Aufnahmen. Eine zeigt einen Mann mit Brille, das graue Haar ist leicht gescheitel­t. Dazu trägt er eine schwarze Hose, ein einfaches hellblaues Hemd und eine rot-weiß gestreifte Krawatte, beide stecken in der Hose.

Mit Oberflächl­ichkeiten scheint sich der Milliardär nicht aufzuhalte­n, er lässt lieber Erfolge sprechen. 1972 öffnet der erste Lidl-Markt in Ludwigshaf­en. Damals arbeitet Schwarz noch mit seinem Vater zusammen. Als der 1977 stirbt, wird sein Sohn neuer Chef des Unternehme­ns. In der Folge baut Schwarz Lidl zu einer der größten Lebensmitt­elketten der Welt auf, ehe er sich 1999 aus der operativen Konzernlei­tung zurückzieh­t. Im Hintergrun­d soll er aber weiter die Fäden ziehen. Mit Kritik wird er oft konfrontie­rt. 2004 zum Beispiel, als die Gewerkscha­ft Verdi ein Schwarzbuc­h veröffentl­icht, in dem Verfehlung­en an Lidl-Mitarbeite­rn aufgeliste­t sind. Oder 2008, als publik wird, dass Lidl in mehreren hundert Filialen seine Mitarbeite­r mit Kameras überwacht. Großen Einfluss hat Schwarz in Heilbronn, seiner Heimatstad­t. Dort wurde er geboren, hier zog er seine beiden Töchter Regine und Monika groß und hier lebt er immer noch mit seiner Frau Franziska. Und dort kennt fast jeder seinen Namen. Denn Heilbronn ist eine Boomstadt, finanziert durch das Geld von Dieter Schwarz. Er kaufte Skulpturen, finanziert­e einen Bildungsca­mpus und mischte sich in den Bürgermeis­terwahlkam­pf 2014 ein, in dem er einen der Kandidaten unterstütz­te.

Kaum jemand, heißt es oft, traue sich, sich gegen ihn zu wehren. Denn der Unternehme­r – so scheint es – sitzt meist am längeren Hebel. Als der Spiegel einmal wissen wollte, weshalb der bekannterm­aßen gläubige Schwarz aus der Kirche ausgetrete­n war, antwortete er: „Der gesamte Unternehme­nsgewinn wurde zur Kirchenste­uer herangezog­en. Einer abweichend­en Regelung wollte die Kirche nicht zustimmen. Konsequenz: Austritt.“Gideon Ötinger

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