B 2 Anwohner genießen die Ruhe – zum Teil
Die Sperrung sorgt bei den lärmgeplagten Kissingern an der Bundesstraße für Entspannung. Manche Hausbesitzer bemerken allerdings keine Veränderung, zudem klagen die Geschäftsleute über Umsatzeinbußen
Kissing Des einen Freud, des andern Leid – diese alte Weisheit gilt auch für viele Kissinger während der aktuellen Straßenbauarbeiten auf der B2, die, wie berichtet, voraussichtlich noch bis Ende kommender Woche gesperrt bleibt.
Beim Kreisverkehr, in dem man zum Auensee abbiegt, ist es derzeit ruhig: Nur wenige Autos drehen eine Runde und Schwerlaster sind weit und breit nicht zu sehen, weil schon in Mering große Schilder anzeigen, dass es nach Augsburg und Friedberg kein Durchkommen gibt; nur der Fuß- und Radweg entlang der B 2 ist während der gesamten Bauzeit nutzbar.
Normalerweise sind hier Tag für Tag 22000 Fahrzeuge unterwegs, aber jetzt hat Dirk Krüger nur wenig zu tun. Er bedient die Waschstraße beim Kissinger V-Markt und schätzt, dass mindestens ein Drittel weniger Autos kommen als sonst. Auch der Pächter der Ran-Tankstelle verzeichnet einen Umsatzrückgang. Sie wird zurzeit selbst zum Teil renoviert. Der Pächter betont aber, dass die Sanierungsarbeiten in dieser Woche nichts mit dem Straßenbau zu tun haben: „Die waren an unserer Station schon lang vorher geplant.“
Ursula und Hermann Habersetzer wohnen Richtung Mering ein ganzes Stück weit weg von der Tankstelle und haben nicht den Eindruck, dass der Verkehrslärm deutlich weniger geworden ist. Ihr Garten am Südendring ist nur durch eine Lärmschutzwand von der B2 getrennt, eine Holztür öffnet sich direkt zur Straße hinaus. „Seit der Sperrung gibt es vielleicht mal einige Sekunden lang Stille, aber das ist auch alles“, sagt der 77-jährige. Obwohl ihn und seine Frau der ständige Verkehrslärm auf der B2 schon seit vielen Jahren nervt, ist Umziehen keine Option für das Paar: „Ich bin hier in meinem Elternhaus geboren und einen alten Baum verpflanzt man nicht mehr“, stellt Habersetzer fest. Beim Bau des Hauses habe es 1935 auf der Landstraße nach Augsburg kaum Verkehr gegeben. „Wenn die Motorradfahrer heute richtig aufdrehen, ist es in unserem Garten nicht auszuhalten“, ärgert sich seine Frau.
Kein Problem hat dagegen Brigitte Wild aus Hochzoll, wenn sie zur Fußpflege nach Kissing fährt: „Da muss man halt mal einen Umweg in Kauf nehmen und wenn man sich auskennt, ist es nicht schwierig“, meint sie. Katja Horn aus Kissing ist ganz anderer Ansicht, weil sie von der Feldstraße jeden Tag zu ihrem Arbeitsplatz am Augsburger Ulrichsplatz kommen muss. „Und da sind die viel befahrenen Ausweichstrecken schon sehr lästig“, sagt sie, „denn das Radeln an der B 2 bis nach Augsburg ist mir bei 30 Grad Sommerhitze zu anstrengend.“
Elektro-Installateur Michael Eder, der B-2-Anlieger ist, sieht das Verkehrsproblem momentan ganz entspannt, weil er gerade Urlaub hat und für seine Firma von Kissing aus nicht Richtung Augsburg muss. „Einige wenige Autofahrer, die es nicht kapiert haben, drehen erstaunt zwei Runden im Kreisverkehr und dann wieder um“, sagt der Kissinger, der auch für die CSU im Gemeinderat sitzt. Für ihn und seine Familie sind die warmen Sommerabende im Garten wesentlich entspannter, seit gebaut wird: „Wegen der Sperrung und der Ferien ist es so ruhig wie selten“, freut er sich, „so könnte es von mir aus bleiben.“Bürgermeister Manfred Wolf sagt ebenfalls: „Ich sehe, dass die Anwohner an der B2 sehr begeistert sind, weil sie die Ruhe genießen.“Die Kissinger im Alt-Ort, wo der Verkehr deutlich zugenommen hat, würden allerdings unter der Sperrung leiden.
Einige Autofahrer nutzen die AIC 12 als Ausweichroute. Es werde deutlich, was es bedeute, an einer viel befahrenen Straße zu wohnen. „Ich denke, die Akzeptanz für eine Umgehungsstraße B 2 neu wird größer“, sagt Wolf. Schon lange setzt sich der Bürgermeister für dieses Projekt ein. Als Teil der Osttangente soll es in Zukunft verwirklicht werden.