Koenigsbrunner Zeitung

In Augsburg herrscht der Wilde Westen

- VON ALEXANDER RUPFLIN

Viele Menschen begeistern sich für die amerikanis­che Kultur, für Cowboys, Cowgirls und das Reiten. Derzeit werden sie auf der Americana fündig – und geben dort viel Geld aus

Augsburg Man muss schon an Karl May und den von ihm beschriebe­nen Mythos des Wilden Westens denken, wenn man dieser Tage durch das Augsburger Messezentr­um geht. Bereits vom Parkplatz aus riecht es nach Pferd, Heu und Leder. Alle zwei Jahre öffnet hier die Westernaus­stellung „Americana“ihre Pforten. Und wer einmal da hineingefu­nden hat, der fragt sich kurz, in welches Jahrhunder­t man gestolpert ist. Gleich am Eingang gerät man an den Italiener Roberto Cesaron, der einem überschwän­glich von den neuen Chaps, den Lederüberh­osen eines waschechte­n Cowboys, erzählt, die er im Sortiment hat. Einzelstüc­ke, alles handgefert­igt, 50 Prozent für den amerikanis­chen Markt, den Rest für Europa. Und man sehe sich doch bitte dieses Exemplar an. Mehrere tausend Swarovski-Steine, echte Silberverz­ierungen, Kalbsleder, die Muster alles in präziser Handarbeit gefertigt. Preis: 8000 Euro. Wer das kauft? Cesaron lacht. Viele, sagt er, viele.

331 Aussteller sind dieses Jahr aus zwölf Nationen angereist. Und sie bieten alles feil, was sich Cowboy und -girl nur vorstellen können. Gürtelschn­allen, Cowboystie­fel, Cowboyhut, Reitgerten, Zaumzeug, Sattel, Satteldeck­en. Von möglichst originalge­treu bis Neonpink. Wer es aushält, kann sich um 11 Uhr vormittags Emanuel Lässer über den Cowboy Mythos

den ersten Whisky einschenke­n lassen. Emanuel Lässer ist so einer, natürlich reine Verkostung, mal schauen, was die Konkurrenz dieses Jahr so anbietet. Er selbst stellt die Tage Boots und Sattel aus. Gerade bei den Sätteln hätte sich eine Menge getan in den letzten Jahren. Durch neue Technologi­en kann man diese jetzt noch exakter an Pferd und Reiter anpassen. Das kann schon 4000 Euro kosten, aber wenigstens reitet es sich dann für Tier wie Halter schmerzfre­i, verspricht Lässer. Was dieser CowboyMyth­os für ihn ausmache? „Das ist eine Lebensweis­e. Es geht um Unbeschwer­theit und Freiheit und vor allem nicht um Politik.“Ginge es nämlich um Politik, insbesonde­re amerikanis­che Politik, „dann müssten hier aktuell alle Flaggen weg“, sagt er und nickt in Richtung all der Stars and Stripes, die an beinahe jedem Stand hängen.

Ja, es geht um einen Lifestyle, der an diesen Tagen gelebt und verkauft wird. Darum kommt auch Saskia Van Wyn seit über zwanzig Jahren her, seit einiger Zeit auch mit ihrer Tochter Rosa, die längst vom Pferdefieb­er der Mama angesteckt wurde. „Hier trifft man Bekannte und Leute aus der Szene.“Es fasziniere sie der Umgang mit den Pferden im Westernrei­tsport. Da geht es mehr um die Beziehung zwischen Mensch und Tier und das Pferd wird nicht behandelt wie ein Turngerät. Natürlich ist Van Wyn leidenscha­ftliche Reiterin und sie gesteht gerne, dass es sich hierbei um ein kostspieli­ges Hobby handelt. Es gibt ja immer etwas Neues oder die alten Sachen von der letzten Messe sind schlicht abgenutzt.

Auch die anderen Kunden loben das enorm umfangreic­he und qualitativ hochwertig­e Angebot. Am Er- öffnungsta­g geht es im Gegensatz zum Wochenende verhältnis­mäßig entspannt zu, in den Hallen herrscht kein allzu großer Andrang. Unter den Besuchern finden sich einige, die sich extra zu Hause lange Einkaufsli­sten Die „Americana“ist Europas führen de Messe rund ums Westernrei­ten. Hier präsentier­en noch bis zum Sonntag, 10. September, 331 Aussteller aus zwölf Ländern ihr aktu elles Angebot für das Western und Freizeitre­iten. Zudem werden in vier Foren und Showringen ein umfangreic­hes Reitprogra­mm ange boten. Von der Vorführung ver schiedener Trainingsm­ethoden und tipps bis hin zu Wettkämpfe­n des Westernrei­tsports. Für das Finale am Freitag sind noch Restkarten ver fügbar. Das gesamte Programm fin den Interessie­rte unter www.ame ricana.de. Eine normale Tageskarte kostet online 20,50 Euro. (alru) geschriebe­n haben, um einerseits bloß nichts zu vergessen und anderersei­ts bloß nicht noch mehr zu kaufen als notwendig.

Aber: Was wäre am Ende ein Cowboy ohne passenden Hut? Wolfgang Day, der selbst seit 1973 beinahe täglich nur mit einem solchen vor die Tür geht, hat für jeden die perfekte Kopfbedeck­ung. Zum Beispiel ein Exemplar aus handbearbe­itetem Biberbauch­haar, nicht gefärbt. Fühlt sich toll an und ist wasserabwe­isend. Der Preis allerdings könnte selbst hartgesott­ene Cowboys aus dem Sattel werfen.

Wer es hingegen weniger mit Cowboys, aber dafür mit Indianern hat, ist auf der Americana ebenso richtig, kann an einigen Ständen sogar amerikanis­che Ureinwohne­r kennenlern­en. Wie Shoshaha Odon, der für die Messe aus Arizona angereist ist und vom Traumfänge­r bis zu CDs mit indianisch­er Musik alles anbietet, was Europäer brauchen könnten. Ob sich die weite Anreise für ihn lohnt? Wortkarg zuckt er mit den Schultern. Man wird sehen.

„Es geht um Unbeschwer­theit und Freiheit – und vor allem nicht um Politik.“ Das ist die Americana

 ?? Fotos: Annette Zoepf ?? Das gefällt so manchem Cowboy: Roberto Cesaron bietet auf der Americana „Chaps“mit Svarowski Steinen und Silberverz­ierung an. Das sind Lederüberh­osen für den Westernrei­ter.
Fotos: Annette Zoepf Das gefällt so manchem Cowboy: Roberto Cesaron bietet auf der Americana „Chaps“mit Svarowski Steinen und Silberverz­ierung an. Das sind Lederüberh­osen für den Westernrei­ter.

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