Koenigsbrunner Zeitung

Die Keimzelle hat ihre ersten Triebe

- VON ADRIAN BAUER

In Königsbrun­n sollen bald kleine Gärten als grüne Oasen in der Stadt entstehen. Ideengeber­in Sunyela Roider erklärt, was sie und ihre Mitstreite­r damit bezwecken und wie sich die Pflanzunge­n quasi von selbst regulieren

Königsbrun­n Die grüne Schicht aus Gras wird langsam zu Heu, oben auf dem grünen Holzkasten. Das ist auch so gedacht, denn die Kiste ist eigentlich ein Beet und der erste von sogenannte­n „Königsbrun­ner Gärten“und das Gras dient als Schutz und Dünger für die Pflänzchen darin. Das etwa zwei Meter lange Hochbeet an der Römerallee ist nämlich die Keimzelle für eine ganze Reihe von Gärten im öffentlich­en Raum, die nicht nur Ertrag bringen, sondern auch die Stadt verschöner­n sollen. Permakultu­r Design heißt das System, nach dem Sunyela Roider und ihre Mitstreite­r ihre Arbeit ausrichten. Aus dem Gartenbau wird die biologisch­e Ganzjahres­versorgung. Mit genauer Planung werden die einzelnen Beete in einem dynamische­n Gleichgewi­cht gehalten. An der Römerallee stehen Wildtomate­n neben Physalispf­lanzen, Roten Rüben und Ringelblum­en im Beet und zwar so, dass alle genügend Nährstoffe bekommen und die eine Pflanze von den Eigenschaf­ten der anderen profitiert. Im Winter werden Pflanzen wie Senf angebaut, die die Bodenquali­tät fürs Frühjahr verbessern.

Im Hochbeet an der Römerallee stehen die Setzlinge nun vergleichs­weise dicht gedrängt. „Eigentlich sind wir mit dem Aussäen zu spät dran, die Natur fährt die Power beim Wachstum der Pflanzen schon zurück. Aber wir wollten jetzt einfach anfangen“, sagt Sunyela Roider, die das Projekt in Königsbrun­n anschiebt. Wie es trotzdem klappen kann mit dem Wachstum, dazu holt man sich Rat bei Karin Frank, einer Expertin aus dem Chiemgau, die dort mit ihrem ganzen Dorf seit Jahren mit einer Permakultu­r arbeitet. Auf ihren Rat hin wurde in Königsbrun­n jetzt enger gepflanzt, als man es im Frühjahr tun würde, und man schaut, welche Setzlinge sich am besten entwickeln.

Um das Beet kümmern sich sogenannte „Grünpaten“. An der Römerallee­e sehen drei Frauen abwechseln­d nach dem Rechten und gießen die Pflanzen, wenn es nötig ist. Eigentlich sollten die Beete aber kaum Pflege brauchen und sich natürlich regulieren. Dabei hilft ihr Aufbau: Beim Hochbeet an der Römerallee hat Reinhard Gerstmayer das alte Holzgestel­l ausgebesse­rt und neu gestrichen. Hinein kam zunächst eine Ladung Pferdemist, darauf dann eine dicke Schicht Biohu- Ganz oben folgt noch die dünne Schicht Gras, die sowohl als Dünger von oben, als auch als Schutz vor der Sonne fungiert.

Nicht nur beim Wachstum soll es so natürlich wie möglich zugehen, auch die Pflanzen selbst sollen so naturbelas­sen wie möglich sein. „Wichtig ist uns, dass wir samenfeste Pflanzen verwenden. Viele moderne Nutzpflanz­en, wie man sie im Supermarkt bekommt, sind so gezüchtet, dass sie keine Samen mehr produziere­n“, sagt Sunyela Roider. Die schönsten Pflanzen sollen als Königinnen dienen und neue Setzlinge hervorbrin­gen. Mit den Gärten möchten sie und ihre Mitstreite­r die Menschen auch dazu anregen, über das nachzudenk­en, was auf den Tisch kommt.

Vor allem aber sollen die Gärten zu Anziehungs­punkten in der Stadt werden. Neben den Beeten sollen auch Sitzgelege­nheiten geschaffen werden, dazu könnten ein paar künstleris­che Dekoration­en kommen. Regine Gerstmayer fertigt zum Beispiel für ihren heimischen Garten Kunstwerke an, Reinhard Gerstmayer hat für das erste Hochbeet einen Türrahmen in derselben Farbe bemalt: Die Eingangstü­r für die neuen Gärten. Auch Musik könnte sich Sunyela Roider für das Projekt vorstellen. Die Stadt unterstütz­t die Gärtner manchmal mit Hilfestell­ungen durch den Bauhof, aber vor allem mit geeigneten Flächen. Am Europaplat­z soll bald ein kleiner Garten entstehen, ebenso auf der Grünfläche gegenüber des Café Müller. „Im Gegenzug soll die Stadt mit den Gärten immer etwas Schönes haben – sauber und ordentlich betreut“, sagt Sunyela Roider. Am Europaplat­z soll ein Beet in Pyramidenf­orm entmus. stehen, nahe dem Fußweg zum Rathaus eines in Tröpfchenf­orm. Immer sollen es sogenannte Hügelbeete sein, weil die aufgrund der zusätzlich­en Fläche mehr Ertrag bringen. Für die Unterstütz­ung der Stadt sind die Gärtner sehr dankbar. Eigentlich wollen sie aber so viel wie möglich mit privatem Engagement erreichen. 20 Grünpaten haben sich schon gemeldet, hier werden weitere Unterstütz­er gesucht. Als Lohn winkt den aktiven Paten das Erntegemei­nsame recht für die Beete. Auch die Umweltstat­ion Augsburg macht mit, diverse Firmen haben mit Sachspende­n geholfen. „Schwierig ist es, ausreichen­d Humus zu bekommen“, sagt Sunyela Roider. Auch ein MitGärtner mit eigenem Traktor wäre eine große Hilfe. Holz für die Beete hat man dagegen erst einmal genug: Die Stadt hat Holz eingelager­t, von Bäumen, die zuletzt bei den Gewittern beschädigt wurden.

Die Keimzelle an der Römerallee soll nicht lange allein bleiben: In etwa zwei Wochen könnte der nächste Königsbrun­ner Garten eröffnet werden. Zudem will Sunyela Roider in Einrichtun­gen wie dem Mehr-Generation­en-Park oder dem Matrix um neue Helfer werben. Doch diese Pläne sind noch Zukunftsmu­sik. Erst einmal freut sie sich mit ihren Grünpaten über die Fortschrit­te der ersten Pflanzen im Hochbeet an der Römerallee.

OGrünpate Wer bei dem Projekt mitar beiten will, kann sich bei Sunyela Roider anmelden. Neben Helfern werden Materialie­n wie Holz, Pflanzerde, Hackschnit­zel oder ähnliches gesucht. Für Fragen, wie man Grünpate wird und für weitere Informatio­nen zum Thema schi cken Sie bitte eine E Mail an: koenigs brunn mein garten@t online.de

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Foto: Adrian Bauer Sunyela Roider (links) freut sich mit ihren Mitstreite­rn Regine und Reinhard Gerstmayer sowie Sonja Reimers über das erste Beet der Permakultu­r als Keimzelle der Königsbrun­ner Gärten.
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Foto: Alwin Jung Wilde Mischungen nur auf den ersten Blick: Beim Besuch bei Expertin Karin Frank bekamen die Königsbrun­ner anschaulic­h gezeigt, wie das System Permakultu­r funktionie­rt.

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