Zwei Vorzeigeprojekte im Sinn
Die Königsbrunner Grünen wollen, dass die Sanierung der Bürgermeister-Wohlfarth-Straße noch vor 2020 beginnt und auf dem Thermengelände ein modernes Wohnquartier entsteht. Doch das sind nicht alle Ziele
Königsbrunn Während die große Politik im August die heiße Phase des Bundestagswahlkampfs einläutet, legen die Kommunalpolitiker ihre Sommerpause ein. Angesichts der vielen großen Projekte in Königsbrunn ist das für uns der Anlass, Vertreter aller Parteien des Stadtrats zum Sommerinterview zu bitten, um zur Halbzeit der Wahlperiode eine Bilanz über das bisher Erreichte sowie Ziele und Wünsche für die verbleibenden Jahre zu sprechen. Die Reihenfolge der Artikel entspricht dem Zeitpunkt der Interviews. Bei den Grünen nahmen Dritte Bürgermeisterin Ursula Jung und die Stadträte Alwin Jung und Doris Lurz am Gespräch teil.
Die Hälfte der Wahlperiode ist um. Wie fällt Ihre Bilanz aus? Alwin Jung: Wir freuen uns auf die Straßenbahn. Dafür setzen wir uns seit 30 Jahren ein. Neben Umweltaspekten stärkt die Tram Königsbrunn als Schul- und Bildungsstadt. Durch die Tram können die Königsbrunner vom Kindergarten bis zur Uni alles direkt erreichen. Sie ist das Rückgrat für unser Mobilitätskonzept mit dem Radverkehr und einem Zentrum, in dem alles fußläufig erreichbar ist. Wir stellen uns Königsbrunn als Stadt der kurzen Wege vor. Doris Lurz: Das soll sich bei Wohnkonzepten weiterziehen. Wir möchten Läden so platzieren, dass sie fußläufig für viele erreichbar sind – am Rosenpark funktioniert das sehr gut. Das ist gerade für ältere Menschen wichtig, die nicht mehr mit dem Rad oder Auto unterwegs sind. Ursula Jung: Den ersten Schritt zur Straßenbahn haben wir im Kreistag unternommen, indem wir die Straßenbahn von der Planung in die Realisierung genommen haben. Dabei haben alle Königsbrunner Kreisräte an einem Strang gezogen. Im Stadtrat waren viele skeptisch, aber mittlerweile sind alle dafür.
Welche Punkte sehen Sie sonst noch als wichtig? A. Jung: Wir haben die ersten ÖPNV-Haltestellen erneuert, samt neuen Fahrradständern. Jetzt folgt die Beschilderung für Radfahrer und die Querungshilfe am Ilsesee, die sowohl für Badegäste als auch für Pendler die Sicherheit erhöht. Ich hoffe, das können wir noch dieses Jahr abschließen. Wichtig ist uns die Bewerbung für den European Energy Award und das Förderprogramm für Energieeinsparungen der Bürger. Und wir sind froh, dass wir die Sanierung der Grundschulen angehen und beide Schulen gleichzeitig bearbeiten. Mit den neuen Lernlandschaften lernen die Schüler auch selbstständiges Arbeiten.
Die Stadt steht vor mehreren Großprojekten. Braucht es aus Ihrer Sicht eine Prioritätenliste oder kann man alles gleichzeitig abarbeiten? A. Jung: Alle haben im Wahlkampf gesagt, was sie tun wollen – das Zentrum entwickeln, die Bürgermeister-Wohlfarth-Straße erneuern. Die Bürger haben das Recht, dass das nun auch umgesetzt wird. Für uns hat die Wohlfarth-Straße Priorität, stattdessen reden wir über ein zweites Schwimmbad. Wir hatten 2015 einen Workshop, bei dem vier tolle Entwürfe herauskamen. Dann ist ein Jahr nichts passiert. Dann haben wir das Thema aufgegriffen, es wur- de kurz diskutiert, und seitdem ist wieder Schluss. Wir akzeptieren nicht, dass der Bau auf die nächste Wahlperiode verschoben wird. U. Jung: Es ist wichtig, wenn wir im Rat über Satzungen diskutieren. Aber davon sieht der Bürger nichts. Es wird Zeit, dass wir auch Zeichen nach außen setzen. Lurz: Wir haben uns die Entwürfe angeschaut, Vor- und Nachteile herausgearbeitet und eine Variante entwickelt, die für unsere Stadt optimal ist und den Menschen mehr Raum gibt. Hier ginge ja die Diskussion erst los, aber die anderen Parteien sind nicht so weit. Jeder schreibt sich immer Mut zu Entscheidungen zu, gezeigt wird das selten.
Sie haben die Schwimmbaddiskussion angesprochen. Dem messen Sie keine so große Priorität bei? A. Jung: Natürlich ist ein zweites Bad eine gute Sache. Aber Projekte wie die Wohlfarth–Straße, die Gestaltung des Zentrums samt Kulturhaus und Wasserlauf, Veranstaltungssaal, die Schulen und die Zukunft der Therme sind aus unserer Sicht deutlich wichtiger. Zumal das Gymnasiumbad den Grundbedarf jetzt wieder abdeckt. Lurz: Es hätte sich angeboten, die zweite Schwimmhalle und ein neues Eisstadion zusammen zu denken. Baut man jetzt eines, schränkt man die Optionen für die Zukunft ein.
Wie stellen Sie sich die Zukunft des Thermengeländes vor? Lurz: Wir waren dafür rational zu prüfen, ob ein Weiterbetrieb möglich ist. Jetzt ist die Grundlage für eine Entscheidung da, und es läuft auf einen Abriss hinaus. Dadurch haben wir eine Riesenfläche, nicht nur in 1A-, sondern in 1AAA-Lage in städtischer Hand. Wir stellen uns hier ein modernes Wohnquartier, in dem auch die Versorgung sichergestellt ist, eventuell kann man es im Passivhaus-Standard errichten. Man könnte moderne Wohnkonzepte integrieren, wie beim Mehrgenerationenhaus, oder Studentenwohnungen vorsehen. Damit nimmt man auch Einfluss auf die Bevölkerungsstruktur. Wir haben die Chance, ein Leuchtturmprojekt zu schaffen.
Wie sehen Sie die Arbeit im Rat und der Kooperation mit CSU und FDP? A. Jung: Insgesamt läuft es gut. Wir würden uns allerdings mehr Zuverlässigkeit wünschen. In der Kooperationsvereinbarung ist festgelegt, dass an bestehenden Beschlüssen nicht gerüttelt wird. Nur darum haben wir den Infopavillon 955 akzeptiert. Und darum sind wir so enttäuscht, dass das Visioneum gekippt und 200 000 Euro Planungskosten in den Sand gesetzt wurden. Das Radverkehrskonzept steht in der Vereinbarung, auch da würden wir uns wünschen, dass alle mitziehen. U. Jung: Auf Bürgermeisterebene ist die Zusammenarbeit sehr gut. Im Stadtrat würde ich mir manchmal weniger Parteipolitik wünschen.
Was muss bis 2020 noch geschafft werden damit, die Wahlperiode für Sie ein Erfolg war? Lurz: Wir sollten bei der Bürgermeister-Wohlfarth-Straße bald mit der Planung anfangen. Ich sehe nicht, dass das Zeitfenster für den Start der Sanierung in dieser Wahlperiode schon zu ist. Auch den Wasserlauf im Zentrum sollten wir in dieser Wahlperiode in Angriff nehmen. Uns schwebt ein Modell vor, das ganzjährig genutzt werden kann, damit das Zentrum auch in der dunklen Jahreszeit attraktiv bleibt. U. Jung: Mir wäre wichtig, dass wir uns auf den Weg zur „Fairen Stadt“machen, sodass in der Gastronomie und im Handel noch mehr fair gehandelte und mehr regionale Produkte vermarktet werden. Und im Idealfall fährt 2020 schon die Straßenbahn, aber das liegt nicht in unserer Hand. A. Jung: Beim Thermengelände sollten wir uns auf den Weg zu einer attraktiven Planung gemacht haben. Dazu hoffen wir, dass es mit dem Energie-Award klappt und wir das Radverkehrskonzept weitervorantreiben können.
Interview: Adrian Bauer