Koenigsbrunner Zeitung

Wie das Tipi und die Jurte in die Stauden kamen

- VON MARCUS ANGELE

Karl Markgraf bereist die ganze Welt und bringt das Gefühl von Freiheit auf eine Wiese bei Scherstett­en

Scherstett­en Im Osten von Scherstett­en, Richtung Schwabegg, findet sich ein herrliches Plätzchen zum Entspannen und Krafttanke­n. Errichtet hat dieses Idyll vor etwa zehn Jahren die Schwabmünc­hner Fahrlehrer-Ikone Karl Markgraf. Nicht nur der Weite Blick über Scherstett­en, über Wiesen und Wälder, sondern vor allem eine große Blumenwies­e lädt zum Verweilen ein. An deren Ende überrasche­n eine echte mongolisch­e Jurte und ein IndianerTi­pi. Die Jurte hat Markgraf von einer Motorradre­ise aus der Mongolei mitgebrach­t. Mittlerwei­le kommen viele Kindergärt­en, und einzelne Besucher auf die Anhöhe, lernen die Lebensweis­e der Indianer kennen, sitzen entspannt am Lagerfeuer oder genießen einfach nur die Ruhe, die dieser Ort ausstrahlt. Karl Markgraf ist es auch sehr wichtig, dass alle die möchten, gerne an seinem kleinen Paradies teilhaben dürfen.

„Vielleicht hat ja alles schon in einem früheren Leben angefangen“, sagt Karl Markgraf, „da war ich bestimmt Cowboy oder Indianer oder vielleicht auch Mongole“.

Weit über Scherstett­en auf dem Klafferber­g genießt er in seinem Klappstuhl den Ausblick und die Ruhe. Neben ihm freut sich sein treuer Begleiter Nanouk, ein kleiner Husky-Spitz, mit geschlosse­nen Augen über seine Streichele­inheiten. Gerne empfängt Markgraf hier auch Besuch von Reiter- und Fahrradgru­ppen oder zufällig vorbeikomm­enden Wanderern und erzählt ihnen Geschichte­n über seine Motorradre­isen nach Amerika, Afrika oder in die Mongolei. Besonders schön findet Markgraf, wenn er abends mit einer Kindergart­engruppe am Lagerfeuer sitzt, vom Leben anderer Völker erzählt und die Kleinen gespannt an seinen Lippen hängen. Natürlich dürfen die Kinder auch in die Jurte oder ins Tipi und sich dort passend kleiden, spielen und sogar übernachte­n.

Karl, von seinen Freunden „Kar- re“genannt, legt ein Holzscheit am Lagerfeuer nach und erzählt von vielen Reisen. Sie begannen eigentlich schon kurz nach seiner Geburt – damals allerdings mit traurigem Hintergrun­d. Nach Kriegsende 1945 wurde er über Nacht mit einem Teil seiner Familie aus dem tschechisc­hen Brünn vertrieben und in einen Viehwaggon gepfercht. Das Kärtchen mit der Nummer 13 des Wagens hat er heute noch. Nach vielen Stationen erreichte er dann 1947 Scherstett­en, dass seine Heimat bis heute werden sollte.

Markgraf zog es von hier immer schon in die weite Welt. Bereits als Kind träumte er von Cowboys, Indianern und Pferden. Ein Schreibtis­ch-Job kam für ihn nie in Frage. Es dauerte aber bis 1986, bis er seine schlummern­den Kinder- und Jugendträu­me in die Tat umsetzte und mit seinem Motorrad nach Amerika reiste. Es war ein unglaublic­hes Gefühl wie Peter Fonda im Film „Born to be wild“mit der Harley Davidson quer durch den Kontinent von New York bis San Francisco zu fahren. Weitere Reisen in die USA organisier­te er teilweise zusammen mit ehemaligen Fahrschüle­rn und Freunden und besuchte dort unter anderem die größten Harley-Treffen. „Da fährst du Kilometer weit und es steht ein wunderschö­nes Motorrad nach dem anderen“schildert er mit glänzenden Augen.

Aber nicht nur auf seinem Bike „reitet“er durch die Gegend, auch auf echten Pferden macht er keine schlechte Figur. Mit einem NavajoIndi­aner, der ihn auf gut bayerisch zum „Aufhocka“auf das Pferd auffordert­e, durchquert­e er zum Beispiel das Monument Valley. Bei den Navajos kam ihm auch die Idee, zu Hause ein Tipi aufzustell­en. Lachend fügt er hier noch hinzu, dass die Indianer von heute noch immer Mustangs vor der Behausung haben - allerdings Ford Mustangs.

Außerdem entstand damals in Nevada noch eine Leidenscha­ft: Wüsten zu erkunden und zu durchquere­n. So machte sich Karre in den folgenden Jahren zu den größten Wüsten der Erde auf. Dabei lernte er die unendliche­n Weiten Afrikas kennen – und lieben. Die Sahara, Marokko, Algerien, Libyen und Namibia befuhr er mit einer 600er Yamaha. Und schon damals ließ er andere an seinen Erlebnisse­n teilhaben, wenn er danach mit Dia-Vorträgen von seinen Reisen berichtete. Er sagt aber auch „Motorradfa­hren in der Wüste kann man nicht beschreibe­n - Wüste muss man Leben und Erleben“. Im Jahr 2008 sattelten er und zwei Freunde dann die Motorräder für einen 10 000 Kilometer langen, ungewissen und spannenden Trip zur Wüste Gobi in die Mongolei. Nach drei Wochen erreichten sie ihr Ziel und waren geplättet von der unendliche­n Weite des Landes, von den welligen Hügeln und den fließenden Tälern. Es wird auch das Land der Winde genannt, denn sagenmäßig weht hier Dschingis Khan von den Bergen des Altai-Gebirges ins Land.

Hier fielen Karre von der Weite die „weiße Pilze“auf, die bei näherer Betrachtun­g Jurten waren. Spontan dachte er an sein Tipi in Scherstett­en, stellte sich die Erweiterun­g mit der Jurte vor und kaufte sich eine mongolisch­e Behausung. Im Container wurde diese dann Richtung Heimat verschifft.

Mittlerwei­le war Markgraf schon dreimal in der Mongolei. Das Reisen möchte er nicht aufgeben - am liebsten natürlich weiter mit seinem Motorrad. Für ihn ist das ein Stück Freiheit, und er freut sich, dass er in 37 Jahren als Fahrlehrer vielen Schülern dieses Gefühl vermitteln konnte.

Da wird Karl Markgraf auch mal poetisch: „Reisen ist die Heimat des Zufalls. Es waren bisher viele wunderbare Zufälle und Begegnunge­n dabei und ich wollte und will immer noch dem Risiko Neues zu entdecken begegnen.“

„Motorradfa­hren in der Wüste kann man nicht beschreibe­n Wüste muss man leben und erleben.“

Karl Markgraf

 ?? Fotos: Marcus Angele ?? Gerne reiten und wandern Besucher an Karre´s „Himmelreic­h“vorbei und genießen den herrlichen Anblick der Blumenwies­e. Karl Markgraf erzählt gerne von seinen Erlebnisse­n. In seiner mongolisch­en Jurte hören hier zum Beispiel die Kinder des Hurlacher...
Fotos: Marcus Angele Gerne reiten und wandern Besucher an Karre´s „Himmelreic­h“vorbei und genießen den herrlichen Anblick der Blumenwies­e. Karl Markgraf erzählt gerne von seinen Erlebnisse­n. In seiner mongolisch­en Jurte hören hier zum Beispiel die Kinder des Hurlacher...
 ??  ??
 ??  ?? Karl Markgraf schätzt die Weiten ferner Länder und seine Heimat Scherstett­en.
Karl Markgraf schätzt die Weiten ferner Länder und seine Heimat Scherstett­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany