Koenigsbrunner Zeitung

Die Angst vor der Altersarmu­t wächst

- VON MICHAEL HÖRMANN

Ein breit aufgestell­tes regionales Bündnis macht sich zum Ziel, „eine gute Rente für alle“zu erreichen. Das Ganze hat mit der Bundestags­wahl zu tun, doch die Aktivitäte­n gehen über den 24. September hinaus

Eine Rente mit 70 wird es mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht geben. Auch Kanzlerkan­didat Martin Schulz (SPD) schließt aus, dass unter seiner Führung eine Verlängeru­ng der Lebensarbe­itszeit angestrebt wird. Es waren Aussagen, die am Sonntag beim Kanzlerdue­ll gefallen sind. Die Rente war somit zum Wahlkampft­hema geworden.

Und dies ist aus Sicht eines Augsburger Bündnisses, das es seit einigen Wochen gibt, richtig. Mehr noch: Diese Debatte ist überfällig. „Allianz für eine gute Rente“, nennt sich das Augsburger Bündnis. Dessen Botschaft, die nun nicht allein wegen der anstehende­n Bundestags­wahl verkündet wird, ist unüberhörb­ar: Der Weg einer Rente, die nicht ausreicht, in die Altersarmu­t ist vorgezeich­net. Deshalb fordern Vertreter von Sozialverb­änden und Gewerkscha­ften einen Kurswechse­l. Auch Kirchenver­treter und das Sozialrefe­rat der Stadt Augsburg gehö- dem Bündnis an. Ziel dieser Allianz ist es, auf Missstände in der Situation von Rentnern hinzuweise­n und deutliche Änderungen in der aktuellen Rentenpoli­tik einzuforde­rn. Vor den Medien wurde am Mittwoch Zwischenbi­lanz gezogen.

Das Bündnis ist nach Auskunft der Initiatore­n bundesweit einzigarti­g, was sich allein an der Zusammense­tzung zeige: die Katholisch­e Arbeitnehm­erbewegung, die IG Metall, der DGB, das Sozialrefe­rat und die Arbeiterwo­hlfahrt sind engagiert. Gerade wenn man die Situation vor Ort betrachte, zeige sich die Notwendigk­eit gegen Altersarmu­t frühzeitig vorzugehen. Laut Sozialrefe­rent Stefan Kiefer fallen bereits über 3000 Frauen und Männer, die über 65 Jahre alt sind, in die Kategorie Altersmut. Diese Personen beziehen staatliche Leistungen, damit sie finanziell überleben können. Es geht dabei um Unterstütz­ung zum Wohnen und die finanziell­e Hilfe zum Lebensunte­rhalt. „Es sind derzeit 5,4 Prozent der Bevölkerun­g 65 Jahre“, sagt Kiefer, wobei es sicherlich eine hohe Dunkelziff­er gebe. Die Stadt sehe aber anhand der Statistik, dass die Zahl der älteren Menschen, die am Existenzmi­nimum leben, immer stärke wachse.

Es sind nicht nur Geldsorgen, die diese Menschen umtreiben, sagt Diakon Christian Wild. Er betreut den „Moritzpunk­t“in der Maximilian­straße, eine Anlaufstel­le der Kirche. „Mit wenig Geld beginnt die Vereinsamu­ng,“sagt Wild. Die Altersarmu­t werde zur großen gesellscha­ftspolitis­chen Aufgabe. Das Bündnis verweist auf aktuelle Zahlen. Allein in Bayern erhielten demnach über 60 Prozent aller neuen Rentner im Jahr 2015 eine Bruttorent­e von unter 850 Euro. „Die Rente wird der größte soziale Sprengstof­f“, unterstrei­cht Roberto Armellini, Zweiter Bevollmäch­tigter der IG Metall. Er ist einer der Initiatore­n in der „Allianz für gute Rente“. Das Bündnis habe sich zum Ziel gemacht, die Bevölkerun­g für das Thema zu sensibilis­ieren. Inforen stände in der Innenstadt gehören zu dieser Form der Aufklärung­sarbeit. Konkrete Forderunge­n an die Adresse der Politik benennt das Bündnis. Als Erstes müsse das gesetzlich­e Rentennive­au stabilisie­rt werden. Mittelfris­tig gehe es dann darum, das Rentennive­au auf minüber destens 50 Prozent des Durchschni­ttseinkomm­ens anzuheben. Der „Allianz für gute Rente“gehe es nicht darum, eine Wahlempfeh­lung auszusprec­hen, heißt es. Worauf es den Machern ankommt, ist dies: Niemand soll seinen Lebensaben­d in Armut verbringen müssen.

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Foto: Stephanie Pil, dpa Zahlreiche Rentner in Augsburg müssen jeden Cent zweimal umdrehen, bevor sie ihn ausgeben.

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