Dieser Zettel sorgt für Ärger
In Kleinaitingen sind viele Gräber verkleinert worden. Diesen Zustand möchte die Gemeinde nicht hinnehmen
Kleinaitingen Ilse K.* kann es nicht glauben. Jahrelang wurde weggeschaut, niemand habe sich beschwert, und jetzt soll plötzlich alles ganz anders gemacht werden. Ilse schüttelt den Kopf: „Was soll dieser Aufwand?“, fragt sie und geht weiter. Immer wieder zeigt sie auf ein Grab, das betroffen ist. Doch was ist es, was die Seniorin so in Rage bringt?
Es geht um einen unscheinbares Blatt Papier, das am Eingang des Kleinaitinger Friedhofs mit Kabelbinder befestigt ist. Der Absender: die Gemeinde Kleinaitingen, unterschrieben von Bürgermeister Rupert Fiehl. Auf dem Zettel steht: „Die Gemeinde Kleinaitingen stellt fest, dass Gräber auf dem Friedhof Kleinaitingen von den Grabnutzungsberechtigten zurückgebaut bzw. verkleinert worden sind. Des Weiteren wurden Grabeinfassungen verschiedenster Arten angebracht. Ich möchte Sie daher bitten und gleichzeitig auch auffordern, die Festsetzungen der Friedhofssatzung einzuhalten und ihre Grabstellen gemäß dieser Satzung würdevoll in der festgelegten Größe zu bepflanzen und alle Einlassungen wieder zu entfernen.“
Die Ausgangslage ist für Fiehl eindeutig: In der gemeindlichen Satzung sind die Abmessungen für Einzelund Familiengräber genau definiert. „Wir haben an der Satzung nichts geändert“, sagt der Bürgermeister. Deshalb könne er die Kritik nicht verstehen, die ihm persönlich bisher noch nicht zugetragen wurde. Er möchte, dass die Satzung eingehalten wird.
Ein Familiengrab muss laut Satzung 210 auf 200 Zentimeter groß sein, manche der Gräber in Kleinaitingen sind nicht einmal halb so groß. Die Frage, die sich Ilse und Waltraud F.* stellen, die ebenfalls auf dem Friedhof unterwegs ist, lautet: Warum wurden kleiner bepflanzte Gräber jahre- oder gar jahrzehntelang toleriert und jetzt nicht mehr? Fiehl sagt im Gespräch mit unserer Zeitung, dass es ihm nun zu viele geworden seien, die sich nicht an die Satzung hielten. Nicht nur bei der Größe, auch bei den Einfassungen, die nicht gestattet sind. „Das sieht zum Teil ganz grausig aus“, sagt Fiehl. Er befürchtet, dass es irgendwann eine reine Rasenfläche neben einem Grabdenkmal gibt. Allein der Gedanke daran ist für ihn „furchterregend“. Deshalb wurde dieses Thema in einer nicht öffentlichen Sitzung besprochen, und der Gemeinderat entschied, mit einem Aushang auf den Missstand hinzuweisen.
Ilse und Waltraud unterhalten sich auf dem Friedhof weiter über das Blatt Papier. Sie möchten beide nicht namentlich in der Zeitung erscheinen. „Um den Dorffrieden nicht zu stören“, sagt Ilse. Sie habe kein Problem, die Umrandung auf dem Grab zu entfernen. Aber eine größere Bepflanzung sieht sie nicht ein: mehr Unkraut zupfen, mehr Zeit und Geld in die Grabpflege investieren – und das in hohem Alter. Das sei ihrer Meinung nach zu viel verlangt. „Es kümmern sich überwiegend ältere Menschen um die Gräber, das kann man denen nicht zumuten“, sagt Ilse.
Fiehl hat mehrere Lösungen parat. Es gebe einfache, aber trotzdem würdevolle Bepflanzungen, die nicht viel Arbeit machen, sagt Kleinaitingens Bürgermeister. Außerdem könne eine Gärtnerei mit der Pflege beauftragt werden. „Das ist keine teure Angelegenheit“, sagt Fiehl. Er bezeichnet den 1965 angelegten Friedhof als „Schmuckstück“und möchte diese Tradition auch erhalten. Der Bürgermeister appelliert deshalb an die Einsicht und das Verständnis der Hinterbliebenen, sich an die bestehende Satzung zu halten.
*Namen von der Redaktion geändert