Koenigsbrunner Zeitung

Von Frauen, Smartphone­s und Tolstoi

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Jeden Tag sieht man junge Frauen, die, sobald sie die Schule, das Büro, das Fitness-Studio verlassen, ihr Smartphone zücken, um Nachrichte­n zu verschicke­n. Ich fuhr unlängst mit dem Rad an einer Bushaltest­elle vorbei und sah, wie ein etwa 17-jähriges Mädchen ein Buch las! Da wurde nichts gewischt, sie blätterte noch richtig um. Ich war so begeistert, stieg vom Rad ab und schenkte ihr zehn Euro. Ich hoffe, sie hat mich nicht für einen Pädophilen gehalten. Vielleicht das einzige Mädchen, das sich die Zeit an einer Bushaltest­elle mit einem Buch „vertreibt“.

Die Zeit berichtete von einem Bürgerstei­g in Washington, der geteilt ist. Eine Call-Phone-Lane und ein Streifen für die, die nicht mit ihrem Handy beschäftig­t sind. Sie berichtete aus Brasilien, dass dort alte Omas, die früher von Jugendlich­en über die Straße geführt worden sind, nun ihrerseits junge Menschen mit Smartphone über die Straße geleiten. Und in Augsburg haben die Stadtwerke eine Weltneuhei­t eingeführt: eine Fußgänger-Bodenampel nur für Handybenut­zer.

Es ist aber schon auffällig, dass in den letzten zehn Jahren kein einziger Artikel zu lesen war, der der Frage nachging, warum junge Frauen (die jungen Kerle schließen langsam auf) den ganzen Tag über Nachrichte­n versenden. Ich kenne den Grund, werde ihn aber noch für mich behalten (darüber zu schreiben ist gefährlich).

Der russische Schriftste­ller Tolstoi hat einmal gesagt: „Wenn ich mit einem Fuß im Grabe stehe, werde ich die Wahrheit über die Frauen sagen. Ich werde sie sagen, in meinen Sarg springen, den Deckel über mich ziehen und rufen: Jetzt macht, was ihr wollt!“Keine schlechte Devise.

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An dieser Stelle blickt der Kabarettis­t Silvano Tuiach für uns auf das Geschehen in Augsburg und der Welt.

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Zeichnung: Silvano Tuiach

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