Radunfälle: Was kann die Stadt tun?
Nach dem tödlichen Zusammenstoß in der Haunstetter Straße fordern die Grünen Warnschilder und eine Präventions-Kampagne. Die Verwaltung will Kreuzungen entschärfen, sieht aber Grenzen
Eine Woche später weisen an der Kreuzung Blumen darauf hin, dass sich hier ein furchtbarer Unfall ereignet hat. Sie stehen an einem Ampelmasten in der Haunstetter Straße, an der Einmündung in die Stauffenbergstraße. An der Stelle, wo ein 56-jähriger Fahrer mit seinem Lastwagen am vergangenen Dienstag eine 29 Jahre alte Radlerin erfasste. Die Menschen haben Kerzen angezündet, Grablichter. Die Radfahrerin hat den Unfall nicht überlebt.
Der Lkw überrollte nach Erkenntnissen der Polizei die Frau, als der Fahrer nach rechts abbiegen wollte und die 29-Jährige dabei wohl übersah. Zur genauen Klärung des Unfallhergangs und der Unfallursache hat die Staatsanwaltschaft die Erstellung eines Gutachtens angeordnet, was eine Weile dauern wird. Die Polizei ermittelt wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung im Straßenverkehr.
Schwere Verkehrsunfälle, an denen Radfahrer beteiligt sind, wühlen die Menschen auf. Emotional und berührend war die Schilderung von Rosemarie Wirth, die im März als Radlerin einen Unfall mit einem Lkw in der Jakovervorstadt überlebte und sich zurück ins Leben kämpft. Die 50-Jährige hatte ihre ganz persönliche Unfallgeschichte unserer Zeitung geschildert.
Jetzt nimmt sich die Politik des Themas an. Die Stadtratsfraktion der Grünen fordert, die Verkehrssicherheit im Radverkehr zu erhöhen und die Prävention zu verstärken. Cemal Bozoglu, verkehrspolitischer Sprecher, sagt: „Bei sechs der sieben tödlich verlaufenen Unfälle der letzten Jahre wurde der Radfahrende beim Rechtsabbiegen von einem Lkw übersehen und getötet.“Aus Sicht der Grünen ist es höchste Zeit, an gefährlichen Stellen Warnschilder aufzuhängen. Der positive Trend bei der Entwicklung des Radverkehrs dürfe nicht durch ein neues Unsicherheitsgefühl gefährdet werden. „Was nützen viele neue Radspuren und Radwege, wenn die Menschen sich auf dem Rad nicht sicher fühlen und den Drahtesel stehen lassen?“, sagt Fraktionsvize Stephanie Schuhknecht. Die Stadt solle eine dauerhaft sichtbare Kampagne starten, die fürs Radfahren und ein achtsames Miteinander im Straßenverkehr wirbt. Viele Gefahrenstellen könnten baulich entschärft werden. Gerade dort, wo der Radweg durch einen Grünstreifen von der Fahrbahn getrennt ist, lauere die Gefahr – nicht weil der Radweg im toten Winkel ist, sondern völlig außerhalb des Blickfelds. Hier seien entsprechende Schilder wichtig.
Weil immer mehr Bürger mit dem Rad unterwegs sind, steige die Unfallgefahr, heißt es bei den Sicherheitsbehörden. Schwere Unfälle mit Radfahrern sind ein sensibles Thema. Das sagt Baureferent Gerd Merkle im Wissen um die Tragik dieser Unfälle. Generell, sagt Merkle, müsse gesehen werden, ob sich ein Unfall aus dem stehenden Verkehr ereigne, wo Radler und Auto- fahrer zuvor bei Rot gewartet haben, oder ob beide Verkehrsteilnehmer bereits in Fahrt sind.
Die Stadt verfolgt nach Auskunft des Baureferenten bereits seit Längerem das Ziel, vor allem an gefährlichen Kreuzungen durch Umbauten für etwas mehr Sicherheit zu sorgen. Dies gelte zum Beispiel für die Kreuzung Unterer Graben/Pilgerhausstraße/Leonhardsberg, wo es zuletzt einen schweren Unfall gegeben hat. Merkle verweist auf die Ausgangslage an der Kreuzung, wenn Radler und Autofahrer Rot haben. Hier stehen die Radfahrer auf einer sogenannten Aufstellfläche, die etwas versetzt zum Haltepunkt der Autofahrer markiert ist. So soll der abbiegende Auto- oder Lastwagenfahrer den wartenden Radfahrer deutlich besser erkennen. Eine ähnliche Verkehrsführung gilt auch an der Konrad-Adenauer-Allee. Es war die Reaktion auf einem schweren Unfall an dieser Stelle.
Eine gefahrlose Ampelschaltung könne es jedoch dann nicht geben, heißt es bei der Stadt, wenn der Verkehr fließt. Wenn also für einen eintreffenden Radler die Ampel noch Grün zeigt und er daher Fahrt aufnimmt, dies aber der rechtsabbiegende Autofahrer nicht oder zu spät erkennt. Wer die Kreuzung am Graben kennt, weiß zudem um eine weitere höchst gefährliche Abbiegesituation. Für Autofahrer, die am Leonhardsberg rechts in Richtung City-Galerie abbiegen, ist höchste Vorsicht geboten. Auch an dieser Stelle haben Autos und Radfahrer gleichzeitig Grün. Besonders gefährlich wird es, wenn Radler mit höherer Geschwindigkeit den Berg herunterkommen.
An mehreren Orten in der Stadt, an denen sich tödliche Unfälle mit Radlern ereigneten, erinnern weiß lackierte Fahrräder an die Verstorbenen. Als Mahnmale. Und als Hinweise auf Gefahrenpunkte. Im Juli 2015 ketteten Radler ein solches Rad an einen Pfahl an der Kreuzung von Landsberger Straße und Inninger Straße in Haunstetten, wo vier Wochen zuvor eine 19-Jährige von einem Kieslaster überrollt worden war. Auch in der Donauwörther Straße, wo im Dezember 2015 eine 54-jährige Radfahrerin von einem Lkw überfahren wurde, steht ein solches Rad. An der Unfallstelle in der Haunstetter Straße könnte so ein Mahnmal auch bald stehen. Ein entsprechender Aufruf, sagt Jànos Korda vom Fahrrad-Klub ADFC, gehe in Radlerkreisen bereits herum.
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