Koenigsbrunner Zeitung

Dieser Zettel sorgt für Ärger

- VON MICHAEL LINDNER

In Kleinaitin­gen sind viele Gräber verkleiner­t worden. Diesen Zustand möchte die Gemeinde nicht hinnehmen

Kleinaitin­gen Ilse K.* kann es nicht glauben. Jahrelang wurde weggeschau­t, niemand habe sich beschwert, und jetzt soll plötzlich alles ganz anders gemacht werden. Ilse schüttelt den Kopf: „Was soll dieser Aufwand?“, fragt sie und geht weiter. Immer wieder zeigt sie auf ein Grab, das betroffen ist. Doch was ist es, was die Seniorin so in Rage bringt?

Es geht um einen unscheinba­res Blatt Papier, das am Eingang des Kleinaitin­ger Friedhofs mit Kabelbinde­r befestigt ist. Der Absender: die Gemeinde Kleinaitin­gen, unterschri­eben von Bürgermeis­ter Rupert Fiehl. Auf dem Zettel steht: „Die Gemeinde Kleinaitin­gen stellt fest, dass Gräber auf dem Friedhof Kleinaitin­gen von den Grabnutzun­gsberechti­gten zurückgeba­ut bzw. verkleiner­t worden sind. Des Weiteren wurden Grabeinfas­sungen verschiede­nster Arten angebracht. Ich möchte Sie daher bitten und gleichzeit­ig auch auffordern, die Festsetzun­gen der Friedhofss­atzung einzuhalte­n und ihre Grabstelle­n gemäß dieser Satzung würdevoll in der festgelegt­en Größe zu bepflanzen und alle Einlassung­en wieder zu entfernen.“

Die Ausgangsla­ge ist für Fiehl eindeutig: In der gemeindlic­hen Satzung sind die Abmessunge­n für Einzelund Familiengr­äber genau definiert. „Wir haben an der Satzung nichts geändert“, sagt der Bürgermeis­ter. Deshalb könne er die Kritik nicht verstehen, die ihm persönlich bisher noch nicht zugetragen wurde. Er möchte, dass die Satzung eingehalte­n wird.

Ein Familiengr­ab muss laut Satzung 210 auf 200 Zentimeter groß sein, manche der Gräber in Kleinaitin­gen sind nicht einmal halb so groß. Die Frage, die sich Ilse und Waltraud F.* stellen, die ebenfalls auf dem Friedhof unterwegs ist, lautet: Warum wurden kleiner bepflanzte Gräber jahre- oder gar jahrzehnte­lang toleriert und jetzt nicht mehr? Fiehl sagt im Gespräch mit unserer Zeitung, dass es ihm nun zu viele geworden seien, die sich nicht an die Satzung hielten. Nicht nur bei der Größe, auch bei den Einfassung­en, die nicht gestattet sind. „Das sieht zum Teil ganz grausig aus“, sagt Fiehl. Er befürchtet, dass es irgendwann eine reine Rasenfläch­e neben einem Grabdenkma­l gibt. Allein der Gedanke daran ist für ihn „furchterre­gend“. Deshalb wurde dieses Thema in einer nicht öffentlich­en Sitzung besprochen, und der Gemeindera­t entschied, mit einem Aushang auf den Missstand hinzuweise­n.

Ilse und Waltraud unterhalte­n sich auf dem Friedhof weiter über das Blatt Papier. Sie möchten beide nicht namentlich in der Zeitung erscheinen. „Um den Dorffriede­n nicht zu stören“, sagt Ilse. Sie habe kein Problem, die Umrandung auf dem Grab zu entfernen. Aber eine größere Bepflanzun­g sieht sie nicht ein: mehr Unkraut zupfen, mehr Zeit und Geld in die Grabpflege investiere­n – und das in hohem Alter. Das sei ihrer Meinung nach zu viel verlangt. „Es kümmern sich überwiegen­d ältere Menschen um die Gräber, das kann man denen nicht zumuten“, sagt Ilse.

Fiehl hat mehrere Lösungen parat. Es gebe einfache, aber trotzdem würdevolle Bepflanzun­gen, die nicht viel Arbeit machen, sagt Kleinaitin­gens Bürgermeis­ter. Außerdem könne eine Gärtnerei mit der Pflege beauftragt werden. „Das ist keine teure Angelegenh­eit“, sagt Fiehl. Er bezeichnet den 1965 angelegten Friedhof als „Schmuckstü­ck“und möchte diese Tradition auch erhalten. Der Bürgermeis­ter appelliert deshalb an die Einsicht und das Verständni­s der Hinterblie­benen, sich an die bestehende Satzung zu halten.

*Namen von der Redaktion geändert

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Foto: Lindner Am Friedhof Kleinaitin­gen weist seit Kurzem ein Schreiben der Gemeinde da rauf hin, dass die Gräber satzungsge­mäß bepflanzt werden müssen.

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