Koenigsbrunner Zeitung

Wie ein Thriller

-

Die Doku „Terrorjagd im Netz“ist ein Plädoyer gegen Massenüber­wachung

Arte, 20.15 Uhr 14 Anschläge, 32 Attentäter, 429 Tote und 2472 Verletzte. Das ist die Bilanz des Terrors in der westlichen Welt seit 2005. Die Arte-Doku „Terrorjagd im Netz“geht tief in die Details: Jedes Mal sei einer der Täter polizeibek­annt gewesen. Jedes Mal habe ein Netzwerk dahinterge­steckt. Jedes Mal habe es elektronis­che Kommunikat­ion gegeben. Wie konnte das trotz Massenüber­wachung passieren?

Die Dokumentat­ion könnte stellenwei­se als Thriller durchgehen: So treffen sich IT- und Terrorexpe­rten nachts auf menschenle­eren Straßen, um an einer Überwachun­gslösung zu arbeiten. Der Film ist ein Plädoyer gegen Massenüber­wachung. Whistleblo­wer Edward Snowden darf darauf hinweisen, dass die breite Überwachun­g die Anschläge von Boston und Brüssel nicht verhindert habe. Der frühere Leiter der CyberSecur­ity der britischen Regierung zweifelt an der Wirksamkei­t der bisherigen Methoden. Nur ein Befürworte­r, ein Verteidige­r der Massenüber­wachung kommt nicht zu Wort – ein kleines Manko des Films.

Ein Start-up will über öffentlich zugänglich­e Kanäle potenziell­e Terroriste­n entlarven. Ein Datenanaly­st erklärt, dass er dafür bloß Informatio­nen von sozialen Netzwerken, Blogs und einigen Websites im Darknet, dem anonymen Teil des Internets, brauche. Auch Zuschauer, die bei derartigen Themen eher abschalten, dürfte das interessie­ren. Denn die Entwicklun­g ist nicht neu: Ein ähnliches Werkzeug wurde Ende der 1990er Jahre entwickelt, doch es wird unter Verschluss gehalten. Juristisch­e Versuche, die Erfinder von einst zum Schweigen zu bringen, lassen die Dokumentat­ion fast zum Polit-Krimi werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany