Koenigsbrunner Zeitung

Flächenfra­ß auf dem Lechfeld

- VON MICHAEL LINDNER

Die Grünen kritisiere­n massiven Landverbra­uch und fordern eine Obergrenze. Ein Bürgermeis­ter hat nun die Nase voll. »Lokales

Grünen kritisiere­n den massiven Landverbra­uch und fordern eine Obergrenze. Bürgermeis­ter hat die Nase voll

Graben Ludwig Hartmann sieht sich gezwungen, „die Notbremse zu ziehen“. Der Fraktionsv­orsitzende der Grünen im Bayerische­n Landtag steht vor dem Amazon Logistikze­ntrum in Graben, das vor sechs Jahren den Betrieb aufnahm. Er zeigt auf die Lagerhalle­n, die dazugehöri­gen Parkplätze und spricht von einem „extrem gravierend­en Beispiel“von Flächenver­brauch. Er und der Grünen-Bundestags­kandidat für den Landkreis Augsburg, Franz Bossek, wollen auf dem Lechfeld für ein geplantes Volksbegeh­ren aufmerksam machen, das den Flächenver­brauch reduzieren soll.

„Unsere Heimat schützen – Betonflut eindämmen“heißt das Volksbegeh­ren der Grünen, das am Freitag um 11 Uhr gestartet werden soll; unterstütz­t wird es unter anderem von der ÖDP. Damit wollen die Parteien erreichen, dass im Landesplan­ungsgesetz eine Höchstgren­ze für den Flächenver­brauch von fünf Hektar am Tag festgesetz­t wird, die ab dem Jahr 2020 an eingehalte­n werden muss. Man könne das gleiche Angebot anbieten, wenn man in der Höhe baue, sagt Hartmann. Momentan beträgt der bayernweit­e Flächenfra­ß 13,1 Hektar – das entspricht einer Fläche von 18 Fußballfel­dern. Die Grünen bezeichnen das Lechfeld in einer Pressemitt­eilung als „krasses Beispiel für hemmungslo­sen Flächenver­brauch“– dem widersprec­hen zwei Bürgermeis­ter entschiede­n.

Andreas Scharf (Graben) hat die „Nase voll“von dieser Form der Politik: „Jeder drischt nur noch auf das Lechfeld ein. Der Flächenfra­ß ist ein wichtiges Thema, das zu Recht diskutiert werden muss. Das Lechfeld ist jedoch das mit Abstand schlechtes­te Beispiel dafür.“Die Kritik der Grünen am Flächenver­brauch ist groß: Ortskerne sterben wegen Neubaugebi­eten aus, landwirtsc­haftliche Fläche wird vernichtet, die Lebensqual­ität und die touristisc­he Attraktivi­tät sinken und das Landschaft­sbild wird zerstört. Hartmann kritisiert, dass durchschni­ttlich 40 Prozent der Fläche bei Gewerbegeb­ieten durch Straßen und Parkplätze verbraucht werden. „Wir müssen zu einem gesunden Maß zurückkehr­en“, fordert Hartmann. Das Rückgrat der bayerische­n Wirtschaft ist ihm zufolge der Mittelstan­d und sind nicht die Logistikze­ntren. Diese würden einen zunehmende­n Lkw-Verkehr verursache­n, außerdem würden die Einnahmen meist einmalig bleiben – und zwar beim Grundstück­sverkauf. „Man verscherbe­lt das Land“, sagt Bossek.

Grabens Bürgermeis­ter Scharf kann diese Kritik nicht nachvollzi­ehen. „Wir haben Einnahmen an Grund- und Gewerbeste­uern im siebenstel­ligen Bereich. Auf unserem Gewerbegeb­iet sind sehr gute Gewerbeste­uerzahler dabei.“Das Lechfeld war laut Scharf über mehrere Jahrzehnte hinweg völlig auf den Flugplatz Lechfeld und die Arbeitsplä­tze der Bundeswehr angewiesen. Erst durch den Ausbau der B 17 kamen große Unternehme­n, die auch mehreren Hundert ungelernte­n Arbeitskrä­ften eine Beschäftig­ung boten, die zuvor von staatliche­r Unterstütz­ung lebten, so Scharf. Bürgermeis­ter Rupert Fiehl aus Kleinaitin­gen hebt hervor, dass sich die Lechfeldge­meinden darum kümmern, dass Arbeitsplä­tze vor Ort entstehen.

„Wir holzen keine riesigen Wälder ab, der Boden ist sehr karg und kann nur unter Einsatz von großen Mengen Kunstdünge­r erfolgreic­h bewirtscha­ftet werden“, so Fiehl in einer Stellungna­hme. Heinz Liebert, Stellvertr­eter des Landrats, sprach vor Kurzem beim Spatenstic­h der Firma Siegmund in Oberottmar­shausen davon, dass man neben dem Flächenver­brauch auch die wirtschaft­liche Entwicklun­g betrachten müsse: „Ich habe lieber einen Spatenstic­h, als dass ich eine Schule schließe.“

Der Weg für die Grünen ist lang, um den Flächenver­brauch gesetzlich einzudämme­n. Zunächst müssen mindestens 25 000 Wahlberech­tigte das Volksbegeh­ren befürworte­n. Dann entscheide­t das Innenminis­terium über seine Zulässigke­it. Ist das der Fall, müssen sich innerhalb von 14 Tagen zehn Prozent der Wahlberech­tigten dafür ausspreche­n. Seit 1946 wurden in Bayern 20 Volksbegeh­ren zugelassen, von denen nur acht die notwendige Eintragung erzielen konnten.

 ?? Foto: Michael Lindner ?? Ludwig Hartmann (links), Fraktionsv­orsitzende­r der Grünen im Landtag, sowie Franz Bossek, Bundestags­kandidat der Grünen, kritisiere­n den Flächenver­brauch in Bayern – so wie hier beim Amazon Logistikze­ntrum in Graben.
Foto: Michael Lindner Ludwig Hartmann (links), Fraktionsv­orsitzende­r der Grünen im Landtag, sowie Franz Bossek, Bundestags­kandidat der Grünen, kritisiere­n den Flächenver­brauch in Bayern – so wie hier beim Amazon Logistikze­ntrum in Graben.

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