Flächenfraß auf dem Lechfeld
Die Grünen kritisieren massiven Landverbrauch und fordern eine Obergrenze. Ein Bürgermeister hat nun die Nase voll. »Lokales
Grünen kritisieren den massiven Landverbrauch und fordern eine Obergrenze. Bürgermeister hat die Nase voll
Graben Ludwig Hartmann sieht sich gezwungen, „die Notbremse zu ziehen“. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag steht vor dem Amazon Logistikzentrum in Graben, das vor sechs Jahren den Betrieb aufnahm. Er zeigt auf die Lagerhallen, die dazugehörigen Parkplätze und spricht von einem „extrem gravierenden Beispiel“von Flächenverbrauch. Er und der Grünen-Bundestagskandidat für den Landkreis Augsburg, Franz Bossek, wollen auf dem Lechfeld für ein geplantes Volksbegehren aufmerksam machen, das den Flächenverbrauch reduzieren soll.
„Unsere Heimat schützen – Betonflut eindämmen“heißt das Volksbegehren der Grünen, das am Freitag um 11 Uhr gestartet werden soll; unterstützt wird es unter anderem von der ÖDP. Damit wollen die Parteien erreichen, dass im Landesplanungsgesetz eine Höchstgrenze für den Flächenverbrauch von fünf Hektar am Tag festgesetzt wird, die ab dem Jahr 2020 an eingehalten werden muss. Man könne das gleiche Angebot anbieten, wenn man in der Höhe baue, sagt Hartmann. Momentan beträgt der bayernweite Flächenfraß 13,1 Hektar – das entspricht einer Fläche von 18 Fußballfeldern. Die Grünen bezeichnen das Lechfeld in einer Pressemitteilung als „krasses Beispiel für hemmungslosen Flächenverbrauch“– dem widersprechen zwei Bürgermeister entschieden.
Andreas Scharf (Graben) hat die „Nase voll“von dieser Form der Politik: „Jeder drischt nur noch auf das Lechfeld ein. Der Flächenfraß ist ein wichtiges Thema, das zu Recht diskutiert werden muss. Das Lechfeld ist jedoch das mit Abstand schlechteste Beispiel dafür.“Die Kritik der Grünen am Flächenverbrauch ist groß: Ortskerne sterben wegen Neubaugebieten aus, landwirtschaftliche Fläche wird vernichtet, die Lebensqualität und die touristische Attraktivität sinken und das Landschaftsbild wird zerstört. Hartmann kritisiert, dass durchschnittlich 40 Prozent der Fläche bei Gewerbegebieten durch Straßen und Parkplätze verbraucht werden. „Wir müssen zu einem gesunden Maß zurückkehren“, fordert Hartmann. Das Rückgrat der bayerischen Wirtschaft ist ihm zufolge der Mittelstand und sind nicht die Logistikzentren. Diese würden einen zunehmenden Lkw-Verkehr verursachen, außerdem würden die Einnahmen meist einmalig bleiben – und zwar beim Grundstücksverkauf. „Man verscherbelt das Land“, sagt Bossek.
Grabens Bürgermeister Scharf kann diese Kritik nicht nachvollziehen. „Wir haben Einnahmen an Grund- und Gewerbesteuern im siebenstelligen Bereich. Auf unserem Gewerbegebiet sind sehr gute Gewerbesteuerzahler dabei.“Das Lechfeld war laut Scharf über mehrere Jahrzehnte hinweg völlig auf den Flugplatz Lechfeld und die Arbeitsplätze der Bundeswehr angewiesen. Erst durch den Ausbau der B 17 kamen große Unternehmen, die auch mehreren Hundert ungelernten Arbeitskräften eine Beschäftigung boten, die zuvor von staatlicher Unterstützung lebten, so Scharf. Bürgermeister Rupert Fiehl aus Kleinaitingen hebt hervor, dass sich die Lechfeldgemeinden darum kümmern, dass Arbeitsplätze vor Ort entstehen.
„Wir holzen keine riesigen Wälder ab, der Boden ist sehr karg und kann nur unter Einsatz von großen Mengen Kunstdünger erfolgreich bewirtschaftet werden“, so Fiehl in einer Stellungnahme. Heinz Liebert, Stellvertreter des Landrats, sprach vor Kurzem beim Spatenstich der Firma Siegmund in Oberottmarshausen davon, dass man neben dem Flächenverbrauch auch die wirtschaftliche Entwicklung betrachten müsse: „Ich habe lieber einen Spatenstich, als dass ich eine Schule schließe.“
Der Weg für die Grünen ist lang, um den Flächenverbrauch gesetzlich einzudämmen. Zunächst müssen mindestens 25 000 Wahlberechtigte das Volksbegehren befürworten. Dann entscheidet das Innenministerium über seine Zulässigkeit. Ist das der Fall, müssen sich innerhalb von 14 Tagen zehn Prozent der Wahlberechtigten dafür aussprechen. Seit 1946 wurden in Bayern 20 Volksbegehren zugelassen, von denen nur acht die notwendige Eintragung erzielen konnten.