Ungarn will weiter keine Flüchtlinge aufnehmen
Gerichtshof bestätigt die Verteilung von Asylbewerbern in Europa. Doch Budapest bleibt hart. Helfen nur noch Zwangsgelder?
Luxemburg Höchstrichterlich entschieden: Auch Ungarn und die Slowakei müssen Flüchtlinge aufnehmen und können sich nicht von EUBeschlüssen ausnehmen. Inwieweit sie dem Richterspruch Folge leisten werden, ist unklar. Die Regierung in Budapest reagierte jedenfalls empört und kündigte umgehend an, sich nicht an die Entscheidung halten zu wollen.
Beide Länder hatten gegen die Umverteilung von Flüchtlingen innerhalb Europas geklagt. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) erklärte den EU-Beschluss von 2015 zur Verteilung von bis zu 120 000 Schutzsuchenden für rechtens. Die EU-Kommission will im äußersten Fall Zwangsgelder einfordern, falls sich Ungarn weiterhin weigert, sein Kontingent von Flüchtlingen aufzunehmen.
Ungarns Außenminis ter Peter Szijjarto
„Die Mitgliedstaaten sind rechtlich und politisch, ja sogar moralisch verpflichtet, ihren Anteil zu leisten“, sagte EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos.
Die EU-Innenminister hatten sich angesichts des großen Flüchtlingszustroms am 22. September 2015 gegen den Widerstand von Ungarn, der Slowakei sowie Rumänien und Tschechien darauf verständigt, Flüchtlinge aus Griechenland und Italien auf andere EU-Länder zu verteilen. Betroffen sind Menschen, die gute Chancen auf Asyl haben, etwa weil sie aus dem Bürgerkriegsland Syrien kommen.
Nach Ansicht der Luxemburger Richter ist der damals von den EUStaaten mehrheitlich getroffene Beschluss einwandfrei. Die vorläufige und auf zwei Jahre begrenzte Um- verteilung von Flüchtlingen habe weder einstimmig noch unter Einbeziehung der nationalen Parlamente beschlossen werden müssen. Sie sei außerdem ein geeignetes Mittel gewesen, um die Ankunftsländer Griechenland und Italien zu entlasten, erklärten sie.
„Das Urteil ist eine politische Entscheidung. Die Politik hat das europäische Recht, die europäischen Werte vergewaltigt“, wies Ungarns Außenminister Peter Szijjarto den Richterspruch zurück. „Diese Entscheidung setzt die Europäische Kommission, setzt Brüsseler Behörden über die Nationen. Das ist inakzeptabel.“Sein Land werde auch weiterhin keine Flüchtlinge aufnehmen. „Die wahre Schlacht beginnt erst jetzt“, meinte Szijjarto.
Auch die polnische Ministerpräsidentin Beata Szydlo erklärte, das Urteil ändere nichts am Standpunkt der polnischen Regierung in der Migrationspolitik. Das Land will keine Flüchtlinge im Rahmen der Quotenregelung aufnehmen. Ungarn müsste nach derzeitigem Stand eigentlich 1294 Flüchtlinge aufnehmen, Polen 6182 und die Slowakei 902. Budapest hat bislang im Rahmen der Umverteilung nicht einen Flüchtling akzeptiert, Bratislava kaum mehr als ein Dutzend.
Die Slowakei erklärte, das Urteil zähneknirschend zu akzeptieren. Man wolle zum Kern der EU gehören und solidarisch sein, erklärte Regierungschef Robert Fico. Trotzdem kritisierte er die Entscheidung der EU, gegen die sein Land und Ungarn geklagt hatten, als „ungerecht“. Die Flüchtlinge wollten nicht in die Slowakei kommen, erklärte der Sozialdemokrat.
Außenminister Gabriel (SPD) forderte Ungarn zum Einlenken auf: „Wir können jetzt auch erwarten und wir erwarten auch, dass sich alle europäischen Partner an das Urteil halten und die Beschlüsse jetzt ohne weiteres Zögern umsetzen“, sagte er. »Kommentar, Politik
„Die wahre Schlacht beginnt erst jetzt.“