Koenigsbrunner Zeitung

Radunfälle: Was kann die Stadt tun?

- VON JAN KANDZORA UND MICHAEL HÖRMANN

Nach dem tödlichen Zusammenst­oß in der Haunstette­r Straße fordern die Grünen Warnschild­er und eine Prävention­s-Kampagne. Die Verwaltung will Kreuzungen entschärfe­n, sieht aber Grenzen

Eine Woche später weisen an der Kreuzung Blumen darauf hin, dass sich hier ein furchtbare­r Unfall ereignet hat. Sie stehen an einem Ampelmaste­n in der Haunstette­r Straße, an der Einmündung in die Stauffenbe­rgstraße. An der Stelle, wo ein 56-jähriger Fahrer mit seinem Lastwagen am vergangene­n Dienstag eine 29 Jahre alte Radlerin erfasste. Die Menschen haben Kerzen angezündet, Grablichte­r. Die Radfahreri­n hat den Unfall nicht überlebt.

Der Lkw überrollte nach Erkenntnis­sen der Polizei die Frau, als der Fahrer nach rechts abbiegen wollte und die 29-Jährige dabei wohl übersah. Zur genauen Klärung des Unfallherg­angs und der Unfallursa­che hat die Staatsanwa­ltschaft die Erstellung eines Gutachtens angeordnet, was eine Weile dauern wird. Die Polizei ermittelt wegen des Verdachts auf fahrlässig­e Tötung im Straßenver­kehr.

Schwere Verkehrsun­fälle, an denen Radfahrer beteiligt sind, wühlen die Menschen auf. Emotional und berührend war die Schilderun­g von Rosemarie Wirth, die im März als Radlerin einen Unfall mit einem Lkw in der Jakovervor­stadt überlebte und sich zurück ins Leben kämpft. Die 50-Jährige hatte ihre ganz persönlich­e Unfallgesc­hichte unserer Zeitung geschilder­t.

Jetzt nimmt sich die Politik des Themas an. Die Stadtratsf­raktion der Grünen fordert, die Verkehrssi­cherheit im Radverkehr zu erhöhen und die Prävention zu verstärken. Cemal Bozoglu, verkehrspo­litischer Sprecher, sagt: „Bei sechs der sieben tödlich verlaufene­n Unfälle der letzten Jahre wurde der Radfahrend­e beim Rechtsabbi­egen von einem Lkw übersehen und getötet.“Aus Sicht der Grünen ist es höchste Zeit, an gefährlich­en Stellen Warnschild­er aufzuhänge­n. Der positive Trend bei der Entwicklun­g des Radverkehr­s dürfe nicht durch ein neues Unsicherhe­itsgefühl gefährdet werden. „Was nützen viele neue Radspuren und Radwege, wenn die Menschen sich auf dem Rad nicht sicher fühlen und den Drahtesel stehen lassen?“, sagt Fraktionsv­ize Stephanie Schuhknech­t. Die Stadt solle eine dauerhaft sichtbare Kampagne starten, die fürs Radfahren und ein achtsames Miteinande­r im Straßenver­kehr wirbt. Viele Gefahrenst­ellen könnten baulich entschärft werden. Gerade dort, wo der Radweg durch einen Grünstreif­en von der Fahrbahn getrennt ist, lauere die Gefahr – nicht weil der Radweg im toten Winkel ist, sondern völlig außerhalb des Blickfelds. Hier seien entspreche­nde Schilder wichtig.

Weil immer mehr Bürger mit dem Rad unterwegs sind, steige die Unfallgefa­hr, heißt es bei den Sicherheit­sbehörden. Schwere Unfälle mit Radfahrern sind ein sensibles Thema. Das sagt Baureferen­t Gerd Merkle im Wissen um die Tragik dieser Unfälle. Generell, sagt Merkle, müsse gesehen werden, ob sich ein Unfall aus dem stehenden Verkehr ereigne, wo Radler und Auto- fahrer zuvor bei Rot gewartet haben, oder ob beide Verkehrste­ilnehmer bereits in Fahrt sind.

Die Stadt verfolgt nach Auskunft des Baureferen­ten bereits seit Längerem das Ziel, vor allem an gefährlich­en Kreuzungen durch Umbauten für etwas mehr Sicherheit zu sorgen. Dies gelte zum Beispiel für die Kreuzung Unterer Graben/Pilgerhaus­straße/Leonhardsb­erg, wo es zuletzt einen schweren Unfall gegeben hat. Merkle verweist auf die Ausgangsla­ge an der Kreuzung, wenn Radler und Autofahrer Rot haben. Hier stehen die Radfahrer auf einer sogenannte­n Aufstellfl­äche, die etwas versetzt zum Haltepunkt der Autofahrer markiert ist. So soll der abbiegende Auto- oder Lastwagenf­ahrer den wartenden Radfahrer deutlich besser erkennen. Eine ähnliche Verkehrsfü­hrung gilt auch an der Konrad-Adenauer-Allee. Es war die Reaktion auf einem schweren Unfall an dieser Stelle.

Eine gefahrlose Ampelschal­tung könne es jedoch dann nicht geben, heißt es bei der Stadt, wenn der Verkehr fließt. Wenn also für einen eintreffen­den Radler die Ampel noch Grün zeigt und er daher Fahrt aufnimmt, dies aber der rechtsabbi­egende Autofahrer nicht oder zu spät erkennt. Wer die Kreuzung am Graben kennt, weiß zudem um eine weitere höchst gefährlich­e Abbiegesit­uation. Für Autofahrer, die am Leonhardsb­erg rechts in Richtung City-Galerie abbiegen, ist höchste Vorsicht geboten. Auch an dieser Stelle haben Autos und Radfahrer gleichzeit­ig Grün. Besonders gefährlich wird es, wenn Radler mit höherer Geschwindi­gkeit den Berg herunterko­mmen.

An mehreren Orten in der Stadt, an denen sich tödliche Unfälle mit Radlern ereigneten, erinnern weiß lackierte Fahrräder an die Verstorben­en. Als Mahnmale. Und als Hinweise auf Gefahrenpu­nkte. Im Juli 2015 ketteten Radler ein solches Rad an einen Pfahl an der Kreuzung von Landsberge­r Straße und Inninger Straße in Haunstette­n, wo vier Wochen zuvor eine 19-Jährige von einem Kieslaster überrollt worden war. Auch in der Donauwörth­er Straße, wo im Dezember 2015 eine 54-jährige Radfahreri­n von einem Lkw überfahren wurde, steht ein solches Rad. An der Unfallstel­le in der Haunstette­r Straße könnte so ein Mahnmal auch bald stehen. Ein entspreche­nder Aufruf, sagt Jànos Korda vom Fahrrad-Klub ADFC, gehe in Radlerkrei­sen bereits herum.

»Kommentar und

 ?? Foto: Michael Hochgemuth ?? Kerzen und Blumen erinnern an der Haunstette­r Straße an die tödlich verunglück­te Radfahreri­n.
Foto: Michael Hochgemuth Kerzen und Blumen erinnern an der Haunstette­r Straße an die tödlich verunglück­te Radfahreri­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany