Damit Drohnen nicht zur Gefahr werden
Ob Flughafen oder Großveranstaltung: Die kleinen Fluggeräte sind nicht überall erlaubt. Das Unternehmen ESG hat die Technik, um sie abzuwehren, und testet sie in Aichach auf Herz und Nieren
Aichach Stellen Sie sich vor, Ihr Urlaubsflieger startet gerade, während ein Quadrokopter vor Ihrem Fenster vorbeischwebt. Bei irgendeinem zwölfjährigen Bengel war das Fluggerät im Geburtstagsgeschenke-Stapel. Nun will er mit seinen Freunden einen Härtetest durchziehen. Für solche Fälle haben die Flughäfen Firmen wie die ESG (Elektroniksystemund Logistik-GmbH) aus München engagiert. Sie überwachen den Luftraum auf unerlaubte Drohnen. Falls solche Fluggeräte unterwegs sind, verhindern sie, dass sie zur Gefahr werden.
Ulrich-Joachim Müller, bei ESG zuständig für die Unternehmenskommunikation, verdeutlicht die Bandbreite denkbarer Szenarien: „Das reicht vom unsachgemäßen Gebrauch bis zu kriminellen Hintergründen.“Falls eine Drohne beispielsweise an einem Flughafen nicht rechtzeitig entdeckt werde, könne sie schlimmstenfalls mit einem Flugzeug zusammenstoßen. Schon mehrfach gab es beispielsweise am Münchner Flughafen brenzlige Situationen, weil Drohnen den Fliegern gefährlich nahe kamen. „Aber es reicht ja schon, wenn der Flugbetrieb gestört wird“, sagt Müller. Auch für größere Einsätze sind die ESG-Ingenieure und -Techniker gefragt – zuletzt beim G20-Gipfel im Juli in Hamburg. Hier kam ein Teil ihres modularen Drohnenabwehrsystems – genannt „Guardion“– zum Einsatz.
Immer wieder einmal stehen die Mitarbeiter aber auch mit ihrem Transporter voller elektronischer Gerätschaften auf dem Aichacher Flugplatz. Hier testen sie neue Programme und Bauteile. Die Firma habe dort die nötige Infrastruktur und der Weg sei ja auch nicht weit, sagt Müller.
Daniela Hildenbrand ist als Produkt-Manager im Rahmen der Drohnenabwehrsysteme zuständig und erklärt, wie sie funktionieren: „Schon bevor etwa bei einer politischen Großveranstaltung eine ferngesteuerte Drohne aufsteigt, hat unsere Elektronik sowohl Sender als auch Drohne bereits angepeilt und lokalisiert.“Die Sicherheitskräfte könnten daraufhin Abwehrmaßnah- men einleiten. „So kann die Drohne oder deren Fernsteuerung gezielt gestört und das Fluggerät zur Landung gezwungen werden.“
Allerdings gibt es auch Drohnen, deren Flugbahn vorab programmierten GPS-Daten folgt. Für solche Fälle bietet die Technik ebenso Schutz. Hildenbrand erklärt weiter: „Unsere Radarüberwachung erkennt zusammen mit anderen Systemen, was da fliegt: egal ob Vogel, Papierfetzen oder ein Blatt vom Baum.“Ganz gleich, ob das Fluggerät über GPS, WLAN oder Handy gesteuert werde – das Unternehmen stoppe die Kommunikation und zwinge das Fluggerät zur Landung. „Wir legen also genau das spezifische Signal lahm.“Das ist wichtig, denn würde das System beispielsweise bei einer Großveranstaltung sämtliche Funkverbindungen unterbrechen, könnte selbst die Polizei nicht mehr intern kommunizieren. Die Systeme des Unternehmens müssen daher mit staatlichen und privaten Sicherheitskomponenten kompatibel sein. Hildenbrand zufolge hat sich das bereits zum Beispiel beim G7-Gipfel auf Schloss Elmau bei Garmisch im Juni vor zwei Jahren bewährt.
Auch mit einer weiteren Komponente finden derzeit Tests auf dem Aichacher Flugplatz statt: Riesige Akustik-Sensoren filtern aus dem Umgebungslärm die Drohnengeräusche heraus. Neben dem Rollfeld ist gerade ein Traktor lautstark bei der Arbeit. Dennoch haben die Mikrofone zielgenau die aufsteigende Test-Drohne im Visier. „Wir brauchen diese akustische Variante etwa in Häuserschluchten, wo Funk und Radar schlecht greifen“, erläutert Daniela Hildenbrand.
Mit ihren derzeit rund 1700 Mitarbeitern ist die ESG weltweit unterwegs. 700 Menschen arbeiten am Hauptsitz in Fürstenfeldbruck, weitere Standorte gibt es im ganzen Bundesgebiet. Allein 200 Leute beschäftigt die Niederlassung in den USA. Auch in China ist das Unternehmen bereits vertreten.
Die Firma, die für Militär, Behörden und Unternehmen arbeitet, ist beispielsweise bei Großveranstaltungen präsent; sie schützt aber auch die Industrie vor Spionage. Ulrich-Joachim Müller von der Unternehmenskommunikation ergänzt: „Zu unseren Aufgaben könnte auch die Sicherung von Justizvollzugsanstalten gehören.“Auch deren Insassen vertrauen gelegentlich auf moderne Technik. Müller: „Es ist bereits mehrfach vorgekommen, dass Drohnen Drogen, Mobiltelefone oder gar Waffen in Gefängnisse geflogen haben.“Auch in Aichach, wo das ESG-Team seine Systeme testet, gibt es eine JVA. Zum Geschäft mit ihr kam es jedoch noch nicht.
Auch Haftanstalten können damit zusätzlich gesichert werden